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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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beruhigt sein können, aber er war es nicht. Es konnten keine Tuareg sein, weil dies hier gar nicht ihr Stammesgebiet war. Das lag weiter südlich des Östlichen Großen Ergs, und bislang hatten sie es noch niemals verlassen. Es gab gelegentliche Kämpfe und Überfälle innerhalb des Gebietes und in der Nähe der großen Karawanenstraßen.
    Wahrscheinlich waren es doch irgendwelche abtrünnigen Berberstämme, die unbedingt mit dem Säbel rasseln mussten. Wahrscheinlich hatten sie es nur auf die Gewehre der getöteten Soldaten abgesehen.
    »Pellegrue, kommen Sie mal her«, sagte Febréze nach einer Weile. Der Leutnant, der bislang das Putzen der Waffen beaufsichtigt hatte, kam zum Kommandanten herüber.
    »Zu Befehl, mon Colonel«, salutierte er.
    Febréze winkte beschwichtigend ab. »Sagen Sie, was halten Sie wirklich von der ganzen Sache. Sie waren überzeugt, dass es Tuareg waren.«
    »Das bin ich immer noch, Colonel.«
    »Und wieso gab es dann nicht einen einzigen toten Tuareg? Unsere Männer haben sich doch bestimmt gewehrt und auf sie geschossen.«
    »Ich nehme es an, mon Colonel.«
    »Finden Sie das nicht auch ein bisschen eigenartig? Und wo sind die Gewehre der Soldaten?«
    »Sie waren nicht mehr da. Alles ist geplündert worden.«
    »Sie kennen doch die Einstellung der Tuareg zu modernen Waffen? Glauben Sie wirklich, dass sie die Patrouille überfallen haben, um deren Waffen zu erbeuten? Außerhalb ihres Stammesgebietes?« Er schenkte Pellegrue einen überaus skeptischen Blick.
    Pellegrue nahm eine stramme Haltung an. Das tat er immer, wenn er unsicher wurde.
    »Ich hoffe nur, dass Sie mit Ihrer angeblich so heldenhaften Befreiungsaktion uns nicht rachedurstige Tuareg auf den Hals gehetzt haben. Wissen Sie, was ich glaube? Dass es doch abtrünnige Beduinen waren, die die Gewehre auf dem nächsten Markt wieder verkaufen oder sich selbst damit ausrüsten. Wir sollten also überlegen, ob wir nicht einige der Stammesfürsten einladen und ihnen mit aller Deutlichkeit klar machen, was sie erwartet, wenn sie sich nicht an die Regeln halten.«
    »Sie wollen keine Strafaktion starten?«, fragte Pellegrue erstaunt.
    Febréze seufzte. »Wissen Sie, Sie mögen ja eine laute Stimme haben, um die Soldaten zum Marsch anzutreiben, aber das Denken scheint Ihnen nicht in die Wiege gelegt worden zu sein. Nun ja, beim Militär muss man nicht unbedingt denken können, aber ein bisschen was von Strategie verstehen. Glauben Sie im Ernst, ich provoziere die Beduinen, wenn meine Garnison derart dezimiert ist? Ich benötige neue Soldaten, neue Pferde, und irgendwann werde ich auch meine Offiziere überzeugen müssen, Kamele zu reiten. Hier wird kein Schönheitspreis vergeben, sondern es geht ums Überleben.«
    Sie wurden durch einen lautstarken Streit unterbrochen. Zwei der Soldaten waren aneinander geraten. Der eine zog sogar ein Messer und ging auf den anderen los.
    »Und der Rest ist nur ein undisziplinierter Haufen«, ergänzte Febréze und erhob sich. Mit wenigen Schritten war er bei den Streithähnen. »Was ist hier los?«, schnauzte er.
    »Er hat meine Ration Konfitüre geklaut«, beschwerte sich der Angegriffene.
    »Es ist doch noch jede Menge da«, verteidigte sich der andere. Febréze schaute in den großen Kessel. Der Koch hatte aus süßen Datteln und den etwas bitteren Wildmelonen, die an manchen Stellen in der Wüste wuchsen und die die Beduinen ihren Schafen, Ziegen und Eseln zu fressen gaben, eine delikate Konfitüre gezaubert. Jeder bekam eine Ration davon in seine Blechschüssel. Einer der Männer hatte seine leere Schüssel mit der vollen seines Nachbarn vertauscht. Darüber war der heftige Streit entbrannt.
    »Wie heißen Sie, Soldat?«
    »Gilbert, mon Colonel.«
    »Mundraub ist ein schweres Vergehen«, sagte der Colonel und warf dem Soldaten einen abfälligen Blick zu. »Ein sehr schweres Vergehen, das mit dem Tode bestraft wird.«
    Angespanntes Schweigen folgte. Er drehte sich zu den umstehenden Soldaten um. »Ich werde ein Exempel statuieren, um Soldat Gilbert zu disziplinieren. Um alle zu disziplinieren.« Seine Stimme steigerte sich zu schneidender Schärfe. »Es wird Zeit, dass hier wieder mehr Disziplin einzieht.« Er warf Pellegrue einen langen Blick zu. Dann wandte er sich wieder um. »Ich setze die Todesstrafe aus.« Man hörte, wie die meisten laut ausatmeten. »Sergeant Picard, lassen Sie ihm noch eine Schüssel vom Koch füllen.«
    Ein erstauntes Murmeln erklang. Der Koch schöpfte dem Soldaten eine

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