Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
futtern, dann ein bisschen Schlaf. Aber dein Gedanke ist schon gut«, sagte er und steuerte das Kochzelt an.
Trotz Vahanians böser Ahnungen verstrich Tris’ Wache ereignislos, und er war froh, an Harrtuck übergeben zu können, als der Abend anbrach.
»Hab gehört, Vahanian ist wieder mit der Heilerin aneinandergeraten«, bemerkte Harrtuck.
Tris zuckte die Schultern. »Ich bin mir nicht sicher, ob er sich genauso sehr aufgeregt hat wie Carina. Ich hatte eher den Eindruck, dass er das Ganze genossen hat.«
Harrtuck lachte in sich hinein. »Das ist Vahanian! Er kann einem richtig auf die Eier gehen, wenn ihm danach ist.« Er hob den Kopf in den Wind und schwieg einen Moment lang.
»Was ist los?«, fragte Tris.
Harrtuck schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Kann ich nicht sagen. Nur so ein Gefühl. Irgendwas ist nicht ganz so, wie es sein sollte. Blicke, die auf uns gerichtet sind.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich denke, ich werde eine Extrarunde ums Lager drehen.« Er hielt inne. »Eigentlich könntest du auch Soterius rausschicken. Vielleicht ist ja nichts, aber ein zusätzliches Schwert wäre mir heute Nacht willkommen.«
Tris nickte. »Klar. Ich werde ihn holen.« Er fügte nicht hinzu, dass er dieselbe bange Ahnung verspürte. Vor Harrtucks Beobachtung hatte er es als Streich abgetan, den ihm seine Nerven spielten, doch nun war er davon nicht mehr so leicht zu überzeugen. Dennoch, dachte er, als er die Feuer betrachtete, deren Leuchten sich gegen den kalten Herbsthimmel abhob, gab es keinen Grund zur Sorge – noch nicht. Trotzdem hatte er nicht vor, heute Abend früh zu Bett zu gehen – für alle Fälle.
*
Die Essensfeuer waren schon heruntergebrannt, als donnernde Hufschläge sich dem Lager näherten. Mehr als zwei Dutzend zerlumpter Reiter brachen, unter markerschütternden Schlachtrufen und die arg mitgenommenen Waffen gehoben, in ungestümem Galopp aus dem Wald hervor. Verwirrung brach im Lager aus, als Männer und Frauen vor den Angreifern flohen oder nach ihren Waffen rannten. Der Koch der Karawane, der wie die Übrigen unvorbereitet erwischt wurde, schöpfte die letzten Reste aus seinem Suppenkessel und schleuderte die Kelle mit der dampfenden Flüssigkeit mit einer Verwünschung dem nächsten Reiter über, der, übel verbrüht, wie wild mit den Armen ruderte und von seinem scheuenden Pferd stürzte.
»Räuber!«, schrie Vahanian und zog sein Schwert. Ein Hagel brennender Pfeile regnete aus der Nacht auf das Lager nieder, und rings um sie gingen die Zelte und Wagen der Karawane in Flammen auf; fluchend bemühten sich ihre Besitzer, die Brände zu löschen.
Männer zu Pferde umringten das Lager. Dem bunten Gemisch ihrer Rüstungen und dem wahllosen Sattelzeug ihrer Reittiere nach vermutete Tris, dass eher Zufall als Planung sie zusammengeführt hatte. Ohne Zweifel warteten noch mehr im Wald – die Verantwortlichen für den Pfeilhagel. Als die Räuber angriffen, rannte Tris mit gezogener Waffe auf sie zu.
Ein Pfeil streifte seine Schulter. Einige Reisende in der Karawane stürmten schreiend vor, während andere begannen, die Wagen zur Verteidigung zusammenzuschieben, oder zu den Pferden liefen, um sie zu schützen. Eben noch am Rand seines Gesichtsfeldes erhaschte Tris einen Blick auf einen fliehenden Geist und einen Moment später auf einen weiteren und auf einen dritten.
Du liebe Chenne, ich kann sie sterben sehen! , dachte er und kämpfte gegen seine Panik an. Weil seine Gabe sich in den Wochen, die seit ihrer Flucht aus dem Palast verstrichen waren, verstärkt hatte, fiel ihm das Erblicken der Geister immer leichter, so sehr, dass es ihm mittlerweile fast unmöglich war, die Anwesenheit der Geister, die unsichtbar die Lebenden umgaben, nicht wahrzunehmen. Doch selbst das, außerhalb der Hitze der Schlacht, war etwas völlig anderes, als Geister zu spüren, die frisch aus ihren Körpern gerissen worden waren, und das Getrenntwerden von Körper und Seele zu fühlen.
Einer der Banditen ritt direkt auf Tris zu; sein schäumendes Pferd schien wegen des Kampflärms kaum zu bändigen. Tris bemühte sich, einen klaren Kopf zu behalten, duckte sich unter dem Hieb des Reiters hinweg und parierte, wobei er fast niedergeritten wurde. Der Angreifer riss sein Pferd herum und jagte erneut auf Tris zu. Diesmal wich Tris nicht von der Stelle, ließ sich fallen und schwang sein Schwert wie eine Sense über den Boden, um das Pferd zu erwischen.
Das schreiende Tier stürzte zu Boden und warf seinen
Weitere Kostenlose Bücher