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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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auf, die Schleimhäute zerrissen, und das kranke Gehirn gaukelte Halluzinationen vor. Nein, sie würde nicht verdursten. Die unendliche Wüste würde zum Meer werden, jede Düne zur Woge, jedes Sandkorn zu einem Wassertropfen. Und dann würde das Meer sich bewegen, sie hinauftragen in den Himmel, in die unendliche Weite, wo sie frei wie ein Vogel davonfliegen konnte.
    Und das Meer bewegte sich, der Horizont leuchtete im fahlen Morgenlicht auf. Himmel und Meer vereinigten sich. Und aus diesem Leuchten traten die Geister der Ahnen hervor, dunkle Punkte gegen den Silberstreif des erwachenden Tages.
    Désirées irres Kichern wurde lauter, und es gellte in ihren Ohren. Irgendwo in ihrem Inneren regte sich ihr Selbsterhaltungstrieb. Etwas begehrte auf gegen das sichere Schicksal ihres Unterganges. Sie würde diesen Tag in der Wüste nicht überleben. Der Tod streckte schon seine unbarmherzigen Krallen gegen sie aus. Am Horizont sammelten sich die Geister, um sie mit hinüber ins Totenreich zu nehmen. Aber kampflos würde sie ihnen das Feld nicht überlassen. Im Osten gab es einen Brunnen. Sie brauchte nur gegen Osten zu laufen, immer der aufgehenden Sonne entgegen. Sie würde den Brunnen finden, dann würde sie auch weiterleben. Nein, ihr Dämonen der Finsternis, so schnell gebe ich mich nicht geschlagen!
    Unter Aufbietung aller Kräfte erhob sie sich und streckte den Rücken. Ihr Körper schmerzte. Dann setzte sie einen Fuß vor den anderen, mechanisch, ohne zu denken, ohne zu fühlen, dass die Steine ihre Füße zerschnitten, dass der Wind ihr Baumwollhemd an den Körper drückte, dass die Sandkörner wie Nadeln auf der Haut stachen. Ihre Lippen platzten auf, der Atem wurde heiß, und in ihren Schläfen dröhnten dumpfe Trommeln. Sie musste es schaffen! Der Brunnen konnte nicht mehr weit sein. Der Horizont schwankte vor ihren brennenden Augen und mit ihm schwankten die dunklen Dämonen, die dort auf sie lauerten.
    Die Augen starr nach vorn gerichtet, ging sie, taumelte, schleppte sich vorwärts, nur noch aufrecht gehalten von dem unbändigen Willen, diesen ausgetrockneten Körper am Leben zu erhalten. Und mit jedem Schritt stieg die Gewissheit, dass dieser Kampf bereits verloren war. Dann nehmt mich doch, ihr blöden Geister , wollte sie schreien, aber aus ihrer Kehle drangen nur unartikulierte Laute. Sie streckte die Arme nach vorn, die dunklen Gestalten gleichermaßen abwehrend wie begrüßend. Irgendwo in den Tiefen ihres Gehirns bewegten sich noch träge Gedanken, und sie wunderte sich, dass die Geister des Totenreiches auf Kamelen ritten und gänzlich in dunkle Tücher gehüllt waren. Unaufhaltsam näherten sie sich, nahmen jetzt schon ihr ganzes Sichtfeld ein. Und dann bemerkte sie noch, dass diese Gestalten Stimmen besaßen, etwas riefen. Einer hob einen Säbel und gab den anderen Zeichen. Im gleichen Augenblick durchzuckte Désirée die Erkenntnis wie ein Dolchstoß: Tuareg!
    Im nächsten Augenblick wurde es dunkel um sie.

XII
    Er schien unglaublich groß zu sein, fast bis in den Himmel zu reichen. Sie sah den dunkelblauen Stoff seiner Gandura, die fast bis zum Boden fiel. Unter den hüfthohen Seitenschlitzen trug er Pluderhosen, die sich um die Knöchel schlossen. Seine Füße steckten in schlichten Sandalen und waren von hellem Staub bedeckt. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie am Boden lag und zu ihm aufblinzelte. Ächzend versuchte sie sich aufzurichten. Ihre Lunge brannte wie Feuer, und jeder Atemzug schmerzte. Sie wollte den Schmerz ignorieren und konzentrierte sich auf den Mann, der in herrischer Pose vor ihr stand. Er schaute auf sie herab. Außer seinen verstaubten, nackten Füßen sah sie nichts von ihm. Selbst der Kopf war mit dem blauen Tuch umwickelt, das das Gesicht verhüllte und nur die Augen freiließ. Und was für Augen!
    Diese Augen waren nicht schwarz wie die der Araber, sondern heller. Es war eine Mischung aus Grau und Gold, umrahmt von einem dichten Kranz dunkler Wimpern. Es waren die Augen eines Mannes, wie sie sie noch nie gesehen hatte, sanft geschwungen, wie mit einem Kajalstift gezeichnet. Darüber waren dunkle Augenbrauen zu sehen, gerade und streng. Umso faszinierender wirkten die Augen. Die Haut in den Augenwinkeln war glatt. Désirée vermutete, dass dieser Mann noch relativ jung sein musste.
    Sie fühlte sich von kräftigen Händen hochgehoben und suchte Halt auf den Füßen. Als ihre Beine einknickten, fingen die Arme sie wieder auf. Ungerührt beobachtete der Mann ihre

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