Im Bann des Piraten: Er nahm sie gefangen - doch sie entfesselte seine Liebe (German Edition)
Vasquez, aber wenigstens wütete er nicht wie dieser Wahnsinnige mit dem Messer.
Rosalind ging vorsichtig zur Kajütentür und öffnete sie einen Spalt. Als sie das grelle Sonnenlicht traf, schrie sie nochmals vor Schmerz auf. Blinzelnd erkannte sie ein Schiff unweit des Bugs an Backbord. Es war ein Handelsschiff, von dessen Hauptmast das oberste Drittel weggeschossen worden war. Die Segel hingen bis aufs Deck hinab. Rosalind suchte die beiden intakten Masten nach einer Beflaggung ab, die Aufschluss darüber gäbe, wessen Schiff es war. Am Kreuzmast entdeckte sie Mr. Murdocks Wappen. Das Schiff gehörte zu seiner Flotte! Wenn sie doch nur dorthin gelangen und dem Captain sagen könnte, wer sie war. Dann würde sie vielleicht befreit werden. Der entsetzliche Schmerz, der ihr beinahe den Kopf zu spalten drohte, sprach gegen den Versuch, zu dem anderen Schiff hinüberzuschwimmen. Die Kanonen der Fortuna feuerten wieder. Zwei Kugeln trafen das Handelsschiff an der Wasserlinie, eine weitere zerstörte den Hauptmast noch weiter. Rosalind senkte den Blick in der traurigen Gewissheit, dass diese Schlacht nicht zu ihren Gunsten enden würde.
»Bonjour, chérie.« Vasquez tauchte über ihr auf und kam die Stufen vom Achterdeck herunter. »Du bringst uns Glück. Ein feines, fettes, englisches Schiff, randvoll mit guter Ladung. Meine Männer werden recht froh sein. Gracias a Dios! «
Vasquez packte ihren Arm und zerrte sie hinaus ins Sonnenlicht. Rosalind zuckte zusammen.
»Bist du krank, chérie ?«
» Oui, mon Capitaine. Meine Schwester …«
»Dann wirst du lieber schnell wieder gesund. Die Freudenhäuser zahlen nicht für Mädchen, wenn sie nicht arbeiten können.« Er schubste sie wieder in die Kajüte. »Putz meine Kajüte. Mach sie richtig sauber. Hinterher sehen wir weiter, was mit deiner Schwester ist.« Dann knallte er die Tür zu.
Rosalind schäumte vor Wut, und ihre Gedanken überschlugen sich. Auf keinen Fall wollte sie sich ausmalen, welches Schicksal die Seeleute auf dem Handelsschiff erwartete. Auf einmal fiel ihr etwas ein, bei dem ihr vor Entsetzen der Holzteller aus der Hand rutschte und scheppernd auf dem Boden landete. Vasquez hatte seine Piraten zunächst davon überzeugt, sie könnten einen höheren Profit erzielen, indem sie Beatrice und sie an ein Freudenhaus verkauften. Nun aber hatten sie ein englisches Handelsschiff gekapert. Sie waren reich, weil sie ein neues Schiff und dessen gesamte Ladung besaßen. Anstatt Rosalind und Beatrice für ein paar Extradukaten zu verschonen, könnten die Ungeheuer auf die Idee verfallen, ihren grotesken Appetit einstweilen an den unwilligen Opfern zu stillen. Rosalinds Angst, die sie auf der Etoile du Matin empfunden hatte, war nichts gemessen an dem unbeschreiblichen Grauen, das sie jetzt überkam.
Der Lärm an Deck ebbte ab. Rosalind hörte Vasquez etwas auf Spanisch rufen, dann eine bebende englische Stimme. Sie presste das Ohr an die Kajütentür. Jemand anderes antwortete knapp und mürrisch auf Englisch. Im nächsten Augenblick näherten sich schwere Schritte der Kajütentür. Rosalind sprang gerade rechtzeitig zurück, bevor die Tür aufflog. Der kleine bärtige Pirat namens Pedro fasste sie beim Arm und zerrte sie durch die Piratenmenge aufs Hauptdeck.
Vasquez lehnte am Hauptmast, paffte eine seiner stinkenden Zigarren und beobachtete das wilde Treiben an Bord des Handelsschiffes. Seine Mannschaft war drüben und übernahm das Schiff. Rosalind wandte sich von dem Spektakel ab und bemerkte, dass Vasquez sie anstarrte.
»Chérie« , sagte Vasquez. »Kennst du diesen englischen Hund?«
Zwei seiner Leute schleppten einen Mann herbei, den sie vor Vasquez auf die Knie warfen. Es war ein älterer Mann, der das braune Wolljackett und die Hose eines Gentlemans trug. Sein graues Haar war blutverklebt, ein Auge blau unterlaufen und angeschwollen. Fesseln hingen von seinen Handgelenken.
Rosalind schüttelte den Kopf. »Non, mon Capitaine.«
»Wie hieß dein Schiff und wer war der Captain?«
»Die Bird of Paradise, mon Capitaine . Der Captain hieß Harris.«
Bei der Erwähnung des Namens hob der Engländer den Kopf. »Hat sie Harris gesagt?«
Vasquez blickte zur Seite und sprach in einem schnellen Spanisch auf einen englischen Matrosen ein, der zitternd zwischen zwei Piraten stand. Der Matrose nickte.
»Captain Bellamy, Sir, Captain Vasquez sagt, unser Schiff ist nicht das erste englische, das er diese Woche kapert. Er sagt, er hätte erst gestern ein
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