Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
folgte. Der stämmige Kämpfer war einen Kopf größer als viele im Lager und wies den doppelten Körperumfang aller bis auf wenige auf. Cam machte langsamer und verfiel in einen Trott, als er den belebteren Bereich der Mittelstraße der Karawane erreichte, und fing dann wieder an zu rennen, als ein Bote nach links zeigte.
In der Tat gab es dort Ärger, stellte Tris fest, allerdings nicht die Art von Ärger, für deren Behebung ihm als Erstes Cam eingefallen wäre. Er hatte eine Rauferei oder einen Dieb erwartet, tatsächlich war jedoch eins der großen Zelte, in denen die Unterhaltungskünstler der Karawane abends ihre Vorstellungen abhielten, eingestürzt. Eine Menge von Karawanenreisenden hatte sich bereits versammelt, und Tris und die anderen arbeiteten sich nach vorn durch.
»Was ist passiert?«, erkundigte Tris sich bei einem der Männer, die am nächsten am Geschehen standen.
»Der verdammte Mast ist glatt durchgebrochen«, antwortete der Mann. »Kraveck war gerade dabei, die letzten Seile zu spannen, als er herunterkam und ihn dabei mitnahm.«
Neben dem gestürzten Aufbauer kniete Carina. Als Cam sich näherte, streckte sie dem großen Mann eine Hand hin; er ergriff sie und blieb einen Moment lang stehen, während dessen sie sich mit gedämpfter Stimme unterhielten, bevor er sich selbst auf der anderen Seite des Mannes niederkniete. Cam hob, um Stille heischend, seine gewaltige Hand, und augenblicklich verstummte die Menge und trat ein paar Schritte zurück.
Carina streckte noch einmal die linke Hand nach Cam aus und legte die rechte behutsam auf Kraveck. Sie schloss die Augen und begann, die Hand sanft über seinen ausgestreckten Körper gleiten zu lassen, langsam, knapp über seiner Haut schwebend. Tris konnte sehen, wie sie vor Schmerzen das Gesicht verzog und ihre fest zugekniffenen Augen das Leiden widerspiegelten, das sie teilte.
Nachdem sie ein Mal dem vollen Verlauf seiner Gestalt gefolgt war, führte sie ihre Hand zu seinem Kopf und ließ sie sanft auf seiner Stirn ruhen, ohne während der gesamten Prozedur ihren Kontakt zu Cam mit der anderen Hand zu unterbrechen. Cam sah aus, als ob er sich in Trance befände: die Augen geschlossen, das Gesicht schlaff, völlig offen für Carinas Wirken.
Sie zieht Stärke aus ihm für ihr Heilen , dachte Tris. Kraveck musste in schlimmer Verfassung sein.
Die Viertellänge eines Kerzenabschnitts lang verweilte Carinas Hand über Kravecks Stirn. Dann, langsam, begann sie sich wieder zu bewegen, und machte dieses Mal über seiner Brust langsamer. Ihr Gesicht verzerrte sich, und Tris schien es, als ob Kraveck leichter atmete.
Doch knapp unterhalb Kravecks Brustkorb hielt Carina inne. Sie schluckte schwer und beugte sich vor, und Tris hatte den Eindruck, dass die schmächtige Heilerin jedes Körnchen ihrer Kraft in ihre Bemühungen zwang. Fast einen halben Kerzenabschnitt lang mühte sie sich ab; ihre Lippen bewegten sich in Konzentration, ihr Körper war gespannt vor Anstrengung. Dann, unvermittelt, wich die Spannung aus ihrem Körper, und nur die schnellen Reflexe Cams bewahrten sie vor dem Zusammenbrechen. Der große Mann fing Carina auf und hob sie zärtlich in seinen Armen hoch. Sie hob den Kopf und gab eine Anweisung, die nur Cam hören konnte.
»Du da!«, rief Cam einen der in der Nähe stehenden Aufbauer. »Sie hat für ihn getan, was sie konnte, und will, dass er ins Gebäude gebracht wird, wo man leichter nach ihm sehen kann. Sie sagt, ihr sollt ein Brett unter seinen Rücken schieben, damit ihre Arbeit nicht zunichte gemacht wird, und ihn direkt dorthin bringen. Sie wird nachkommen, sobald sie sich ausgeruht hat.«
Zwei der Aufbauer sprangen herbei, um Cams Anweisungen auszuführen, und Tris bemerkte, dass der große Mann selbst müde und ausgelaugt aussah. Cam wartete, Carina in den Armen haltend, bis die Aufbauer mit Kraveck verschwunden waren. Zufrieden, dass Carinas Wünschen nachgekommen worden war, wandte er sich dem Zelt der Heilerin zu, gefolgt von der Menge, als ob er ein Prophet sei.
»Ich habe schon öfter Heiler gesehen«, sagte Vahanian. »Aber keinen wie sie. Schon merkwürdig, dass eine Heilerin mit ihrer Begabung sich hier aufhält, findet ihr nicht auch?«
»Vielleicht wurden sie aus einem vornehmen Haus entlassen.«
Vahanian schüttelte den Kopf, ohne den Blick von dem Paar zu wenden. »Das bezweifle ich. Diese Art von Talent ist zu selten.«
»Und auch nett anzusehen, wenn ihr mich fragt«, äußerte Soterius von
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