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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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nächtlichen Festlichkeit vergeben werden.
    Tris näherte sich den Fenstern des zweiten Stockwerks und runzelte die Stirn. Hinter einem der Fenster war Licht, ein eigenartiges, rotes Leuchten, das nicht wie der Schein eines Feuers aussah. Das Leuchten kam aus Foor Arontalas Räumen und pulsierte wie der Schlag eines Herzens. Ohne Soterius’ besorgtem Blick Beachtung zu schenken, arbeitete Tris sich vorsichtig näher an das Fenster heran.
    Er spürte das vertraute Kribbeln am Rand seiner Sinne, das auf Magie ganz in der Nähe hindeutete. Doch diese Magie hier fühlte sich anders an als die Macht seiner Großmutter, dachte Tris, dessen Atem in der kalten Nachtluft dampfte. Selbst auf Armeslänge Abstand vom Fenster hing eine Aura der Furcht in der Luft, die ihn fast zurücktrieb. Er kämpfte sich weiter, obwohl die düsteren Vorahnungen beinahe greifbar waren; und obschon keine materielle Barriere ihn aufhielt, hatte er dennoch zunehmend das Gefühl, durch tiefes, eiskaltes Wasser zu waten, je näher er seinem Ziel kam.
    Tris zwang sich dazu, seine Angst zu überwinden, und näherte sein Gesicht der Scheibe, um einen Blick ins Innere zu erhaschen. Das Zimmer war dunkel, doch die glühenden Holzscheite im Kamin gaben so viel Licht ab, dass er das Drum und Dran des Arbeitsplatzes eines Zauberers erkennen konnte: Kelche und Athamen, Schnüre aus geflochten Materialien jeder Art, eine Schale für Weissagungen, beschriebene Zettel und Knochen – Gegenstände für die Wahrsagerei – und Büschel getrockneter Kräuter, die sich den Platz mit Phiolen voller Pulver und Tränke teilten. Doch nur ein Objekt im Zimmer des Zauberers nötigte Tris wirkliches Interesse ab und ließ ihn erstarren, als ob es von seiner Gegenwart wissen könnte: Auf einem Sockel in der Ecke des Raums befand sich eine Kristallkugel von der Größe eines Männerkopfes, die ein pulsierendes, blutrotes Licht verströmte. Unter Tris’ Blicken schien das Licht sich zu bündeln, und einen Augenblick lang hätte er schwören können, dass es sich auf ihn richtete wie ein blutiges Auge, das ihn anstarrte. Das Herz schlug ihm bis zum Halse, und plötzlich war er sich nicht sicher, ob er sich losreißen konnte.
    »Hast du den Verstand verloren?«, zischte Soterius neben ihm und ließ ihn erschrocken zusammenfahren.
    »Kannst du es nicht spüren?«, murmelte Tris und wich vom Fenster zurück.
    Soterius sah ihn zweifelnd an. »Ich kann spüren, wie mein Allerwertester abfriert, falls es das ist, was du meinst.« Sie hörten die verärgerten Stimmen von Männern, die direkt vor der Tür zum Zimmer des Zauberers stehen mussten; Tris und Soterius schwangen sich zurück und drückten sich platt gegen die Mauer, als Fackellicht flackernd in den Raum fiel und die Stimmen näher kamen. Jared und Vater , dachte Tris sinkenden Mutes. Und diesmal war ihr Streit, was immer er zum Gegenstand haben mochte, hitziger als sonst, und Bricen schien in seinem Zorn dem Schlaganfall nahe, auch wenn Tris die Worte der beiden nicht verstehen konnte. Er schob sich vorsichtig wieder so nahe heran, dass er hineinsehen konnte, und hielt entsetzt den Atem an.
    Es war Magierlicht, kein Fackellicht, von dem der Raum erhellt wurde. Irgendetwas stimmte nicht – stimmte ganz und gar nicht. Blaues Magierlicht schien aus Arontalas Hand und presste den König gegen die Wand. Auch wenn Tris nichts von dem, was gesprochen wurde, hören konnte, bedurfte König Bricens Gesichtsausdruck keiner Erklärung, ebenso wenig wie das boshafte Grinsen, das Jareds Züge verzerrte, als der Kronprinz mit erhobenem Dolch dicht an seinen Vater herantrat.
    Gesunder Menschenverstand und Entsetzen behielten schließlich die Oberhand über den Schock. Soterius zerrte hektisch an seinem Seil, das Signal für Carroway, sie hochzuziehen. Tris’ Herz hämmerte wie verrückt, als Jared Bricen den Dolch tief in die Brust stieß. Gerade als Tris sich anschickte, die Scheiben einzutreten, schwang sich Soterius gegen ihn und drückte ihn so hart gegen die Mauer, dass es ihm den Atem verschlug.
    »Bist du verrückt?«, fuhr Soterius ihn zischend an. »Du hast keine Chance! Wir müssen die Wachen holen«, argumentierte er und kämpfte mit aller Macht gegen Tris’ verzweifelte Bemühungen an. In diesem Augenblick reagierte Carroway auf das Signal und begann, sie nach oben zu ziehen. Tris überwand seinen Schock und fand die Geistesgegenwart, die letzten paar Körperlängen selbst zu klettern; halb krabbelte er, halb warf er sich

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