Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
von Decken. Kait lag bleich und reglos da; ihr blutbesudeltes Nachthemd warnte Tris davor, sich allzu große Hoffnungen zu machen.
»Kait, kannst du mich hören?«, flüsterte Tris und schloss sie in die Arme, drückte sie gegen die Jacke, die von Saraes Blut befleckt war. Dunkle Lady, bitte , flehte er stumm. Nicht beide! Bitte, verschone sie!
»Was ist geschehen?«, fragte er leise, während Kaits Gesicht sich vor Schmerz verkrampfte. Ihre Lippen waren bläulich verfärbt, ihr Atem ging schnell und flach. Er spürte, wie ihr Blut ihm durch die Finger sickerte, als er versuchte, die klaffende Wunde in ihrem Bauch zusammenzupressen. Der Verletzung war so schwer, dass ihr nur der erfahrenste Schlachtenheiler hätte helfen können, und kein solcher Heiler war zur Hand.
Kaits Augen öffneten sich. Sie blickte ihn an und brachte ein schwaches Lächeln zu Wege. »Ich wusste, dass du kommen würdest, Tris. Bist du auch tot?«
Tris erstickte ein Schluchzen und schämte sich nicht der Tränen, die über seine Wangen liefen. Die Stimme drohte ihm zu versagen; er schüttelte den Kopf. »Nein, Kaity«, gelang es ihm zu krächzen. »Noch nicht, wenigstens. Und du auch nicht.«
»Bald. Ich habe die Göttin gesehen. Sie wartet.«
»Wer hat das hier getan?«, verlangte Tris so sanft, wie es ihm möglich war, von ihr zu wissen und ergriff ihre Hand, als ob er ihren Geist fester an sich binden wollte.
Kait hustete, und Blut sprenkelte ihre Lippen. »Jareds Männer«, hauchte sie. »Sie warteten auf uns. Ich habe versucht, Mutter zu beschützen. Du wärst stolz gewesen.«
»Ich bin stolz«, flüsterte Tris und blinzelte die Tränen zurück.
»Hättest mich sehen sollen, großer Bruder. Ich glaube, ich habe einen von ihnen erwischt.«
Tris warf einen Blick über die Schulter auf die Leiche des Gardisten. »Das hast du, Kaity. Das hast du.«
»Ich muss gehen.«
»Kaity, bleib bei mir!«
Ihre Augen öffneten sich weiter. »Tris – du bist auch hier! Wie Großmama.« Sie hustete heftiger und Tris dachte, es sei vorbei. »Wenn du es fest willst, kann ich bleiben«, murmelte sie mit flatternden Lidern. »Ich werde einfach deine Hand auf dieser Seite nehmen.«
Das Bild brannte hell in Tris’ Verstand, als er sie an sich presste: Kait, die seine Hand nahm und festhielt. Mit allem in seinem Wesen wollte er, dass es so sei. Doch noch während er darum kämpfte, ihren flüchtigen Geist festzuhalten, kämpfte etwas anderes, etwas Starkes, darum, ihn wegzuziehen.
Ein Beben lief durch Kaits Körper, und sie erschlaffte. Tris vergrub seinen Kopf an ihrer Schulter und weinte, während er ihre leblose Gestalt zärtlich festhielt und in den Armen wiegte.
Tris, du musst gehen , sagte eine Stimme in seinem Verstand – Kaits Stimme, die von weit her kam. Tris sah auf und runzelte die Stirn: Kait stand vor ihm, wirklich, doch körperlos, mit derselben schwachen Lumineszenz wie die Schlossgeister.
»Kaity?«, fragte Tris mit rauer Stimme.
Der Geist schimmerte. Du hast das getan, Tris. Du hast mich hier gehalten. Du hast Großmutters Macht , sagte Kait. Das Bild flackerte noch einmal und erlosch fast, und ein Ausdruck der Pein, dann der Furcht trat auf das Gesicht von Kaits Geist, als er fortgezogen zu werden schien, wie Rauch, der in einen Luftzug gerät. Es hängt ein Zauberbann über den Schlossgeistern. Arontala … hilf mir, Tris! , flehte die Erscheinung ihn noch an, bevor sie verschwand.
Es war Carroways Keuchen, an dem Tris erkannte, dass die Erscheinung auch für die anderen zu sehen gewesen war. Soterius wirkte erschüttert, denn er hatte Tris noch nie bei der Ausübung irgendeines Zaubers gesehen. Carroway starrte auf die leere Stelle, an der Kaits Geist gewesen war, und sein aschfahles Gesicht bezeugte, dass er gerade weitaus mächtigere Zauberkraft erlebt hatte, als er je von Tris erwartet hatte.
Sanft legte Tris Kaits Körper zwischen die Decken und breitete ein Laken über sie.
»Bevor wir uns ihr anschließen, sollten wir hier raus«, sagte der Spielmann behutsam.
Tris merkte, wie Kummer und Schrecken durch seinen Körper jagten und ihn mit Wut erfüllten.
»Verfluchter Jared!«, schrie er und erhob sich taumelnd. Sein Schwert lag schon in seiner Hand, als er blind vor Zorn auf die Tür zum Gang zustürmte. Soterius hielt ihn auf.
»Lass mich los!«, schnauzte Tris ihn an. »Verdammt, lass mich vorbei!« Das Blut brauste in seinen Ohren, als er versuchte, sich an Soterius vorbeizukämpfen, der ihn abwehrte und von
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