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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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man erzählte im Flüsterton und schaudernd von entsetzlichen Marterungen: dass sie den Unglücklichen die Haut bei lebendigem Leibe abzögen, um sich daraus Taschen zu machen, oder ihnen Ringe durch die Haut stießen, um sie daran zu fesseln wie wilde Bären oder Ochsen. Sie wusste nicht, was an diesen Erzählungen wahr war und was Übertreibung, aber allein der Anblick der Wüstenkrieger ließ jede Hoffnung in ihr absterben.
    Für Désirée sahen die Tuareg alle gleich aus. Sie trugen zwei Ganduras, eine weiße unten und eine blaue darüber, Pluderhosen, einen kunstvoll gewickelten Turban aus ebensolchem indigoblauen Stoff, dessen Ende sie als Schleier vors Gesicht zogen. Nur die Augen waren zu sehen. Sie sahen alle gleich Furcht einflößend aus und boten doch einen prachtvollen Anblick auf ihren hellen Dromedaren. Während des Rittes sprachen sie nur in knappen Sätzen miteinander. Sie bedienten sich einer Sprache, die Désirée unbekannt war.
    Die Sättel der Dromedare bestanden aus Holzgerüsten mit einem gekreuzten Sattelknauf vorn und einer hohen Rückenlehne. So bequem diese Sättel aussahen, so unbequem erschienen sie Désirée. Es war nicht das erste Mal, dass sie auf einem Kamel saß, aber diese Art zu reiten erschien ihr besonders anstrengend. Sie beobachtete die Männer. Sie hatten sich ihrer Sandalen entledigt und die Füße über Kreuz auf die Hälse der Dromedare gelegt. Nur mit den Zehen dirigierten sie die Tiere.
    Schon nach kurzer Zeit schmerzte ihr das Hinterteil derart, dass sie glaubte, es nicht länger ertragen zu können. Verstohlen versuchte sie die Haltung der Reiter nachzuahmen. Sie kreuzte die Beine über dem Hals ihres Dromedars und übte mit dem Fuß Druck aus. Das Tier brummte unwillig auf, dann warf es den Kopf nach hinten und versuchte in Désirées Fuß zu beißen. Mit einem erschrockenen Laut kippte sie zur Seite. Das majestätische Tier entledigte sich seiner Reiterin ohne feierliche Umstände. Mit einem Plumps und einem Schmerzenslaut landete sie im Sand.
    Die kleine Karawane kam ins Stocken, die Tuareg wandten sich zu ihr um, und unter ihren Schleiern erklang gedämpftes, abgehacktes Lachen. Désirée war peinlich berührt, auf diese Weise zum Gespött der Männer geworden zu sein. Doch das Kamel war riesig, und sosehr sie auch an seinem Zügel zerrte, es ließ sich nicht bewegen auf die Knie zu gehen. Die Tuareg ließen sich viel Zeit, bis sich der Anführer erbarmte, von seinem Kamel glitt und zu ihr kam. Er trat dicht an sie heran.
    »Ein königliches Kamel beugt nicht die Knie vor einem kleinen französischen Mädchen«, sagte er.
    Trotz der Hitze bemerkte sie, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie fuhr herum. Er erwiderte gelassen ihren Blick mit seinen unergründlichen grauen Augen. Sie glaubte, Spott darin zu sehen.
    »Ist es bei stolzen Kriegern üblich, dass der König eine Gefangene demütigt?«, fragte sie mit gepresster Stimme.
    Ihr schien, als verlöre sich das spöttische Funkeln. »Welches Schicksal ist für eine Frau erstrebenswert?«, gab er die Frage zurück. »Warum verlässt jemand sein eigenes Volk, um sich von einem anderen demütigen zu lassen?«
    Unangenehm berührt, schlug sie die Augen nieder. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie ein gläserner Mensch, und dieser verschleierte Krieger könnte alles sehen, was in ihr war. Seine kräftigen Hände packten sie und schoben sie hinauf in den Sattel, ohne dass sich das Dromedar niederknien musste. Dann ging er zurück zu seinem eigenen Reittier und schwang sich mit einer einzigen eleganten Bewegung hinauf. Im Stillen bewunderte sie seine katzenhafte Gewandtheit.
    Doch sie zwang sich zur kühlen Vernunft. Sie sollte lieber ein gesundes Misstrauen bewahren. Sie befand sich in der Gewalt berüchtigter Wüstenkrieger, und ihr Schicksal würde keineswegs rosig sein. Nein, ihr war klar, dass sie ein grausames Schicksal erwarten würde, sie in den Augen dieser seltsamen Wüstensöhne als Ungläubige galt und zudem noch eine Frau war, die unverschleiert und ohne männlichen Schutz in einer für sie feindlichen Umwelt umherstolperte. Es war einfach lächerlich, und die Männer hatten ihrem Spott auch lautstark Ausdruck verliehen.
    Sie presste die Lippen zusammen, die schon wieder hart und rissig wurden. Ihr Speichel verdickte sich, und das Schlucken fiel ihr schwer. Die Haut ihres Gesichts brannte, und das Hemd unter der unbequemen Jacke klebte an ihrem schweißnassen Körper. Das Schlimmste jedoch waren die

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