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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Garnisonssoldaten sie hassten. Sie waren hier lebendig begraben. Niemand konnte ihr entkommen. Diejenigen, die glaubten, statt der Todesstrafe eine Begnadigung erfahren zu haben, als sie zur Garnison geschickt wurden, mussten jetzt verbittert feststellen, dass dies nur eine andere Art von Todesstrafe war.
    Pellegrue schwenkte nach Südwesten. Sie marschierten immer gegen die Sonne. Unbarmherzig brannte sie ihre Spuren in die Gesichter der Männer. Manchmal glaubte er, einen schwarzen Punkt am Horizont zu sehen, dort wo Himmel und Dünen zu einem verschwommenen Rand zusammenflossen. Der Schweiß brannte in seinen Augen, und dann schwebten die schwarzen Punkte hinauf über den Horizont und verschwanden in der flirrenden Luft. In der Wüste gab es viele Erscheinungen, die die Sinne narrten. Angestrengt suchte er mit seinem Fernglas die Umgebung ab, aber er konnte nichts entdecken.
    Das Pferd begann zu röcheln. Der Leutnant hob die Peitsche zum Zeichen der Rast. Stöhnend ließen sich die Männer in den Sand fallen. Mancher von ihnen wünschte sich nie wieder aufzustehen. Der Tod war gnadenvoller als diese unsägliche Qual.
    Einer zog sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Stiefel von den Füßen. Die Enge und der eingedrungene Sand hatten sie blutig gerieben.
    »Melde gehorsamst, ich kann nicht weitermarschieren, Leutnant.« Der Mann konnte sich kaum noch aufrecht halten. Pellegrue warf einen kurzen Blick auf die blutigen Füße des Soldaten. »Dann bleib hier«, erwiderte er nur. Er wendete sein Pferd.
    »Aufstehen!«, brüllte er. »Alle aufstehen und in Zweierreihen formieren. Ohne Tritt – marsch!«
    Einige zögerten und wandten sich zu ihrem Kameraden um.
    »Ich habe befohlen: Ohne Tritt – marsch!«, bellte Pellegrue und ließ seine Peitsche knallen. Sein Pferd tänzelte nervös, und weißer Schaum flog aus seinem Maul.
    Langsam setzte sich die Kolonne wieder in Bewegung. Der Soldat ohne Stiefel blieb einsam zwischen den Dünen zurück.
    Nur äußerst langsam sank die Sonne am westlichen Horizont. In den späten Nachmittagsstunden schickte sie noch einmal alles, was sie an Höllenglut aufzubieten hatte, in die Wüste herunter. Formlos schleppte sich Pellegrues Truppe durch die eintönige Dünenlandschaft. Irgendwo dahinten lag die Oase von Ouargla, einer Fata Morgana gleich, scheinbar unerreichbar. Pellegrues Zorn war verraucht, und er lechzte nach Schatten, Wasser und Ruhe.
    Es war ein totes Pferd, auf das sie stießen. Es lag mit unnatürlich verrenkten Gliedern am Fuß einer Düne. Pferde waren nicht unbedingt für die Wüste geeignet. Pellegrue wurde stutzig, weil das tote Tier noch Sattel und Zaumzeug trug. Wenn es schon einen Verlust gab, wurde wenigstens das Sattelzeug gerettet.
    Er hob den Peitschenknauf, aber auch die Soldaten hatten das Pferd mittlerweile entdeckt und blieben stehen.
    Irgendetwas ließ ihn misstrauisch werden. Er beorderte zwei Soldaten an seine Seite, dann ritt er zum Kamm der Düne empor. Was sich ihm dahinter offenbarte, ließ ihm das Blut in den Adern stocken. Wie dahingemäht lagen die Soldaten von Mervilles Patrouille. Nicht einer, auch nicht Merville selbst, hatte das Massaker überlebt. Dazwischen lag ein weiteres totes Pferd. Die anderen Tiere fehlten.
    Langsam stieg Pellegrue von seinem Pferd ab und trat näher.
    Die meisten Soldaten waren mit Lanzen erstochen worden. Doch einigen fehlte auch der Kopf. Der war säuberlich und mit einem Schlag vom Rumpf abgetrennt worden.
    In Pellegrue keimte ein schrecklicher Verdacht. Das waren keine Beduinen, keine kleinen Scharmützel. Hier waren echte Krieger am Werk, schreckliche Krieger, die kein Erbarmen kannten. Doch wo waren sie?
    Er blickte um sich, aber er konnte nichts entdecken. Die Wüste war leer wie zuvor. Er beugte sich herab und untersuchte die Spuren. Da waren jede Menge Fußspuren von Menschen, die tiefen stammten von den Soldatenstiefeln, die flachen von Sandalenträgern. Und es gab Spuren von Tieren, die tiefen und kleinen von Pferden, die flachen und breiten, am vorderen Ende gespaltenen von Dromedaren. Er versuchte, diese Spuren zu verfolgen, aber sie schienen sich in alle Richtungen zu verflüchtigen.
    Seine Haut zog sich zusammen wie bei großer Kälte, und er spürte tausend unsichtbare Augen auf sich gerichtet. Er riss seine Pistole aus dem Halfter und feuerte in die Luft.
    »Kommt doch her, ihr feigen Teufel! Stellt euch dem Kampf! Was seid ihr für Krieger? Feiglinge!«
    Er drehte sich im Kreis, feuerte immer

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