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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Talkessel. Dann folgte wieder dieses irre Lachen. Désirée presste sich die Hände auf die Ohren.
    Aufhören, betete sie. Aufhören! Dann ging sie weiter. Ein Schuss peitschte durch die Luft, und vor ihr stob der Sand auf. »Du kriegst mich nicht«, schrie die Stimme. »Ihr kriegt mich alle nicht!«
    »Vater! So komm doch zur Vernunft. Hier ist Désirée!«
    »Ich kenne keine Désirée! Ich kenne nur diese verdammten Steine. Und ich kenne die Marseillaise!« Und er intonierte sie laut und falsch, dann verfiel er wieder in das irre Lachen.
    Unbeirrt schritt Désirée weiter auf die Baumgruppe zu. Sie glaubte ihren Vater im Geäst hocken zu sehen. Er zielte mit dem Gewehr auf sie. Sie hob die Hände.
    »Siehst du, Vater, ich bin ganz allein. Und ich habe keine Waffen. Leg das Gewehr weg! Komm vom Baum herunter! Ich will dich in meine Arme schließen.«
    »Geh weg, sage ich! Désirée ist in Paris. In Paris! Natürlich weißt du Teufel nicht, was Paris ist. Paris ist eine Stadt, eine große Stadt. Frankreich, sie liegt in Frankreich. Und hier ist nicht Frankreich. Hier gibt es nur Sand und Steine, diese verfluchten Steine und euch Dämonen. Désirée, entfliehe, sonst zerfetzen dich meine Kugeln!«
    Sie war fast an der Baumgruppe angekommen. Beschwörend hob sie die Hände. »Vater, ich bin es wirklich. Ich bin aus Paris gekommen, um dich heimzuholen. Ich bin dir gefolgt. Wir haben Kamele. Du kannst nach Hause zurückkehren!«
    Jetzt sah sie ihn sitzen. Dieser Mann hatte keine Ähnlichkeit mit dem Mann, der ihr Vater war. Er trug einen sackähnlichen Überwurf, zerschlissen und zerfetzt. Darunter konnte sie seinen knochigen Körper sehen. Sein Haupthaar war grau wie sein zotteliger Bart und hing ihm wirr ins Gesicht. Seine Haut war dunkel und faltig, von der Sonne gegerbt wie Leder. Nur seine Augen glühten fanatisch.
    Désirée zog sich den alechu vom Kopf und ließ ihr langes, blondes Haar wehen.
    »Siehst du, Vater, ich bin es wirklich. Ich bin es, Désirée!«
    Der Professor neigte den Kopf, als wollte er dieser Verwandlung keinen rechten Glauben schenken. »Natürlich kannst du dich verwandeln«, rief er. »Du bist ja ein Dschinn.«
    »Nein, Vater. Komm herunter. Wir reiten nach Hause. Es ist vorbei.«
    »Reiten?«, krähte er. »Das Kamel ist fort. Ich habe es aufgegessen!« Er lachte wieder, dass es von den Felswänden widerhallte. »Hier ist nichts, gar nichts. Nur die Geisterbilder. Und du bist auch ein Geisterbild. Ich werde sie zerstören, diese Bilder. Sie sind Teufelswerk. Und du bist auch Teufelswerk.« Er hob das Gewehr und zielte auf Désirée.
    »Aber Vater, so komm doch herunter, und schau mich genau an. Dann siehst du, dass ich wirklich da bin. Du kannst mich anschauen, mich anfassen, mich in deine Arme schließen.«
    Er schien zu überlegen, neigte wieder den Kopf und kniff dann die Augen zusammen. »Du willst mich überlisten«, sagte er misstrauisch.
    »Nein. Ich bleibe hier stehen und rühre mich nicht von der Stelle. Komm herunter, komm zu mir, und du wirst dich selbst überzeugen können, dass ich tatsächlich hier stehe. Ich bin Désirée, deine Tochter. Du kennst mich. Wir waren zusammen in Ägypten. Wir waren zusammen in Tunesien. Wir haben Karthago gesehen. Vater, wir haben Hand in Hand vor Athens Akropolis gestanden. Mein Verlobter ist Philippe, und wir wohnten in Paris in der Rue de Voisin. Erinnerst du dich? Ich habe manchmal Männerkleidung getragen und Zigarren geraucht. Meine Lieblingslektüre war die von George Sand.«
    »Was ich dir immer wieder verboten habe«, krähte er. »Aber du hattest ja schon immer einen Dickschädel.«
    »So wie du, Vater. Erkennst du mich endlich?«
    »Désirée! Was willst du hier?«
    »Oh Gott, du erkennst mich! Vater, du erkennst mich!« Die Anspannung wich von ihr, und sie schluchzte befreit auf.
    Arkani war Désirée nicht gefolgt, sondern an der Felswand stehen geblieben. Er blickte sich um. Die Aufmerksamkeit des verwirrten Alten war einzig auf Désirée gerichtet. Aber er schien sie nicht zu erkennen. Er würde seinen Geist nicht wiedererlangen, deshalb blieb er gefährlich. Zum ersten Mal fühlte Arkani sich diesen verdammten Waffen der Feiglinge unterlegen.
    Doch er wäre nicht Arkani, einer der besten Krieger der Ihaggaren, wenn er sich in dieser Situation ergeben würde. Désirée befand sich in Lebensgefahr. Sie wollte es nur nicht wahrhaben. Blitzschnell reagierte er. Die Deckung der Felsen nutzend, umging er den Talkessel. Es war ein weiter

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