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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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die Leiche nicht menschlich war. Er rollte das Wesen herum und schnappte nach Luft.
    Im Stehen wäre die grauhäutige Bestie größer als ein Mann gewesen. Die kräftigen und muskulösen Beine ließen auf hohe Geschwindigkeit schließen, während die mächtigen Schultern von unmenschlicher Kraft zeugten. Die dünnen Arme endeten in tückischen Krallen. Aber es war ihr Gesicht, falls man es überhaupt so nennen konnte, das Tris den Atem verschlug. Das Gesicht der Kreatur war grauenerregend. Riesige, tief liegende Augen saßen an den Seiten des Kopfes, über einem großen, schnauzenartigen Maul, das mit Reihen glänzender Zähne besetzt war. Tris schluckte. Die Bestie war offensichtlich verbrannt, und in seinem Verstand kribbelte es warnend. Vielleicht waren es gar nicht die Bestien, die das Dorf verbrannt haben . Vielleicht war es das Werk der verzweifelten Einwohner, die nicht einmal mit diesem Opfer ihre Leben hatten retten können. Vahanian sagte nichts, doch zum ersten Mal sah Tris ein Aufflackern von Furcht in den Augen des Kämpfers.
    »Lasst uns Wasser holen und von hier verschwinden«, sagte Carroway und schwang sich wieder auf sein Pferd.
    »Ich glaube, das ist eine gute Idee«, stimmte Tris zu. Er drehte sich um und bleib wie angewurzelt stehen. Mitten auf der Straße, zwischen ihnen und dem Dorfbrunnen, stand ein Mann.
    Der Pfeil auf der Kerbe von Carroways Bogen zielte auf das Herz des Mannes, als Tris mit ausgebreiteten Armen auf ihn zuging. »Wir wollen dir nichts tun!«
    »Kommt ihr wegen des Feuers?«, rief der Mann und kam ein paar Schritte näher. Er war schon alt; die weißen Haare hingen ihm wirr ins ausgemergelte Gesicht, das schmutz- und blutverkrustet und am Kinn verschmiert vom Speichel war, der aus seinen Mundwinkeln tropfte, und von den Stoppeln eines weißen Bartes überschattet wurde. Zerrissene Lumpen hingen von seinem Körper, der die deutlichen Zeichen einer Begegnung mit den Bestien trug: Lange Krallenspuren zogen sich quer über eine Schulter und die gesamte Brust, Spuren, die unverkennbar Vahanians Narbe ähnelten. In seinen dunklen Augen funkelte der Wahnsinn. »Kommt ihr wegen des Feuers?«
    »Was ist hier geschehen?«, fragte Tris. Hinter ihm fluchte Vahanian leise.
    Der Mann breitete weit die Arme aus. »Die Geister kamen«, sagte er und umfasste mit einer weit ausholenden Geste das ganze Dorf. »Sie kamen wegen uns, nur waren wir nicht gut gewesen. Nein«, bekräftigte er mit einem Kopfschütteln, »wir waren nicht gut gewesen. Und deshalb waren es auch keine guten Geister. Dunkle Geister waren es, mit Flügeln aus Feuer.«
    Tris betrachtete den Mann mit einer Mischung aus Entsetzen und Mitleid. »Das Feuer«, sagte er langsam und versuchte, den Wahnsinn des Alten zu durchdringen, um Antworten zu erhalten. »Was hat das Feuer ausgelöst?«
    Das Gesicht des Mannes erhellte sich. »Oh, das waren wir! Um sie besser sehen zu können. Denn Feuer schickt sie heim, weißt du das nicht?«
    »Wie hast du überlebt?«, fragte Tris.
    Der alte Mann fing an zu lachen. »Ich werde dir ein Geheimnis anvertrauen«, flüsterte er und griff mit einer schmutzigen, knorrigen Hand unter seinen Kittel. Carroway spannte die Sehne ein Stück weiter, aber als der Mann die Hand wieder herauszog, hielt er nur ein Amulett an einer abgenutzten Lederschnur darin. Hinter sich hörte Tris den Barden aufatmen.
    »Ich wollte ja sterben, aber es ließ mich nicht.« Kummer übermannte ihn und Tränen traten in seine Augen; er riss sich das Amulett vom Hals und warf es Tris vor die Füße. »Ich habe es versucht. Ich griff sie mit bloßen Händen an, ging mit Schwertern auf sie los, wandelte inmitten der Flammen«, schluchtze er mit monotoner Stimme. »Aber es ließ nicht zu, dass sie mich holten, und jetzt bin ich ganz allein«, wiederholte er. Seine Hand fuhr zum Gürtel und zog einen Dolch und hob ihn. »Aber jetzt gehe ich«, sagte er entschlossen, »jetzt gehe ich nach Hause«, und bevor Tris ihn aufhalten konnte, stieß er sich den Dolch tief in die Brust. Ein Lächeln erhellte seine vom Wahnsinn gezeichneten Züge, als er sich versteifte. »Da sind keine Feuer«, flüsterte er, »gar keine Feuer«, röchelte er, und seine Hand löste sich vom Heft des Dolches, und er fiel tot zu Boden.
    »Lass das verfluchte Ding da liegen und uns von hier verschwinden!«, rief Vahanian, als Tris sich bückte, um das Amulett aufzuheben. Es bestand aus einer einfachen kleinen Scheibe grauen, polierten Metalls, in die ein

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