Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Brüdern, die sich ihren Weg durch das vollgestopfte Lager bahnten, zwischen zusammengerolltem Bettzeug und mit Asche belegten Feuern hindurch, über Abfall hinweg, um Hühner und Hunde herum und durch das Gewirr schlafender Kinder und untätiger Erwachsener. Kiara hatte keine Ahnung, wie Tadrie in dem Durcheinander die Orientierung behielt. Schließlich kamen sie an einem Zelt am äußersten Rand des Lagers an. Mehrere kleine Töpfe dampften auf einem Feuer, aus denen der Geruch nach Kräutern und Sukkulenten aufstieg, und noch mehr Kräuter lagen zum Trocknen auf planlos errichteten Regalen aus Reisig. Ein schmächtiger Mann saß über das Feuer gebeugt und rührte in einem der Töpfe.
»Ich bitte um Vergebung«, unterbrach Tadrie ihn respektvoll bei seinem Tun, und der Mann blickte zu ihnen auf. Er hatte ein dünnes, hohlwangiges Gesicht mit großen, stechenden Augen, die Kiara ansahen, als könnten sie bis auf den Grund ihrer Seele schauen. Der Heiler erhob sich, und Kiara erkannte, dass er unter seinen weiten Gewändern zwar von schlankem Körperbau sein mochte, die Muskeln seiner Unterarme und die Schwielen an seinen Händen jedoch von harter körperlicher Arbeit zeugten. Glattes braunes Haar fiel ihm in einer leichten Welle bis auf die Schulter; um seinen Hals hingen mehrere Amulette. Als er gerade ansetzte etwas zu sagen, wurde er von einem Hustenanfall geschüttelt, der so lange dauerte, dass Kiara schon Angst um ihn bekam.
»Was kann ich für euch tun?«, erkundigte sich der Heiler, als der Husten sich endlich legte.
»Diese Frau hat meinem Bruder auf der Straße von Margolan hierher geholfen«, sagte Tadrie. »Sie hat zwei Soldaten davon abgehalten, seinem Kind wehzutun, dabei hat sie eine Schnittwunde an der Schulter davongetragen«, erklärte er und zeigte auf die Stelle. »Bitte, kannst du ihr helfen?«
Der Heiler nickte. Tadrie bedeutete Kiara mit einer Handbewegung näher zu treten. »Das ist Sakwi. Er wird sich gut um Euch kümmern.« Tadrie blickte wieder den Heiler an. »Danke«, sagte er, und an Kiara gewandt: »Wir müssen jetzt zurück zu unserer Familie, aber Ihr seid willkommen, die Nacht mit uns zu verbringen. Dort könnt Ihr sicher schlafen. Niemand hier wird zulassen, dass Euch irgendetwas Schaden zufügt.«
»Ich danke euch«, erwiderte Kiara. »Haltet mir einen Platz frei«, fügte sie hinzu. Tadrie und Lessel nickten und gingen dann zurück ins Gewühl des Lagers.
»Dann lass uns mal einen Blick auf diesen Arm werfen«, meinte Sakwi und kam näher. Behutsam streifte er den Stoff zurück und runzelte die Stirn, dann ging er zu einem Topf in der Nähe des Feuers und tunkte ein Tuch in die dampfende Flüssigkeit darin, das er auf dem Rückweg auswrang. »Zuerst einmal müssen wir die Verletzung säubern«, erklärte er und tupfte die Wunde vorsichtig ab, bis er zufrieden war. Anschließend öffnete er ein kleines Lederkästchen und begann darin herumzukramen, förderte eine Phiole zutage und tauchte ein zweites Tuch in einen anderen Topf, bespritzte es mit dem Inhalt der Phiole und knetete es in seinen Händen, bis eine Paste die Oberfläche bedeckte. Er legte das Tuch auf Kiaras Wunde und verband ihr die Schulter. Der warme Breiumschlag fühlte sich gut an und nahm dem Schnitt den Schmerz. Der beißende Duft der Kräuter machte ihren Kopf frei.
»Wie kommt es, dass eine Frau alleine durch Margolan reist?«, fragte Sakwi.
Kiara sah zum Feuer. »Ich bin auf einer Reise für meinen Vater«, antwortete sie.
Sakwi blickte sie prüfend an. »Zeige mir dein Schwert.« Kiara zögerte, dann zog sie die Waffe mit einem Schulterzucken aus der Scheide und hielt sie so, dass er im Schein des Feuers sehen konnte, wie das Licht die feinen Gravuren der Rosenranken und ihrer Dornen zum Funkeln brachte.
Der Heiler schnappte nach Luft. »Ihr seid die Eine!«, stieß er aus und begann, wie ausgelöst durch sein heftiges Atemholen, erneut so stark zu husten, dass es seine schmächtige Gestalt schüttelte.
»Ihr hört Euch an, als ob Ihr selbst einen Heiler bräuchtet«, stellte Kiara fest, während sie ihr Schwert wieder wegsteckte.
Sakwi schüttelte den Kopf. »Das ist etwas, was kein Heiler heilen kann. Ich fürchte, es ist die Berührung der Göttin, vielleicht, damit ich meine Demut nicht verliere«, meinte er mit der Andeutung eines Lächeln. »vielleicht wird es mich eines Tages zu ihr bringen, hmm? Aber noch nicht, denke ich. Noch nicht. Kommt, setzt Euch zu mir ans Feuer. Ich habe etwas
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