Im Bann des roten Mondes
verzweifelten Bemühungen, Haltung zu bewahren. Sie spürte, dass ihre Lippen feucht waren. Jemand musste ihr Wasser eingeflößt haben.
Seine Haltung hatte etwas Hoheitsvolles, Königliches an sich. Désirée ahnte, dass er nicht irgendein Wüstenkrieger war. Er war es gewesen, der den Säbel gezogen hatte. Er war es gewesen, der unverständliche Befehle gerufen hatte. Sie versuchte ein ungeschicktes Lächeln. Es war nicht zu erkennen, ob er es erwiderte. Sie musste lernen, es aus seinen Augen abzulesen.
Er sagte etwas zu ihr, was sie nicht verstand. » Ma temousem? « Es war nicht Arabisch und auch sonst keine Sprache, die sie kannte. Das Lächeln auf ihrem Gesicht verlor sich und machte einem verzweifelten Ausdruck Platz. »Ich spreche Arabisch und Französisch«, sagte sie in diesen beiden Sprachen.
»Wer bist du?«, fragte der Mann zu ihrer Überraschung in perfektem Französisch.
Erleichtert stieß sie die Luft aus. »Mein Name ist Désirée Montespan. Mein Vater weilt hier irgendwo zu Ausgrabungen. Ich suche ihn.«
Ein verwundertes Gemurmel der umstehenden Männer war die Antwort. Es waren etwa zwölf bis fünfzehn Krieger, alle in diese blauen Gewänder gehüllt, aus denen nur die Augen blickten. Keiner machte Anstalten, seinen Schleier abzunehmen. Auf Désirée wirkte diese Aufmachung ausgesprochen bedrohlich. Sie versuchte, sich ihr Unbehagen nicht anmerken zu lassen. Kämpferisch reckte sie das Kinn vor. Ihr schien, als habe es in den Augen des Anführers belustigt aufgeblitzt. Doch gleich darauf blickte er sie wieder mit einer merkwürdigen Eindringlichkeit an.
»Allein?«
»Meine Begleiter sind in der Nacht einfach davongefahren. Wir waren mit zwei Automobilen unterwegs. Ich weiß nicht, warum sie mich im Stich gelassen haben. Wir waren auf der Suche nach einem Brunnen, der hier in der Nähe sein soll. Unser Wasservorrat ging zur Neige.«
Wieder murmelten die Männer um sie herum, verstummten aber sofort, als der Anführer sprach.
»Man muss entweder sehr mutig oder sehr dumm sein, sich ohne ausreichenden Wasservorrat und ohne Kamele in die Wüste zu begeben.«
»Verstehen Sie nicht? Mein Vater ist verschollen. Ich muss ihn suchen.«
»Ich habe dich verstanden, ich verstehe deine Sprache sehr gut«, erwiderte der Anführer. Sein Blick wurde wieder distanzierter. Mit den Händen hielt er die Falten seines Gewandes auf dem Rücken zusammen, ohne sich zu bewegen. Désirée stellte fest, dass er kein Wort darüber verlor, dass sie eine Frau war. Wahrscheinlich war es auch gleichgültig, denn wer sich so wie sie allein in die Wüste begab, war wirklich entweder unglaublich dumm oder ...
»Dann werden Sie auch sicher verstehen, dass ich ihn suchen muss. Ich bitte Sie, mir etwas Wasser zu geben und ein Kamel. Ich werde es Ihnen selbstverständlich bezahlen.«
Sie hörte die Männer lachen. Der Anführer jedoch blieb ernst. Er sagte etwas in einer fremden Sprache. Die Männer packten sie an den Armen und schoben sie zu einem der liegenden Kamele. Désirée fühlte sich hochgehoben und in den Sattel gesetzt. Erschrocken krallte sie sich an dem hölzernen Knauf fest. Dass ihre Bitte so schnell erfüllt werden würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Fehlten nur noch die Wassersäcke. Doch die Männer schienen etwas anderes vorzuhaben. Sie gingen zu ihren Kamelen und schwangen sich ebenfalls in die Sättel. Mit unwilligem Knurren erhoben sich die Tiere.
Auch der Anführer bestieg sein Kamel. Es hatte fast weißes Fell und den gleichen hochmütigen Gesichtsausdruck wie sein Reiter. An seinem Zaumzeug klingelten kleine Messingglöckchen, und am Hals baumelten verschiedene Amulette. Den Sattel zierten bunte Wollfransen, an beiden Seiten hingen Ziegenschläuche für das Wasser. Die meisten Schläuche waren leer.
Ruckartig erhob sich das Kamel. Désirée wurde zuerst unsanft nach hinten, dann nach vorn und schließlich wieder nach hinten geworfen. Beinahe wäre sie aus dem Sattel gestürzt. Einer der Männer nahm ihre Zügel und kletterte als zweiter Reiter auf ein anderes Kamel.
»Hilfe, was soll das?«, rief Désirée.
Der Anführer drehte sich zu ihr um, und wieder konnte sie ein spöttisches Funkeln in seinen grauen Augen entdecken.
»Du bist meine Gefangene!«
Es war ein dumpfes Gefühl, das nur langsam in ihr Bewusstsein drang. Gefangene! Das Gefühl ballte sich in ihrem Magen zusammen und verursachte ihr Übelkeit. Den Tuareg sagte man nach, dass sie ihre Gefangenen nicht gut behandelten. Ja,
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