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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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dass alle Schotten, die Winston bisher kennengelernt hatte, irgendwie miteinander verwandt waren. Doch Winston mochte keine Zufälle und hatte vor, Northrup so bald wie möglich einen Besuch abzustatten.
    Er verlangsamte seinen Schritt, als er einen Mann erspähte, der gerade auf Ranulf House zuging.
    Schnitt und Qualität des Anzugs ließen erkennen, dass es sich bei dem Besucher um einen Gentleman handelte. Tatsächlich strahlte die ganze Haltung des Mannes Stolz und Selbstvertrauen aus. Trotzdem war es unpassend früh für einen Besuch, was Winstons erhöhte Aufmerksamkeit weckte. Genauso wie das Verhalten des Mannes, der mit scharfem Blick seine Umgebung musterte, um gegen alle Unwägbarkeiten gewappnet zu sein.
    Sie gingen aneinander vorbei, und der kalte Blick des Mannes traf Winston. Trotz der teuren Aufmachung und des hoheitlichen Gehabes sah der Mann nicht wie ein englischer Aristokrat aus. Er war viel zu dunkel – fast schwarze Augen, dichtes schwarze Haar, das sich an den Schläfen kräuselte und braun getönte Haut. Außerdem waren seine Züge für einen Engländer viel zu streng geschnitten. Tief liegende Augen unter einer breiten Stirn und eine Nase, die ohne das eckige Kinn zu groß gewirkt hätte, ließen Winston vermuten, dass es sich bei dem Mann um einen Italiener handelte.
    All das sah Winston – wie er es gelernt hatte – auf einen Blick, ehe er wegschaute. Die Sonne fiel auf den weinroten seidenen Gehrock des Mannes, sodass seine Taschenuhr hell funkelte und Winstons Blick auf sich zog. Es handelte sich um ein schönes Stück mit einem kunstvoll verzierten silbernen Deckel, der vielleicht einen Engel darstellte. Winston hatte nur ausgestreckte Flügel und eine weibliche Gestalt erkennen können.
    Irgendetwas beunruhigte ihn, und allen guten Manieren zum Trotz drehte er sich um und sah dem Mann hinterher. Ein unerwarteter Ruck durchfuhr ihn, als er dem Blick dieser dunklen Augen noch einmal begegnete. Beim Starren ertappt, konnte er den Blick des Mannes nur stumm erwidern, während dieser kurz grüßend an seine Krempe fasste, ehe er sich wieder umdrehte und davonging.
    Das Gefühl, von dem Mann gemustert, eingeordnet und abgetan worden zu sein, hätte ihn belustigen können, doch Winston reagierte gereizt. Er schüttelte das Gefühl ab und begab sich zum Dienstboteneingang von Ranulf House. Dort traf er eine Magd, die gerade die rückwärtige Treppe hinunterging, um wahrscheinlich Kohle aus dem Keller zu holen.
    »Guten Morgen, Miss«, sagte er und gab sich so harmlos wie möglich unter ihrem argwöhnischen Blick. »Ich bin Inspektor Lane von der Polizei.«
    Ihre Augen unter dem schweren, dunklen Pony wurden ganz groß. Er trat näher. »Ich muss einem Hausmädchen, das hier angestellt ist, ein paar Fragen stellen. Eine Miss Lucy Montgomery.«
    »Es tut mir leid, Sir.« Die junge Frau machte einen kleinen Knicks. »Aber wie ich vorher schon sagte, Lucy arbeitet nicht mehr hier.«
    Winston, der gerade sein Notizbuch hatte hervorholen wollen, hielt inne. »Was hat sie angestellt, dass man sie entlassen hat?«
    »Oh nein, Sir. Nichts dergleichen. Sie ist krankheitshalber entlassen worden. Ich habe sagen hören, dass sie jetzt bei ihrem Bruder lebt.« Die junge Frau runzelte die Stirn. »Und sie war auch kein Hausmädchen. Zumindest nicht, als sie ging. Sie war die Pflegerin von einem von Lord Ranulfs Gästen.«
    Die vielsagende Röte, die dem Dienstmädchen in die Wangen gestiegen war, und die Art und Weise, wie sie Winstons Blick auswich, setzten die Zahnräder in seinem Kopf in Gang. Also war Miss Montgomerys Aufstieg vom einfachen Dienstmädchen zur Pflegerin Gesprächsthema unter den Dienstboten gewesen.
    »Und wissen Sie, um wen es sich bei diesem Gast handelt?«
    »Oh nein«, erwiderte sie. »Solche Fragen stellen wir nicht.«
    Also hatten auch die Dienstboten vor The Ranulf Angst.
    »Auch auf die Gefahr hin, taktlos zu erscheinen, Miss …?«
    »Lauren.« Sie machte einen schnellen Knicks.
    »Miss Lauren, wissen Sie zufälligerweise, um welche Krankheit es sich handelt?«
    Die Wangen der jungen Frau glühten förmlich, und sie warf einen Blick über die Schulter. Aber im Hof war es ruhig und still.
    »Sie können sich auf meine Diskretion verlassen«, versprach er.
    »Nun« – sie knabberte an ihrer Unterlippe – »Mrs Armitage, die Haushälterin sagt, er leide an Auszehrung, aber Hanna, das einzige Dienstmädchen, das zu ihm rein darf, meint, er hätte die Franzosenkrankheit.« Ein

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