Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
breite Streifen riss. Tris und Soterius schnappten sie sich aus seinen Händen.
»Wir werden nur eine Chance haben«, meinte Soterius, dessen Stimme durch den Stofffetzen gedämpft wurde.
»Gehen wir!«, sagte Tris und presste den nassen Stoff gegen sein Gesicht.
Die drei Männer stürmten zusammen in den Rauch und ließen sich, fast blind, auf die Knie fallen. Soterius kroch auf die hintere Ecke zu, wo soeben noch die Umrisse eines Patienten zu erkennen waren. Vahanian war noch nicht weit gekommen, als er mit der Hand ein Hosenbein berührte. Tris sah, wie er nach den Schultern des Mannes tastete und sich den Verletzten auf den Rücken legte. Nach Atem ringend und mit brennenden Augen kroch Vahanian so schnell er konnte und bemühte sich dabei, den hilflosen Mann zu balancieren. Kaum über die Schwelle der Eingangstür, ließ Vahanian den Mann zu Boden und ging in den Rauch zurück, indes Tris weiterkrabbelte, bis er in der nahezu völligen Dunkelheit Carina sich mit ihrem Patienten abmühen sehen konnte. Ein Krachen wie von Donner erscholl von oben, und Tris drehte sich entsetzt um.
»Carina!«, schrie Vahanian und hechtete auf die Heilerin zu, als der Balken über ihrem Kopf in einem Funkenregen nachgab. Tris sah mit an, wie der Balken auseinanderzubrechen begann, fühlte Carinas Schrecken und Angst und reagierte, als Macht und Angst ihn erfüllten.
»Nein!« Der gekrächzte Befehl entriss sich seiner Kehle, als Tris sich schwankend erhob und eine Hand auf den Balken zu ausstreckte. Tris spürte seine Macht aufsteigen, spürte, wie sie sich aus seiner Hand entlud und den Balken zur Seite schleuderte.
»Lauft!«, keuchte Vahanian und schleppte gemeinsam mit Carina den letzten Patienten auf die Türöffnung zu. Tris wollte in ihre Richtung gehen, stürzte und rang in der sengenden Hitze nach Luft. Gerade als Tris merkte, wie die Welt um ihn herum schwarz zu werden begann, packten ihn starke Hände an den Schultern und schafften ihn, indem sie ihn halb trugen und halb zogen, nach draußen aufs Gras.
Hinter ihm ächzte das Gebälk des Gebäudes noch einmal wie ein Sterbender und stürzte dann funkensprühend in einer Feuergarbe in sich zusammen.
Jemand schüttete einen Eimer Wasser über ihn. Langsam kam Tris wieder zu sich, mit brennenden Lungen und keuchend und hustend. Undeutlich wurde er sich der Verbrennungen auf seinen Armen und Waden bewusst. Er strengte sich an, um etwas zu sehen, denn Asche und Rauch hatten ihn geblendet.
Das Krankenhausgebäude lag in Trümmern und brannte schnell ab. Rings im Umkreis des Lagers tönten die Schreie von Pferden und das Aufeinanderprallen von Klingen in der Nachtluft. Doch die Kämpfe waren jetzt weiter weg, nicht mehr im Herzen des Lagers, und während Tris noch nach Luft schnappte, sah er Vahanian nicken.
»Sie haben die Banditen zurückgetrieben, und das ist gut so. Ich kann kaum noch atmen, geschweige denn kämpfen«, krächzte Vahanian.
Die alte Heckenhexe tauchte aus dem Rauch auf, in den Händen einen grob gearbeiteten Becher. »Trink das!«, forderte die Alte ihn auf und drückte ihm das Gefäß in die Hand. Dankbar gehorchte Tris und spürte, wie die Flüssigkeit brennend durch seine raue Kehle lief. Was für ein Trank es auch war, er begann jedenfalls sofort zu wirken: Tris bekam wieder einen klaren Kopf und fühlte sich kräftig genug, um aufzustehen.
Carina hievte sich schwerfällig auf die Knie und beugte sich über einen der Kranken, die sie aus dem brennenden Gebäude gerettet hatten. Mit aller Kraft schlug sie auf seine Brust ein. »Bei der Lady, atme, verdammt noch mal, atme!«, schluchzte sie.
Vahanian ging zu ihr hin. »Carina –«
»Vor dem Feuer hatte er keine Probleme mit der Atmung!«, stritt Carina mit niemand im Besonderen. Ihre rußüberzogenen Gewänder waren versengt und ihre Arme mit Brandflecken von fallenden Glutstücken gesprenkelt. Tränen strömten durch die Asche auf ihrem Gesicht, und ihr Haar fiel ihr schlaff in die Augen, als sie sich über ihren Pflegebefohlenen beugte. »Atme, verdammt!«
Vahanian langte hinunter und umfasste ihre Schulter, aber sie entwand sich seinem Griff. »Nein!«, weinte sie und streckte die Hand nach ihrem Patienten aus. »Ich muss ihm helfen!«
»Er ist tot«, sagte Vahanian sanft. »Sieh ihn dir an. Es ist zu spät.«
Carina ging in die Hocke und vergrub das Gesicht in den Händen. »Es ist nicht dein Fehler«, sagte Vahanian ruhig. »Schau, wo seine Wunde war: genau zwischen den Rippen. Selbst
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