Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Stück Brot zwischen die Lippen. »Das halbe Lager ist sich sicher, dass du von den Toten zurückgekehrt bist«, erklärte sie flüsternd und mit einem verstohlenen Blick über die Schulter. »Es sind Wetten darauf abgeschlossen worden, dass du in einem Rauchstoß verschwindest, sobald der Morgen graut.«
Vahanian schluckte und biss noch ein Stück Brot ab. »Man hat mich schon vieler Dinge angeklagt, aber das ist was Neues.«
»Versprich mir etwas!«, sagte das Mädchen und beugte sich vor, als ob sie ihm noch ein Stück in den Mund stecken wollte, und ihre grünen Augen glänzten vor Aufregung. »Ich weiß, wer du bist; ich habe gehört, wie sie über dein Kopfgeld gesprochen haben. Wenn du fliehst, nimm mich mit!«
Vahanians Augen wurden ein bisschen größer. »Ich war gestern noch tot«, erinnerte er sie und nippte an dem Wasser, das sie ihm hinhielt. »Was bringt dich dazu zu glauben, dass ich irgendwo hingehe?«
»Ich habe gehört, wie Tarren von dir geredet hat. Du wirst gehen!«
Vahanian warf einen Blick auf Tris und sah dann wieder das Mädchen an. »Klingt fair. Wie ist dein Name?«
»Berry«, antwortete das Mädchen und gab Vahanian den Rest seiner Portion. »Ich muss gehen«, sagte sie plötzlich mit einem nervösen Blick hinter sich. Sie ging weiter zu Carina, doch sagte sie nichts mehr, als sie die restlichen Gefangenen fütterte.
Die Sklavenjäger blieben zwei Tage lang auf dem Lagerplatz der niedergebrannten Karawane. Am Morgen des zweiten Tages kam ein Reiter an, ein dunkler, schmalgesichtiger Mann.
»Wir kriegen Gesellschaft«, raunte Tris seinen Gefährten zu. Vahanian sah auf und versteifte sich, und die Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Vakkis!« Aus dem Mund des Söldners klang der Name wie ein Fluch.
»Du kennst ihn?«
Vahanian nickte grimmig. »Nur zu gut. Ein Kopfgeldjäger. Er war es, vor dem Linton mich gewarnt hat. Nur stehe ich diesmal nicht ganz oben auf seiner Liste«, eröffnete er Tris mit einem bedeutungsschweren Blick, »sondern du.«
Tris verarbeitete diese Neuigkeit wortlos und beobachtete, wie der Fremde vom Pferd stieg. Tarren kam, um Vakkis persönlich zu begrüßen, und obwohl der große Sklavenjäger seine Zurückhaltung seinen Bemühungen, den Neuankömmling zufrieden zu stellen, nicht völlig opferte, war für Tris selbst außer Hörweite klar zu erkennen, dass Vakkis Oberwasser hatte. Nach einer kurzen Unterhaltung steuerten Vakkis und Tarren die Pfähle an, an denen die Gefangenen festgebunden waren, gefolgt von einem Sklavenjäger, der Vakkis’ Pferd am Zügel führte. Der Sklavenjäger sah Vahanian misstrauisch an; es war offensichtlich, dass er Angst vor dem Schmuggler hatte. Der grinste ihn boshaft an und sorgte dabei dafür, dass seine Zähne gut zu sehen waren. Der Mann schrak zurück, und Vahanian lachte stillvergnügt in sich hinein.
Vakkis blieb vor Vahanian stehen, der aufsah und dem Blick des Kopfgeldjägers trotzig begegnete. »Nun sieh mal einer an«, sagte Vakkis hämisch, »was uns hier ins Netz gegangen ist! Ich habe zwar nicht nach dir gefischt, Jonmarc, aber das Kopfgeld werde ich trotzdem nicht verschmähen.«
»Geh zum Dämon!«
Vakkis’ Antwort war ein Schlag mit der flachen Hand, der Vahanians Lippe aufplatzen ließ. »Vielleicht erfülle ich dir diesen frommen Wunsch, Jonmarc«, sagte er und rieb sich den Handrücken, »aber ich versichere dir, dass du mich begleiten wirst.« Vahanian würdigte ihn keiner Antwort, aber in seine Augen trat eine tödliche Kälte, als Vakkis sich vor Tris aufbaute.
»Ah, ausgezeichnet! Du hast deine Anweisungen gut befolgt, Tarren. Das ist genau der, den ich gesucht habe.« Vakkis musterte Tris abschätzend, und dieser hatte das unbehagliche Gefühl, eine Ware zu sein, die zum Verkauf feilgeboten wurde. »Wir haben einen gemeinsamen … Freund, der sehr erfreut sein wird, dich wiederzusehen. Du hast ihm viel zu erklären.«
»Ich würde gut auf meinen Rücken aufpassen, wenn ich du wäre«, erwiderte Tris ruhig, obwohl sein Herz raste. Er hoffte, dass es ihm gelang, Vahanians trotzige Haltung zu kopieren. »Immerhin habe ich deinen … Freund … in Aktion erlebt. Ich würde mich an deiner Stelle nicht darauf verlassen, dass ich lange genug lebe, um das Kopfgeld ausgeben zu können.« Tris rechnete damit, dass Vakkis auch ihn für seine Frechheit schlagen würde, doch der Kopfgeldjäger verschränkte lediglich die Arme.
»Ich mache mir keine Sorgen«, tat er Tris’ Warnung ab, »aber du
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