Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
über ihrem eigenen Essen laut nachdachte.
»Ich entsinne mich einer Legende über Westmark«, murmelte sie. »Ich glaube, darin heißt es, dass es in der Nähe der Grenze zwischen Dhasson und Ostmark liegt, irgendwo am Nu.« Sie breitete die Landkarte zwischen sich und dem Gyregon aus.
Sie runzelte die Stirn. »Cam und Carina haben die Richtung zum Kloster der Schwesternschaft in Valiquet eingeschlagen, der Palaststadt Dhassons. Ich bin mehr als einen Monat hinter ihnen.« Mit dem Finger zog sie die wahrscheinlichsten Routen nach. »Westmark ist fast zwei Monatsritte weit von hier weg«, sagte sie nachdenklich. »Das heißt, falls ich die schnelle Route nehme, quer durch den Norden Margolans, durch die Grenzländer direkt unterhalb der See. Und meine Gebete um gutes Wetter erhört werden.« Sie schnitt eine Grimasse. »Ich weiß nicht, was gefährlicher ist – es darauf ankommen zu lassen, den Banditen in den Grenzländern in die Arme zu laufen, oder zu hoffen, dass Jared es nicht merkt, wenn ich mich durch sein Königreich schleiche.« Sie dachte ein paar Minuten lang nach und sah dabei geistesabwesend dem Gyregon zu, der seine Mahlzeit beendet hatte und jetzt auf seinen Hinterklauen vor und zurück schaukelte und zufrieden vor sich hin plapperte.
»Diese Route führt am dichtesten Punkt immer noch wenigstens drei Wochen nördlich an Margolans Palast vorbei«, grübelte sie. »Und Jared müsste schon den Verdacht haben, dass ich dort sein könnte, um nach mir zu suchen. Je mehr wir uns Westmark nähern, desto länger werden seine Wachen brauchen, um mich einzuholen, selbst wenn er irgendwie von meiner Reise Wind bekommt.«
Sie legte die Karte beiseite und goss sich eine Tasse heißen Tee ein. »Vielleicht findet Carina ja bei der Schwesternschaft, was sie braucht, und ist schon auf dem Weg zurück nach Isencroft, bevor ich zurückkehre«, sann sie. »Vielleicht schickt die Schwesternschaft sie aber auch zur Bibliothek. Ich begreife nicht, wie Zauberer denken! Warum kann nicht ein Mal etwas einfach sein?«
Sie streckte sich, stand auf, schob die Sachen auf dem Bett auf eine Seite und schlug dann die Decken zurück, derer ihre Schlafstatt gleich mehrere aufwies. »Na ja, wenigstens wissen wir, dass wir heute Nacht ruhig und sicher schlafen können«, sagte sie zu Jae. Sie kletterte ins Bett, dieweil der Gyregon es sich auf einem Stuhl in ihrer Nähe bequem machte und mit einem zufriedenen Zischen seinen Schwanz um sich legte. »Genieße deine Nachtruhe«, wünschte sie ihm schläfrig und löschte die Kerze aus. »Ich glaube nicht, dass wir nochmal gut schlafen werden, ehe wir wieder zu Hause sind.«
KAPITEL DREIZEHN
J onmarc Vahanian hielt die Augen offen, als er das Gasthaus zum Eber betrat, in dessen Innerem sich eine bunt gemischte Klientel drängte. Beim Kamin tranken vier Kaufleute über dampfenden Schneidebrettern, die mit Essen vollgeladen waren. In der Nähe der Wand war eine kleine Gruppe von Priestern bei einer Flasche Wein ins Gespräch vertieft. Drei Gardisten des örtlichen Barons lachten am Schanktisch rau und schallend über einen Witz und prosteten sich mit großen Bierkrügen zu.
Alles in allem nichts Bemerkenswertes , dachte Vahanian und ließ seine Blicke über die Menge schweifen. Pflüger und Händler tranken gemeinsam, während neben dem Feuer ein Barde vor einem kleinen Publikum sang. Vakkis war nirgends zu sehen. Vahanian bestellte sein Essen und einen cartelasischen Brandy zum Herunterspülen. Er ertappte sich dabei, mit dem Fuß zu wippen, und zog die Stirn kraus. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, auf sich selbst zu hören, auf die Instinkte, die ihn am Leben hielten. Er war nervös wie eine langschwänzige Katze in einem Zimmer voller Schaukelstühle, und das ohne triftigen Grund.
Fesselnd blaue Augen blickten ihn an. Er erstarrte: Der Blonde war noch nicht da gewesen, als er den Raum zum ersten Mal überprüft hatte. Der blauäugige Mann mit den weizenblonden Haaren war in Vahanians Alter und von aristokratischer Haltung. Er war mager; die Blässe seiner Haut deutete darauf hin, dass er nicht in der Sonne arbeitete. Er betrachtete Vahanian mit einer Mischung aus Neugier und Abgestumpftheit, die dem Söldner einen Schauder über den Rücken jagte.
»Hier ist dein Brandy«, sagte der Gastwirt und stellte Vahanians Bestellung mit einem Knall vor ihn hin. »Fünf Skrivven, wenn’s recht ist«, ergänzte er und schob ein Schneidebrett mit dampfendem Essen neben das schwere
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