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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Stand der Sonne. Aber ringsum sah das Gelände gleich aus. Entweder türmten sich hohe Sanddünen wie die Wogen eines erstarrten Meeres auf oder eine weite Geröllebene breitete sich aus wie jetzt. Wohin das Auge auch blickte, es sah nur die gleiche trostlose, lebensfeindliche Leere. Wie sollten hier Menschen überhaupt existieren können?
    Ihre Angst vor den Tuareg, die sie in Algier noch mit fast kindlichem Trotz zu unterdrücken versucht hatte, schmolz nun gänzlich zusammen. Es war undenkbar, dass sie in dieser Einöde wilden Kriegern begegneten. Was hätten sie zu verteidigen außer einem Meer von Sand und Steinen?
    Sie fuhren bis zum Abend und schlugen das Nachtlager auf. Zum ersten Mal weigerten sich die Männer ein Feuer zu entzünden. Zum Abendbrot gab es nur getrocknete Datteln und eine Hand voll Wasser. Nach dem Abendgebet nahmen sie ihre Gewehre auf und kontrollierten das Gelände. Désirée beobachtete sie kopfschüttelnd, während sie sich selbst das Nachtlager herrichtete. Aus zwei Decken hatten die Männer ein Zelt zusammengeflickt, das Désirée für die Nacht nutzte. Jeder gab ihr eine Decke ab, während sie selbst in den Automobilen schliefen.
    Sie spürte eine gewisse Feindseligkeit der Männer und mochte sie nicht noch mehr reizen. Sie hoffte nur, dass die Aussicht auf eine satte Belohnung nach Beendigung dieser Expedition sie bei Laune hielt. Schon deshalb hatte sie die Anzahlung nicht zu üppig gewählt.
    Sorgfältig drehte sie jeden Stein um. Die Begegnung mit dem Skorpion steckte ihr immer noch in den Knochen. Aber die Wüste war wirklich tot. Keine Schlange, kein Käfer, kein Wurm versteckte sich unter den Steinen, nicht das geringste Hälmchen war zu sehen. Sie packte die Decken aus. In der Nacht würde es wieder empfindlich kalt werden. Ohne ein weiteres Wort verkroch sie sich in das Zelt und wickelte sich in die Decken ein. Sie hatte Durst, und ihr Magen knurrte. Sie fühlte sich schmutzig und schwach. Im Einschlafen hörte sie die leise Unterhaltung ihrer beiden Fahrer. Ihre Stimmen klangen wieder ruhig, sodass sie sich keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Morgen würden sie den Brunnen erreichen, die Gefäße auffüllen und auf ihre alte Route zurückkehren. Morgen ...
    Sie träumte wirres Zeug. Philippe kam in diesem Traum vor und der Teppichhändler. Sie saß in seinem Lager, neben ihm Philippe, der genüsslich an einer Wasserpfeife sog. Der Teppichhändler bot ihr ein gutes Geschäft an. Er wies auf einen kostbaren Teppich, den Désirée begeistert in die Hand nahm. Doch als sie ihn umdrehte, liefen Unmengen von Skorpionen darunter hervor. Sie wollte aufschreien, doch ihre Kehle blieb stumm. Dann sah sie den Scheich, der auf einem fliegenden Teppich daherkam. Sie wollte den Teppich erreichen, aber er flog immer ein Stückchen höher, als sie sich reckte. Dann tropfte Wasser aus dem Teppich. Der Scheich lachte schallend. »Philippe, hilf mir!«, rief sie. Doch Philippe rauchte gelassen die Wasserpfeife und rührte sich nicht. »Alles eine Frage des Preises«, sagte er und stimmte in das Lachen des Scheichs ein.
    Später erinnerte sich Désirée, Geräusche vernommen zu haben, das Starten der Motoren, Stimmen. Aber das lag versunken in einem Nebel, und es könnte auch ein Traum gewesen sein. Die Kühle des Morgens weckte sie, und sie zitterte trotz der Decken am ganzen Körper. Zwischen ihren Zähnen knirschten Sandkörner, in jeder Hautfalte stach und kratzte es. Sie rieb die Augen, um sie überhaupt öffnen zu können. Wind kam auf und kündigte den nahen Morgen an.
    Désirée taumelte aus ihrem Zelt und schaute sich um. Was sie sah, oder besser, was sie nicht sah, ließ sie erstarren. Die beiden Wagen waren verschwunden, ebenso die beiden Männer. Es gab kein Wasser, nichts zu essen, kein Holz, keinen Hinweis darauf, was geschehen war. War es ein Überfall? Aber dann hätte sie etwas gehört, wäre aufgewacht. Es gab nur eine Erklärung: Die beiden Männer waren geflüchtet und hatten sie in der Wüste allein gelassen!
    Bar jeder Illusion wusste Désirée, was das bedeutete. Sie war nicht imstande, sich zu bewegen. Nur langsam schien ihr Gehirn zu begreifen, was geschehen war. Sie spürte die Kälte nicht mehr, sie selbst war zu Eis erstarrt. Dann sank sie langsam auf den kalten Boden nieder.
    »Inschallah«, sagte eine Stimme in ihrem Kopf, und sie begann leise zu kichern. Wenn man verdurstete, wurde man zunächst wahnsinnig. Die Zunge blähte sich zu einem unförmigen Klumpen

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