Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Er warf noch einmal einen abschätzenden Blick auf Tris, dann hatte er sich entschieden. »Es gefällt mir nicht, Tov, aber ich mache es«, erklärte er sich einverstanden. »Aber das war dir ja schon klar, bevor ihr mich gefunden habt.«
Harrtuck grinste ihn an. »Ich hatte es vermutet, aber sicher war ich mir nicht. Du bist ein guter Mann, Jonmarc.«
»Ich bin ein Narr in einem Gewerbe, in dem Narren jung sterben«, verwahrte sich Vahanian barsch gegen das Kompliment. »Vergiss keinen Moment lang, dass ich eine gute Bezahlung erwarte!«
»Das würde mir nicht im Traum einfallen, Jonmarc!«, versicherte Harrtuck ihm fröhlich. »Und jetzt lass uns einen Platz für die Nacht finden und deinen Klepper abschirren, damit ich nach Ghorbal zurückreiten und die andern beiden Mitglieder unserer Gruppe holen kann!«
*
Als Soterius Harrtuck und Carroway in ein an der Straße gelegenes Wirtshaus flussabwärts von Ghorbal folgte, fanden sie Tris und Vahanian auf sie wartend vor. »Und dies ist das letzte Mitglied der Gruppe: Ban, ehemaliger Hauptmann bei unserem besagten Edelmann«, stellte Harrtuck Soterius vor, wobei er ihm einen bedeutungsvollen Blick zuwarf.
Vahanian musterte Soterius mit geübtem Auge. »Hauptmann, so, so«, sagte er, und sein Tonfall machte deutlich, dass er nicht beeindruckt war. »Da bist du wohl ziemlich gut mit dem Ding da?«, meinte er und nickte in Richtung des Schwertes, das an Soterius’ Gürtel hing.
Soterius begegnete dem Blick und der Herausforderung. »Ich bin nicht zufällig Hauptmann geworden«, erwiderte er gelassen. »Ich konnte jeden beliebigen meiner Männer niederkämpfen, und sie waren alle von einem Meister ausgebildet.«
»Ja, ja«, sagte Vahanian und sah geistesabwesend weg, als ob er seine Schlüsse bereits gezogen hätte. »Nun, ich bin jetzt euer Führer, was bedeutet, dass ihr mich bezahlt, damit ich euch lebendig nach Dhasson bringe, also wird das Spiel nach meinen Regeln gespielt.« Er drehte sich wieder zum Feuer hin. »Regel Nummer eins: Wenn du den Scheißkerl nicht umbringen kannst, dann geh ihm verdammt noch mal aus dem Weg.«
Soterius nahm eine drohende Haltung an, doch ein warnender Blick Harrtucks schwächte seine Antwort ab. »Und Regel Nummer zwei?«, fragte er und unternahm keinen Versuch, die Überheblichkeit aus seiner Stimme fernzuhalten.
Vahanian bedachte ihn mit einem flüchtigen Blick, in dem die Andeutung einer sarkastischen Amüsiertheit lag. »Gebt mir genug Beinfreiheit«, antwortete er kryptisch.
»Was glaubt dieser Kerl, wer er ist?«, brummte Soterius später, als er zusammen mit Tris die Treppe zu ihren Zimmern hochstieg.
Tris kicherte. »Offenbar denkt Harrtuck, dass Vahanians Selbsteinschätzung gerechtfertigt ist«, sagte Tris, den Soterius’ Reaktion amüsierte. »Und bei dem, was Harrtuck sich bereit erklärt hat ihm zu zahlen, sollte sie das auch besser sein.«
Sie betraten das Zimmer, das die fünf extra bezahlten, um unter sich sein zu können, und Soterius machte eine Geste in Vahanians Richtung, der am Fenster stand und auf die Straße hinuntersah. »Wie viel hat Harrtuck ihm erzählt?«, fragte er flüsternd.
»Nicht viel«, antwortete Tris ebenso leise, »nur die grundlegende Geschichte mit einigen Auslassungen. Er hat ihm angeboten, das Doppelte des Kopfgelds zu zahlen, sobald wir das Schloss in Dhasson lebend erreichen. Vahanian weiß also, dass wir heiße Ware für ihn sind, aber nicht, wer wir sind.«
»Oder nicht, wie heiß wir tatsächlich sind«, ergänzte Soterius und richtete seinen Blick wieder auf ihr Gesprächsthema. »Traust du ihm?«
Tris zuckte die Schultern. »Nein. Wenigstens noch nicht. Falls er ein ehrenhafter Söldner ist, wird er nicht mitten im Krieg die Seiten wechseln. Harrtuck hat neben ihm gekämpft, das hat schon etwas zu sagen. Aber ich glaube nicht, dass er am Leben bleibt, indem er übertrieben sentimental ist.«
»Dann denken wir ähnlich«, sagte Soterius. »Ich werde ein Auge auf ihn haben.«
KAPITEL FÜNF
D as Schwert glitzerte im Sonnenlicht, als es auf sein Ziel zusauste. Mit zusammengebissenen Zähnen parierte die junge Frau mit dem kastanienbraunen Haar den Schlag, der ihre schmerzenden Arme durchrüttelte.
»Gut so, geh näher ran, näher!«, feuerte der Ausbilder sie an. Sie stürmte vor und attackierte. Und dann: die Blöße, auf die sie gewartet hatte. Mit einem Schrei warf sie sich nach vorn, unterlief seine Deckung und erzielte einen Treffer an der Schulter. Über ihren
Weitere Kostenlose Bücher