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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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Faust, ehe er die Hand fallen ließ.
    Daisy stand ohne seine Hilfe auf.

17
    Allein in einem Zimmer, das nicht ihres war, und in einem Bett, das ihr ebenfalls nicht gehörte, blickte Daisy zum Baldachin hoch. Ihr Kopf schmerzte. Im Grunde tat das ihr ganzer Körper. Was eigentlich nicht weiter verwunderlich war, wenn man bedachte, wie sie den Abend verbracht hatte. Northrup befand sich auf der anderen Seite der Tür. Er hatte sich leise angeschlichen, doch Daisy war geübt darin, auf Schritte vor ihrer Tür zu lauschen. Craigmore hatte sie nie aus sexuellem Interesse aufgesucht. Es waren viel schlimmere Ansinnen, mit denen er ihr häufig gekommen war. Schnell hatte sie gelernt, ihre Tür zu verschließen und mit geschärften Sinnen auf alles zu achten.
    Die dicke Daunendecke raschelte, als sich Daisy auf die Seite drehte. Sie sah die Tür an, die jetzt kurz vor Tagesanbruch kaum mehr als ein undeutlich verschwommenes graues Rechteck darstellte. Der Umgang zwischen Northrup und ihr war jetzt von einer schrecklichen Unbeholfenheit geprägt.
    »Das ist dein Haus«, hatte sie gesagt, als sie erkannte, dass die von Northrup gemietete Kutsche in eine unbekannte Auffahrt einbog. Das Stadthaus, das vor ihr auftauchte, war viel größer als ihres, und die hohen schmiedeeisernen Tore schrien förmlich:
Bleib draußen!
    Er hatte ihr gegenüber gesessen und kurz in ihre Richtung geschaut. Es war der erste Blick auf der langen Fahrt in angespanntem Schweigen, seit sie Highgate verlassen hatten. »Ja.« Seiner Stimme fehlte der sonst mitschwingende neckende Unterton.
    »Du willst, dass ich hierbleibe?« Vorher hatte sie zwar wegen seines Vorschlags großen Wirbel gemacht, doch nach heute Abend zog sich ihr Magen schon bei der Vorstellung, allein nach Hause zu gehen, zusammen. Nur ihr Stolz hielt sie davon ab, auf Northrups Schoß zu krabbeln und ihren Kopf unter seine zerfetzte Jacke zu schieben. Er mochte sich zwar auf dem Friedhof wie ein Scheusal aufgeführt haben, doch er war das Scheusal, das sie kannte.
    Er hatte ihre Frage missverstanden und den Blick gequält abgewandt, sodass die Kutschlaterne aus seinen Zügen eine Studie in Gold und Braun schuf. »Ich kann dich nicht gehen lassen«, sagte er leise, ehe er sich räusperte und mit kräftigerer Stimme sprach. »Noch nicht.«
    Er drehte einen der langen, bösartig aussehenden Pfeile zwischen den Fingern, den er sich aus der Brust gezogen hatte, ehe sie den Friedhof verlassen hatte.
    »Was ist das?«, fragte Daisy.
    »Lykaner setzen sie bei der Jagd auf Werwölfe ein. Die Spitze ist mit einem Gift getränkt, das uns schwächt.« Seine Hand schloss sich um den Pfeil. »Wenn genug abgeschossen werden, verliert man das Bewusstsein. Wenn man wieder erwacht, ist man verwirrt und orientierungslos.«
    Daisy keuchte leicht. Verwirrt und orientierungslos.
Ich bin nicht ich selbst.
Scham erfüllte sie, weil Northrup sie gewarnt und gebeten hatte, sich von ihm fernzuhalten. Und sie hatte es zu ihrer beider Nachteil ignoriert.
    »Dann waren es Lykaner, die dir das angetan haben? Und es gibt hier noch mehr von ihnen?« Er bedachte sie mit einem schiefen Blick, und sie kam sich plötzlich sehr dumm vor. »Wer genau sind diese Lykaner eigentlich?«
    Northrup war ihrem Blick ausgewichen und hatte den Pfeil gemustert. »Sie gehören zum Clan Ranulf. Es sind meine Leute.« Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Zumindest bis ich beschloss, ins Exil zu gehen.«
    Die Vorstellung, dass er sich im Exil befand, machte sie traurig. Es hätte sie eigentlich nicht kümmern sollen, doch Northrup war ein so geselliger Mensch. Getrennt von seinen Leuten leben zu müssen, tat ihm bestimmt weh. »Warum hast du sie verlassen?«, fragte sie sanft.
    Sein schimmerndes Haar verbarg seine Miene, doch seine leise Stimme klang klar. »Weil ich nicht mehr wie sie sein wollte.«
    Was sollte sie dazu sagen? Ein unangenehmes Schweigen hatte die Kutsche erfüllt, ehe sie es brach. »Heißt das jetzt, dass dein Clan den Werwolf gefasst hat? Ist es vorbei?«
    Northrup lachte freudlos auf. »Wäre es vorbei, hätten sie nicht auch auf mich geschossen.« Er seufzte, und seine blauen Augen wurden so dunkel wie das Meer. »Mein Instinkt sagt mir, dass wir in größerer Gefahr denn je sind.«
    »Warum?« Es klang eher wie ein Klageruf als wie eine Frage.
    Northrups finstere Miene kehrte zurück. Doch diesmal wohnte ihr eine Wildheit inne, die ihr sagte, dass er sich mit Freuden über ein Mitglied des Ranulf-Clans

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