Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
spitzen Zähne hervortreten ließ. »Einst dachte ich, dass Unsterblichkeit all meine Fragen beantworten würde«, sagte er mit einer Stimme, der ein gewisser Überdruss anzuhaften schien. »Nun muss ich erfahren, dass sie nur meine Antworten widerlegt und sie durch neue Fragen ersetzt.«
»Wenn Vayash Moru unsterblich sind«, sagte Carina langsam, »wie können sie dann getötet werden?«
»Unsterblich ist ein relativer Begriff, werte Heilerin. Die Jahre allein können uns nicht töten, noch können es Krankheiten. Aber Unsterblichkeit ist nicht dasselbe wie Göttlichkeit. Ich und meinesgleichen können getötet werden: durch Feuer und durch Pfähle und durch Magie, so wie alle, die die Lady zur Unsterblichkeit bestimmt, schwache Punkte haben, wenn sie keine Götter sind.«
»Also kann Arontala vernichtet werden!«
Erneut zuckte Gabriel die Schultern. »Das glaube ich. Dass er Vayash Moru ist, weiß ich zweifelsfrei. Aber welche Fähigkeiten seine Magie ihm verleiht und welchen Schutz seine Blutriten hervorgebracht haben, kann ich nicht sagen. Eins aber weiß ich: Die Macht der Blutmagie fordert einen entsetzlichen Preis. Diejenigen, die sie benutzen, um an Stärke zu gewinnen, werden oft ziemlich verwundbar, wenn ein Magier weiß, wo er zu suchen hat.«
»Bevor wir diesen Ort verlassen, werde ich dafür sorgen, dass Ihr jeden Text gesehen habt, der Euren Bedürfnissen dienlich sein könnte, mein Fürst«, versicherte Royster Tris.
»Wir?«, fragte Kiara.
Royster grinste. »Natürlich! Fünfzig Jahre lang habe ich darauf gewartet, dass so etwas passiert! Ich beabsichtige, ihm in Fahnlehen-Stadt Privatunterricht zu geben.« Er blickte Tris an. »Da ich kein Magier oder dergleichen bin, würde ich Euch im Kampf nicht viel nützen«, meinte er entschuldigend. »Kessen hat mich gut ausgewählt: Ich bin nicht geeignet für Arbeiten, die das Herz belasten. Aber was den Kopf angeht«, sagte er und tippte sich an die Stirn, »da bin ich zu gebrauchen. Ich hatte schon immer eine Schwäche für Geschichten über Bava K’aa. Ich war Schreiber jeder Schwester, die im Lauf der Jahre zu den Aufzeichnungen beitragen wollte. Mich dabeizuhaben ist deshalb wie ein Gutteil der Bibliothek im Gepäck zu haben – und ich bin viel leichter zu transportieren«, sagte er augenzwinkernd.
»Eure Gesellschaft wäre uns eine Ehre«, erklärte Tris. »Allerdings kann ich Euch nicht versprechen, dass der Weg nach Fahnlehen-Stadt sicher sein wird.«
»Das ist eine Untertreibung«, murmelte Carina.
»Ich muss mich jetzt von euch verabschieden«, sagte Gabriel mit einer höflichen Verbeugung. »Ich werde euch wiedersehen. Mikhail ist ein Diener der Lady; er wird euch eine große Hilfe sein. Aber ich warne euch!«, sagte er ernst. »Es gibt Verräter unter meinesgleichen. Vertraut niemandem, der Vayash Moru ist, außer ich schicke euch zu ihm! Arontalas Arm reicht weit. Die, die er erschaffen hat, und die, die er gebunden hat, werden tun, was er von ihnen verlangt. Reist nicht leichtfertig bei Nacht!«
Dann rauschte die Luft, und der Vayash Moru war verschwunden.
*
Eines Abends zu Beginn ihres zweiten Monats in der Bibliothek arbeitete Tris sich gerade durch einen Stapel Bücher in dem Arbeitszimmer im dritten Stockwerk, als die Tür sich knarrend öffnete. Zu seiner Überraschung erblickte er Kiara, als er aufsah; in der einen Hand hielt sie eine Teekanne und in der anderen ein kleines Stoffsäckchen.
»Darf ich hereinkommen?«
Tris lächelte und legte das Buch beiseite. »Bitte«, sagte er und lud sie mit einer Geste ein, in einem Sessel in der Nähe des Feuers Platz zu nehmen. Kiara stellte den Teekessel auf den Tisch und leerte das Säckchen daneben aus, aus dem ein Stück knuspriges Brot, eine Käseecke und ein robuster Becher kullerten.
»Carina hat mich mit einer Ladung ihres Kopfwehtees hochgeschickt«, erklärte Kiara. »Da ich ohnehin auf dem Weg hierher war, gab mir Royster noch das Essen mit – anscheinend haben er und Kessen sich in der Küche verkracht, und das Abendessen findet heute später statt«, fügte sie kichernd hinzu. Sie ließ sich dankbar in den Sessel sinken und lehnte das angebotene Essen ab.
»Nein danke. Ich habe mir schon einen Happen genehmigt, als ich in der Küche war«, gestand sie. »Gegen einen Schluck Tee hätte ich allerdings nichts einzuwenden – ich habe gelesen, bis ich das Gefühl hatte zu schielen!« Sie hielt inne. »Schwester Taru sagt, dass Cam und zwei deiner Freunde eine Zitadelle
Weitere Kostenlose Bücher