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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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schlug einen Vorhang zurück, der sich zwischen den riesigen Teppichen befand. Dahinter verbarg sich eine winzige Tür.
    Désirée folgte dem Mann. Ein weiterer, jedoch wesentlich kleinerer Raum wurde sichtbar. Er war mit Teppichen und Polstern ausgelegt. Mittendrin hockte ein dicker Mann in einem bunten Kaftan. Seine fetten Finger wurden von protzigen Goldringen geschmückt, und selbst an den Ohren trug er große, in Gold gefasste Edelsteine.
    Muammar krümmte seinen Rücken und dienerte ununterbrochen vor dem Mann, während er immer wieder Gruß- und Segenswünsche murmelte. Dann wies er auf Désirée.
    »Diese französische Dame wünscht Euch zu sprechen, hoher Herr. Ich hoffe, Ihr vergesst nicht, dass ich Unwürdiger am Zustandekommen Eures Geschäftes ein kleines bisschen beteiligt war und Allahs Glanz und Euer Augenmerk diesbezüglich auch auf mich fällt.« Er verbeugte sich wieder, um sich gleichzeitig rückwärts aus dem Raum zu schieben.
    Für einen Moment überlegte Désirée, wie sie ohne Muammar aus dem Gewirr der Gassen der Kasbah wieder zurückfinden solle, aber dann zog der feiste Teppichhändler ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich. Mit seinen rot unterlaufenen Augen betrachtete er sie von oben nach unten und von unten nach oben, ohne seine Miene zu verziehen. Dann wies er mit einer ausgesprochen eleganten Handbewegung auf eines der bunten Lederpolster.
    »Sie sehen meine Augen entzückt und mein Herz voller Demut, wenn ich Ihnen behilflich sein kann, Mademoiselle«, sagte er in überraschend gutem Französisch.
    »Ich danke Ihnen, dass Sie mir Ihre Zeit und Aufmerksamkeit schenken wollen«, erwiderte Désirée auf Arabisch.
    Der Teppichhändler hob erstaunt die Augenbrauen. »Trinken Sie mit mir ein Glas Tee«, lud er sie ein. Er blieb beim Französisch.
    Désirée neigte dankend den Kopf. Sie kannte die arabischen Sitten, nach denen man niemals sofort zum Kern seines Anliegens kommen durfte. Zunächst wurden belanglose Höflichkeiten ausgetauscht. Désirée bemühte sich um einen zurückhaltenden Plauderton, auch wenn sie innerlich vor Ungeduld brannte. Der Teppichhändler blieb höflich und gastfreundlich, auch wenn er wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben eine unverschleierte Frau auf diese Weise bewirtete. Er klatschte gebieterisch in die Hände, worauf urplötzlich ein halbwüchsiger Junge erschien und ein flaches Tischchen zwischen sie stellte. Dann brachte er ein Tablett mit Tee, Gläsern und Gebäck herein und stellte es vorsichtig auf dem Tisch ab. Dabei vermied er es streng, Désirée anzuschauen.
    So lautlos, wie er gekommen war, verschwand er wieder. Der Teppichhändler selbst goss den Tee ein und forderte Désirée dann zum Trinken auf. Ein plötzlich aufkommender Argwohn ließ sie zwar die Lippen an das Glas führen, dann wartete sie jedoch, bis der Teppichhändler ebenfalls getrunken hatte. Auch er taxierte Désirée mit den Augen.
    Nachdem sie eine Weile über belanglose Dinge geplaudert hatten, begann Désirée, dem Mann zu schmeicheln.
    »Man sagte mir, dass Sie ein sehr weit gereister und erfolgreicher Teppichhändler sind, dessen Karawanen sogar bis nach Timbuktu ziehen.«
    Er neigte den Kopf und senkte den Blick, aber auf seinen Lippen kräuselte sich ein Lächeln. »Ich bin zu bescheiden, um dies zu bestätigen«, sagte er devot und spielte mit den protzigen Goldringen an seinen Fingern.
    »Ihre Teppiche sind von ausgezeichneter Qualität«, fuhr Désirée fort. »Ich schätze, tausend Knoten.«
    Er neigte wieder den Kopf. »Sie verstehen etwas von dieser Kunst«, sagte er, und sein Lächeln verbreiterte sich.
    »Man sagte mir, dass bald wieder eine Karawane nach Timbuktu aufbrechen wird. Sie wird von kundigen Wüstenführern begleitet.«
    »So ist es«, erwiderte er.
    »Ich möchte diese Karawane begleiten. Allerdings nicht bis nach Timbuktu. Mein Weg führt zum Hoggar-Gebirge. Dafür benötige ich kundige Führer.«
    Der Teppichhändler riss die Augen auf. Désirée konnte erkennen, dass das Weiß in seinen Augen von gelben Flecken durchsetzt war. Dieser Koloss litt wahrscheinlich an einer total verfetteten Leber. Aber das konnte ihr egal sein, wenn sie nur ein paar seiner berühmten Führer bekäme.
    Er schlug die Hände zusammen. »Bei Allah!«, rief er aus. »Niemand wagt sich bis zum Hoggar-Gebirge vor! Erst recht nicht meine Karawanen. Ich bin froh, wenn die Tuareg nicht bis zur Karawanenstraße nach Timbuktu vorstoßen, was diese blauen Teufel jedoch immer wieder

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