Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
der Göttin verlassenen Reisegruppe. Hab sagen hören, dass die Bestien nicht wie irgendwas waren, was irgendwer schon mal irgendwo in der Gegend hier gesehen hätte, seit dem Großen Krieg. Verzauberte Kreaturen, Mutter und Kind bewahre, geradewegs den Sagen entsprungen!«
»Schlecht fürs Geschäft«, bemerkte Vahanian und hörte nur noch mit einem Ohr zu, während er seine Blicke erneut durch die Gaststube wandern ließ. Es war ungewöhnlich voll für die frühe Abendstunde; vielleicht wurde den Gerüchten Glauben geschenkt. Wenn die Reisenden tatsächlich sowohl vor Banden von Sklavenjägern als auch vor magischen Monstern Angst hatten, war es keine Überraschung, wenn sie früh Unterschlupf suchten. Andererseits, dachte er, wäre es auch keine Überraschung gewesen, wenn beide Gerüchte von Wirten ausgestreut worden waren, um die Geschäfte anzukurbeln. Vor Jahren hatte er selbst etwas Ähnliches gemacht, in seinen Flusstagen, als er die Geschichte in die Welt gesetzt hatte, einer der Nebenflüsse sei von giftigen Aalen verseucht, und dafür gesorgt hatte, dass auch einige tote Exemplare in der Gegend angeschwemmt wurden. Bis sich die Panik wieder gelegt hatte, hatte Vahanian es geschafft, seinen stromaufwärts ansässigen Konkurrenten den größten Teil ihres Geschäfts wegzuschnappen – keine zufällige Folge des Unsterns, unter dem ihr Gewässer zu stehen schien. Natürlich führte die Aufdeckung des ›Irrtums‹ zu einer hastigen Zurückverlagerung, aber so waren nun einmal die Gegebenheiten des Geschäfts.
»Du hast recht, das Problem ist zu schwerwiegend, als dass sich ein Einzelner darum kümmern könnte«, schwatzte Vahanians Tischnachbar weiter, ohne sich vom Mangel an enthusiastischer Reaktion von Seiten des Söldners beirren zu lassen. »Sieht aus, als hätte der alte Vakkis diesmal mehr abgebissen, als er runterschlucken kann, tät ich meinen.«
Vahanians Aufmerksamkeit schnellte zurück in die Gegenwart. »Warum sagst du das?«, fragte er beiläufig und blickte auf sein Essen hinab, um sein brennendes Interesse zu verbergen. Es spürte, wie sein Herz zu hämmern anfing.
»Na ja, er hat doch seine Dienste an König Jared verkauft, unten in Margolan, um die Grenze von Sklavenjägern zu säubern und den Magier zurückzubringen, der die Monster erschaffen hat«, klärte ihn der Händler in einem Ton auf, dem Vahanian entnahm, dass es sich nicht um die aktuellste Neuigkeit handelte. »Es heißt, es ist derselbe Zauberer, der auch König Bricen umgebracht – gebe die Göttin seiner Seele Frieden – und höchstwahrscheinlich diese junge Adlige für irgendein schreckliches, dunkles Opfer entführt hat.« Er schüttelte den Kopf und wischte den letzten Rest Bratensaft mit seinem Brot auf. »Da haben wir eine, die mit Sicherheit tot ist, so viel steht fest«, meinte er mitleidig und stopfte das Brot in seinen breiten Mund. »Um so bedauerlicher, als der König von Fahnlehen eine mächtig hübsche Summe für den ausgesetzt hat, der sie zurückbringt.«
Vakkis’ Handschrift , dachte Vahanian und merkte, dass er unwillkürlich die Fäuste unterm Tisch geballt hatte. Er hatte keinen Zweifel, dass der Kopfgeldjäger sich die Gerüchte über die Scherereien im Norden zunutze machte, um seine wahre Suche nach Tris zu verschleiern. Indem er Tris mit dunkler Magie und dem Verschwinden der jungen Edelfrau in Verbindung brachte, machte er es Vahanian und den anderen unmöglich, auf die Unterstützung vornehmer Häuser entlang des Weges zu zählen. Möge die Dunkle Lady seine Seele nehmen!, fluchte Vahanian stumm. Jetzt würden sie doppelt so vorsichtig sein müssen. Was sie mir auch zahlen wollten, ich will das Doppelte, ob sie Arontala zur Strecke bringen oder nicht , dachte er und aß zu Ende. Nicht zum ersten Mal überdachte er dabei seine Entscheidung, die Gruppe nach Dhasson zu führen.
Diesmal hat er einen König, Jonmarc, nicht bloß einen General wie in Chauvrenne , hörte er Harrtuck wieder sagen und schloss die Augen. Dass seit Chauvrenne zehn Jahre verstrichen waren, trug nur wenig dazu bei, der Erinnerung an diese Zeit ihren Schrecken zu nehmen oder ihn vergessen zu lassen, wie schrecklich ein Dunkelmagier einen Mächtigen verbiegen und welches Unheil daraus entstehen konnte. Es brauchte nicht viel, um im Geist wieder die Schreie der Dorfbewohner zu hören und sich an ihre Angst zu erinnern. Die Gerüche der Schenke nach Holzfeuer und gebratenem Essen kamen dem Geruch nach brennenden Hütten und
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