Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
kann ich nicht, außer in deiner Erinnerung. Bitte, wenn du mich geliebt hast, dann vergib dir selbst und lass mich ruhen!« Das Bild verblasste. »Ich werde dich immer lieben«, flüsterte sie und hob zum Abschied die Hand. »Leb wohl.«
Vahanians Mund formte ihre letzten Worte nach, doch die Stimme versagte ihm; das Bild des Geistes verblich und verschwand. Tris murmelte das Ritual des Hinübergehens und spürte, wie die Präsenz entschwand. Mit schmerzlicher Klarheit kehrte er zu sich selbst zurück. Mit dem Verschwinden des Gespensts stellten sich prompt Tris’ Kopfschmerzen ein.
Tris stand noch einen Moment lang schweigend da und beobachtete mitfühlend den weinenden Söldner, bevor er ihn seinem persönlichen Kummer überließ, sich leise aus dem Stall schlich und mit einem Flackern von Magie den Riegel hinter sich fallen ließ, damit niemand Vahanian störte.
Er hatte gerade erst den Weg erreicht, der zur Bibliothek führte, als er Carina begegnete. »Wo warst du?«, fragte sie. »Kiara und Royster haben mich dich suchen geschickt. Sie glauben, in einem der Bücher etwas gefunden zu haben. Komm mit!« Plötzlich runzelte sie die Stirn und sah an ihm vorbei. »Ist Jonmarc bei dir?«
Tris schüttelte den Kopf. »Er hat in den Ställen zu tun. Er wird bald nachkommen.«
Carina musterte ihn skeptisch. »Gehe ich recht in der Annahme, dass er das Schmuckstück, das du Royster vorhin gezeigt hast, nicht zum ersten Mal gesehen hat?« Tris holte tief Luft, entschied sich gegen eine Lüge und nickte. »Es überrascht mich, dass er beim Kartenspielen schon mal gewonnen hat, wenn er seinen Gesichtsausdruck nicht besser unter Kontrolle hat«, meinte sie, doch fehlte ihrer Bemerkung die übliche Spitze. »Du musst darauf nicht antworten, aber seiner Reaktion beim Essen nach zu gehen und so, wie er sich in dem Dorf benommen hat, möchte ich wetten, dass er letztes Mal nicht besonders erfolgreich dabei war, die Kreaturen abzuwehren.« Tris zögerte erneut und nickte dann wieder. »Glaubst du, er wird uns wirklich verlassen, sobald wir in Fahnlehen-Stadt ankommen?«
Tris zuckte die Schultern. »Jedenfalls sagt er das, und er ist ein Mann von Wort.« Er sah Carina an. »Ich dachte, du wärst froh ihn loszuwerden?«
Jetzt war es an ihr, die Schultern zu zucken. »Er ist ein fähiger Schwertkämpfer«, antwortete sie unverbindlich. »Und nachdem ich ihn zweimal heilen musste, mag ich gar nicht daran denken, was er sich antun wird, wenn er wieder auf sich allein gestellt ist.«
Tris gluckste. »Es könnte etwas dran sein an dem, was du sagst. »Aber du und Kiara werden doch nach Isencroft zurückkehren, sobald wir Fahnlehen-Stadt erreichen.«
»Ich weiß«, erwiderte sie. »Und so viel Heimweh ich auch gehabt habe – ich freue mich nicht darauf.«
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
A ls Tris und Carina im dritten Stock der Bibliothek ankamen, fanden sie dort Kiara und Royster vor, die gebannt über ein mächtiges Buch gebeugt waren. Die vergilbten Seiten waren staubig und brüchig und die alte Tinte der feinen Handschrift nur mit einer hellen Lampe zu entziffern.
»Tris, das musst du lesen!«, rief Kiara ihm aufgeregt zu und winkte ihn zu sich. Er sah ihr über die Schulter und folgte ihrem Finger, der den Zeilen nachfuhr, während Royster vorlas.
»Drei Tage und drei Nächte tobte die geheime Schlacht zwischen dem Obsidiankönig und der Hexe Bava K’aa. ›Unterwirf dich mir‹, forderte der Obsidiankönig, ›und ich werde dir einen schmerzlosen Tod gewähren!‹
›Ich gebe erst nach, wenn du tot bist!‹, erwiderte die Hexe.
Als sie glaubte, tödlich verwundet zu sein, entfesselte Bava K’aa ihren letzten, mächtigsten Zauber – eine graue Magie, die beide an ihre Seelen fesseln sollte. Der Obsidiankönig hatte eine verzauberte Kugel erschaffen, die sich direkt in den Abgrund öffnete, um mit ihr Seelen zu fangen und zu binden und so seine Macht zu stärken. In diesem Abgrund gedachte Bava K’aa den Obsidiankönig einzuschließen, auch wenn sie auf ewig davor Wache stehen müsste.
Als Bava K’aa die Worte des Bindezaubers sprach, erstrahlte auf einmal ein großes Licht, und bei ihnen in der Abwehr erschien das Bild der Lady, zwischen Bava K’aa und dem Obsidiankönig, also dass, als die letzten Worte der Macht gesprochen wurden, der Geist des Königs an den Kristallorb gebunden wurde, jedoch die Lady dem Geiste Bava K’aas das Hinübergehen versagte. Wir blinzelten, und das Licht und die Lady waren verschwunden.
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