Im Bann des Piraten: Er nahm sie gefangen - doch sie entfesselte seine Liebe (German Edition)
sehr guten Blick mit dem Fernrohr. Es war ein herrlicher Morgen. Der Sturm hatte sich bei Tagesanbruch verzogen und einen strahlendblauen Himmel zurückgelassen. Alexandre blickte in alle vier Himmelsrichtungen, aber bis auf die Diabolique , die ein Stück weiter backbords mit ihnen segelte, war nichts zu sehen außer tiefblauer Karibik. Gar nichts. Keine Möwe, kein Delphin und kein Zeichen von Vasquez.
Alexandre nahm das Fernrohr herunter und rieb sich die müden Augen. All sein Können war nötig gewesen, L’Etoile du Matin und die Diabolique in der Nacht zusammenzuhalten. Hätten sie sich verloren, wäre ihnen nichts anderes übrig geblieben, als nach Martinique zu segeln und zu hoffen, dass das andere Schiff beizeiten eintraf. Die Karibik war nicht das größte Meer der Welt, aber allemal groß genug, um bei einem schweren Sturm vom Kurs abzukommen.
Sie segelten auf den Südzipfel Jamaikas zu, weiter und weiter weg von Alexandres bevorzugten Gewässern vor der Südostküste von Martinique. Je länger L’Etoile du Matin sich auf den gängigen Seefahrtswegen aufhielt und je näher sie einem der belebteren Häfen kam, umso höher war das Risiko, einem britischen Marineschiff zu begegnen. Zwar würde Alexandre den britischen Kommandanten mit Freuden zeigen, wie schnell und ausgezeichnet seine Kanoniere arbeiteten, aber er war nicht versessen auf eine Breitseite von einem der Flottenschiffe. Das Feuer aus den drei Kanonendecks eines britischen Marineseglers konnte die Etoile du Matin leicht mal eben zwei Masten kosten und ihren Rumpf zu Kleinholz machen. Und mit jeder Stunde, die verging, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass Rosalind von Vasquez’ Leuten misshandelt wurde. Spätestens bei Sonnenuntergang hätte Vasquez die von ihm so geschätzten Korallenriffe mit den unzähligen kleinen Inseln erreicht, zwischen denen er sich verstecken könnte wie eine Ratte in ihren Lieblingsabwasserkanälen. Hatte Alexandre ihn bis dahin nicht erwischt, war Rosalind für immer verloren.
Alexandre kletterte vom Mast und überprüfte das Schiff von vorn bis achtern. Jede körperliche Anstrengung war besser als das verdammte Warten. Er ging hinunter zum Hauptdeck und von da direkt zum Achterdeck. Der Navigator stand dort und blickte durch seinen Sextanten in die Sonne. Neben ihm machte der Schiffsschreiber seine Notizen. Yves war ebenfalls bei ihnen. Alexandre nahm dem Schreiber das Papier aus der Hand und überflog es. Die Aufzeichnungen entsprachen seinen eigenen kurz nach Sonnenaufgang. Er gab dem Schreiber das Blatt zurück und sprach mit dem Navigator.
»Nun, Maurice? Hast du eine Ahnung, wo wir sein könnten?«
Maurice klappte seinen Sextanten zusammen und räusperte sich. » Mon Capitaine , ich glaube, wir sind einige Meilen südlich vom Kurs abgekommen. Wenn wir nach Nord-Nord-West segeln, sollten wir bis Mittag bei den Riffen sein.«
»Wie groß ist die Chance, dass Vasquez auch vom Kurs abgetrieben wurde?«
»Schwer zu sagen, mon Capitaine «, antwortete Maurice achselzuckend. »Sollte er es geschafft haben, dem Unwetter voraus zu sein, hat ihn der Sturm vielleicht gar nicht erwischt.«
»Das war nicht, was ich hören wollte, Maurice.«
»Wenn er wie wir nach Süden abgetrieben wurde, mon Capitaine , holen wir ihn wahrscheinlich noch ein.«
Alexandre blickte hinauf in die Masten, dorthin, wo sich eigentlich die Segel blähen sollten. »Wie lange noch, bis die Segel fertig sind?«
»Höchstens eine Stunde, mon Capitaine .« Yves nickte zu den Männern, die auf dem Vorderdeck saßen und eifrig mit ihren großen Segelmachernadeln werkelten.
Wieder sah Alexandre zum leeren Horizont. Zu lange! Zu verdammt lange! Er hatte Mühe, seine Wut im Zaum zu halten. Seine Männer waren müde, weil sie die ganze Nacht gegen den Sturm gekämpft hatten, und das für nichts und wieder nichts. Erschöpfung und Pessimismus brachten Alexandre beinahe so weit, die Jagd abzublasen. Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Es war durchaus möglich, dass sie Vasquez einholten, nur um zu erfahren, dass Rosalind ihm auf die einzig mögliche Art entkommen war, nämlich indem sie sich über Bord geworfen hatte und ertrunken war. Sollte das der Fall sein, stünde Alexandre wie der letzte Idiot da.
Er lehnte sich an die Reling und blickte ins Wasser hinunter. Allein die Vorstellung, dass Rosalind ertrunken sein könnte, war ihm unerträglich. Die Frau trieb ihn zum Wahnsinn, war unverschämt und bescherte ihm nichts als Ärger, aber
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