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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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auftauchte.
    Kiara bahnte sich langsam ihren Weg durch die Flüchtlinge hinter dem Bauern, der so etwas wie eine Berühmtheit geworden war. Die Menge wich mit einer Ehrfurcht vor ihr zur Seite, die sie verlegen machte, und schloss sich hinter ihr mit geflüsterten Bemerkungen über Jae, das Streitross und ihr Schwert.
    Innerlich seufzte Kiara, hin und her gerissen zwischen dem Ärger darüber, sich selbst so verdächtig gemacht zu haben, und dem Wissen, dass sie nicht hätte tatenlos dasitzen und zusehen können, wie das Mädchen missbraucht wurde. Das kommt davon, wenn man sich selbst so verdammt ernst nimmt , dachte sie. Jetzt hat bald jeder Barde in Fahnlehen eine neue Geschichte und jeder Grenzposten in Margolan ein neues Ziel. Aber vielleicht wird hier draußen, Wochen von Margolans Palast entfernt, der Zwischenfall ja einfach in Vergessenheit geraten. Bitte! , schickte sie ein stummes Stoßgebet zur Göttin. Die margolanische Garde auf meiner Fährte ist das Letzte, was ich brauchen kann!
    Weder sie noch der Bauer sagten noch etwas, als die Gruppe weiterzog, bis sie die Grenze weit hinter sich gelassen hatte und die Feuer des Flüchtlingslagers in Sicht kamen. Dieses ›Lager‹ bestand in einer Ansammlung baufälliger Schuppen und primitiver Zelte, die aus Gerümpel und zerrissenen Decken errichtet worden waren. Kiara zählte mehr als fünfzig Feuer und schätzte, von dem regen Treiben ringsherum ausgehend, dass jedes davon zehn bis fünfzehn Flüchtlinge beherbergte. Es roch nach Abfällen und Tieren, gebratenem Fleisch und beißenden Zwiebeln. Hunde und Schweine liefen an ihr vorbei, und nur den niedrigen Temperaturen war es zu verdanken, dass der Boden sich nicht in einen stinkenden Schlammtümpel verwandelte. Sie war froh, dass ihr die Gerüche dieses Lagers im Hochsommer erspart blieben, und dankbar, dass die Steppenfliegen in der kalten Jahreszeit ruhten. Sie seufzte, als sie ihre Blicke über das behelfsmäßige Lager wandern ließ. Falls Jared nicht aufgehalten wurde, und zwar bald, würden noch mehr Menschen das Elend dieser Lager erfahren müssen, bis der König den Strom der Flüchtigen eindämmte oder die umliegenden Nationen gezwungen waren, ihre Grenzen zu schließen.
    Der Bauer, dessen Name Lessel war, führte Kiara durch das überfüllte Lager, bis sie seinen Bruder fanden, eine dunklere Ausgabe seiner selbst, der sie herzlich begrüßte und sie an sein Feuer einlud. Nachdem Kiara Gespenst angebunden hatte, folgte sie Lessel ans Feuer, umringt von einem Dutzend Nichten und Neffen, die alle einen Blick auf die ›Schwertlady‹ erhaschen wollten. Zu Kiaras Erleichterung stellten weder Lessel noch sein Bruder irgendwelche Fragen, anscheinend froh, zumindest auf diese Weise ihre Dankbarkeit zeigen zu können.
    »All diese Menschen«, fragte Kiara, nachdem sie eine Schüssel Eintopf geleert hatte, »sind sie aus Margolan?«
    Tadrie, Lessels Bruder, nickte grimmig. »Aye, gnädiges Fräulein. Und bis zu König Bricens Tod waren wir stolz darauf. Aber es geht etwas Böses in Margolan um«, sagte er, »und wer kann, der nimmt die Beine in die Hand, wie es jeder vernünftige Mensch tun würde.«
    Kiara runzelte die Stirn. »Wie konnten sich die Verhältnisse so schnell so verschlechtern?«, fragte sie. Wie Tice während seiner endlosen Geschichtslektionen oft dargelegt hatte, lebten Kleinbauern häufig generationenlang in elenden Verhältnissen und ertrugen selbst mit Härte regierende Könige ohne Murren. Wie schwer musste das Joch der Unterdrückung auf diesen Menschen lasten, fragte sie sich, dass so viele sich gezwungen sahen, fortzuziehen und ihren Grund und Boden und damit ihr Auskommen zurückzulassen?
    »Eine Schande ist’s!«, meinte Tadrie. Eins seiner Kinder krabbelte auf seinen Schoß, und ein Hund schlich sich auf der Suche nach Essensresten näher ans Feuer. »Ob es der neue König oder seine Hurenbrut von Magier ist, kann ich nicht sagen, aber kein normaler Mensch kann in Margolan bleiben und sein Leben lange behalten.« Er hielt inne und streichelte seiner Tochter geistesabwesend übers Haar. »Es sind nicht nur die Abgaben, gnädiges Fräulein«, erklärte Tadrie und starrte ins Feuer. »An die sind wir gewöhnt. Und wir wissen auch, dass ein neuer König sie immer erhöht, selbst wenn wir nichts mehr zu geben haben. Und es sind auch nicht nur die Soldaten, die unsere Schweine stehlen oder ab und zu einen Wagen plündern, um ihre Bezahlung zu kriegen.« Er schüttelte den Kopf, und

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