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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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flüsterte er.
    Der Colonel drehte sich um die eigene Achse. »Ist das hier ein Irrenhaus?«, brüllte er.
    »Ich vermute eine Vergiftung«, ächzte der Doktor und krümmte sich zusammen.
    »Vergiftung? Was haben Sie denn gegessen?«
    »Das Gleiche wie alle anderen auch«, presste er hervor, bevor er auf die Knie fiel.
    »Nicht wie alle anderen, Colonel«, warf Picard ein. »Die Offiziere haben noch nicht gespeist. Nur die Soldaten und der Doktor.«
    »Und was haben sie gegessen?«
    »Hammeleintopf mit Kichererbsen, Weizenbrot und Konfitüre«, antwortete Picard.
    Der Kommandant presste die Kiefer zusammen und knirschte mit den Zähnen. »Der Koch, wo ist der Koch?«
    »Zur Stelle, mon Colonel.«
    »Wo sind die Zutaten her?«, wollte Febréze wissen.
    »Ganz frisch von den Bauern«, gab er zurück. »Das Fleisch habe ich erst gestern eingekauft. Und die Datteln und Melonen heute.«
    Febréze wollte etwas erwidern, wurde aber unterbrochen vom Wachhabenden auf einem der Türme. »Colonel, Colonel, schauen Sie sich das an!«
    »Was ist denn nun schon wieder?« Mit finsterer Miene eilte er hinüber zum Wachturm und stürmte die Treppe hinauf.
    Die kurze Dämmerung hatte sich über die Oase gelegt, und die Schatten zwischen den Palmen vertieften sich. Am östlichen Horizont zog schon die Dunkelheit auf, während im Western der Himmel purpurfarben aufleuchtete.
    Der Wachhabende wies nach Osten. Am Horizont blinkten die ersten Sterne. Einer war besonders hell. Nein, das war kein Stern. Febréze griff zum Fernrohr. »Ein Feuer«, stellte er fest.
    »Zwei Feuer. Drei. Vier. Sehen Sie nur.« Der Wachhabende eilte bis zum Rand des Turmes vor. »Da – da – da!«
    Vom Westen beginnend, entzündeten sich Feuer entlang der Horizontlinie. Sie waren zu weit weg, als dass der Kommandant mehr durch sein Fernrohr hätte erkennen können. Aber es war unheimlich genug. Immer mehr Feuer entzündeten sich, zwei feurige Spuren pflanzten sich nach Norden und Süden fort, um sich im Westen zu vereinen. Sie waren von unzähligen Feuern eingekreist!

XXXVIII
    Es war leicht, ihren Spuren zu folgen. Sie hatten sich in den Wüstensand eingeschnitten wie der Schar eines Pfluges. Offensichtlich hatten sie überhaupt nicht versucht, ihre Spuren zu verwischen. Und sie hatten keinen Gedanken daran verschwendet, dass sie ihnen folgen könnten.
    Diese Menschen, die es in die Wüste verschlagen hatte und aus der sie am liebsten geflohen wären, diese Menschen konnten die Wüste nicht lieben. Sie hassten dieses tote Meer aus Sand und Stein, diesen Glutofen der Hölle mit ihren unberechenbaren Bewohnern. Und sie sollten sie fürchten, die Wüste und ihre Bewohner.
    Arkani dirigierte sein gelehriges Mehari mit der großen Zehe, während er seinen Gedanken nachhing. Alle Männer in seinem Gefolge fieberten dem großen Kampf entgegen. Endlich konnten sie gegen die verhassten Franzosen losschlagen, die Fremdlinge, die Feiglinge. Diese Fremden waren wirklich Fremdkörper in der Wüste. Sie besaßen keinen Sinn für die Zeitlosigkeit, den grenzenlosen Raum, die Farbenspiele und Düfte der Wüste. Sie kannten nicht die Lebensgewohnheiten ihrer Bewohner, konnten einen Targui nicht vom anderen unterscheiden, geschweige denn hinter ihre blauen Schleier sehen. Ihnen blieb verborgen, welche Träume und Sehnsüchte, Gedanken und Wünsche sich dort abspielten. Und welche Gefahr sie bedeuteten.
    Eigentlich war Arkani sich der ganzen Tragweite des Unterfangens noch gar nicht richtig bewusst. Denn diesmal war etwas anders. Er hatte es geschafft, alle Hoggar-Stämme zum Kampf zu vereinigen. Bislang gehörte es zu ihren Alltäglichkeiten, sich gegenseitig zu überfallen, sich die Herden zu rauben und die Sklaven abzujagen. Es war ein Novum, dass sie bereit waren, nicht gegeneinander, sondern miteinander zu kämpfen. Arkani musste zugeben, dass es allerdings auch nicht einfach gewesen war, sie davon zu überzeugen. Noch schwieriger war es, sie zu einer Taktik zu veranlassen, die ihnen fremd war.
    Wo blieb der viel gerühmte Mut der Tuareg? Wo die Herausforderung, wenn man sich feige wie ein Schakal nach dem Angriff zurückzog? Doch dem Volk der blauen Schleier war auch etwas anderes gegeben: die Wortgewandtheit. Und die wandte Arkani an. In bildhaften Vergleichen schilderte er den Kriegern einen Kampf, der sie zum Sieg führen würde. Er legte seine Leidenschaft und seine Emotionen in die Worte. Er appellierte an ihre Ehre, ihren Mut und ihre Tapferkeit. Und alle folgten

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