Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
die Idee, dass ich dir helfen kann?«
»Ich weiß nicht, an wen sonst ich mich wenden könnte«, antwortete Tris und zwang sich, ihrem Blick zu begegnen. »Als ich jung war, hat meine Großmutter mich etwas von ihrer Magie gelehrt – wie beispielsweise ein Feuer ohne Funken zu entfachen. Aber nun ist es, als ob Tür und Tor geöffnet worden seien«, sagte er, und seiner Stimme war seine wachsende Verzweiflung deutlich anzumerken. »Jedes Mal, wenn ich träume, erinnere ich mich an etwas anderes, was sie mir beigebracht hat. Ich kann die Magie spüren, doch wenn ich sie berühre, bin ich nicht sicher, ob ich sie benutze oder sie mich.« Er stockte. »Carina, seit wann weißt du, dass du tun kannst, was du tust?«
Carina antwortete nicht direkt. »Ich glaube, auf eine gewisse Weise habe ich es schon immer gewusst«, sagte sie ruhig. »Aber ich habe erst angefangen, mich darin auszubilden –« Sie hielt abrupt inne. »Als ich dreizehn war.«
»Aber woher hast du es gewusst?«, drang Tris in sie, und sie sah ihn einen Moment lang an, bevor sie sprach.
»Ich habe es einfach … gewusst«, antwortete sie leise. »Ich kann es nicht beschreiben. Vielleicht erlebt es jeder anders. Ich habe die Macht gespürt, aber ich wusste nicht, wozu sie da war oder wie ich sie dazu bringen sollte, irgendetwas zu bewirken. Dann, eines Tages, als mein Lieblingspferd sich verletzt hatte und ich mich um es kümmerte und darüber nachdachte, was nötig war, um es zu heilen, ist es passiert.« Sie lächelte. »Ich habe mich fast zu Tode erschreckt.«
»Woher hast du gewusst, wohin du gehen musst, um mehr zu lernen?«
Carinas Miene verhärtete sich, und sie sah weg. »Das war kein Problem«, antwortete sie, und ihre Stimme war kalt. »Es wurde dafür gesorgt.«
»Es tut mir leid«, sagte Tris sanft. »Ich wollte nicht neugierig sein.«
Carina schüttelte den Kopf. »Ist schon in Ordnung. Es ist nur – da, wo ich herkomme, sind die Leute abergläubisch. Sie mögen keine Zauberinnen.« Sie lächelte traurig. »Tatsächlich mögen sie sie sogar noch weniger, als sie Zwillinge mögen.«
Das war also der Grund, warum eine so talentierte Heilerin und ein erfahrener Schwertkämpfer mit einer unauffälligen Karawane reisten, dachte Tris.
»Schau, Tris, es gibt sonst nichts, was ich dir erzählen könnte«, meinte sie verlegen, als ob sie bereits zu viel gesagt hätte.
»So einfach ist es nicht«, entgegnete Tris und schüttelte eigensinnig den Kopf. »Als die Banditen angriffen, sah ich, unmittelbar bevor ich getroffen wurde, einige von ihnen sterben«, sprudelte es aus ihm heraus. »Ich habe gesehen, wie ihre Geister aus ihren Körpern aufgestiegen sind«, bekannte er flüsternd. »Ich dachte, ich würde verrückt. Es geschah, wohin ich blickte, bis einer der Räuber mir auf den Kopf schlug«, sagte er und berührte reumütig seine Wunde.
Carina runzelte die Stirn, und Tris spürte, dass sie ihn auf einmal ernst nahm. »Du hast gesehen, wie … die Geister aus ihren Körpern aufgestiegen sind?«, wiederholte sie langsam.
»Wenn du mich sonst nichts lehren kannst, dann lehre mich wenigstens, wie ich es aussperren kann«, bettelte er. »Du musst doch bestimmt wissen, wie du Schmerzen aussperrst, um deinen Pflichten nachkommen zu können. Andernfalls bin ich meinen Freunden keine Hilfe und für die Karawane von geringem Nutzen.«
»Hast du schon mit jemand anderem darüber gesprochen?«
»Über die Sache auf dem Schlachtfeld? Nein«, antwortete er und sah zu Boden. »Die Freunde, mit denen ich reise, wissen, dass ich einige Macht habe, aber sie haben keine Ahnung, wie wenig ich sie kontrollieren kann. Ich habe niemandem etwas erzählt. Die Leute würden mich für verrückt halten. Ich glaube, die Heckenhexe vermutet etwas.«
»Ja«, meinte Carina nachdenklich. »Alyzza wird es wohl vermuten. Sie war Hofzauberin für einen unbedeutenden Adligen, als es ihr misslang, das einzige Kind dieses Adligen mit ihren Kräften zu retten. Der Tod des Kindes trieb sie fast in den Wahnsinn, und der Hof wollte sie nicht länger. Und so kam sie hierher«, sagte Carina mit einer Geste zum Basar außerhalb des Zeltes, »an einen Ort, an dem keiner von uns sich jemals wiederzufinden erwartet hätte.« Sie verstummte wieder, und als Tris schon zu fürchten begann, sie würde ihn abweisen, sprach sie.
»Ich will dir so weit helfen, wie ich kann«, erklärte sie bedächtig. »Ich werde auch Alyzza bitten, dir zu helfen. Aber du musst vorsichtig sein!«,
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