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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Weg. Sein Atem ging keuchend, das Gelände war unwegsam und mit Geröll übersät. Er musste versuchen, von hinten an ihn heranzukommen. Er betete nur, dass er nicht schon vorher mit einem gezielten Schuss auf Désirée allem ein Ende bereitete.
    Désirée! Im Augenblick der Gefahr wusste Arkani, was er für diese Frau fühlte! Er würde sein Leben für sie geben. Nicht nur aus Pflichtgefühl, weil sie ihm anvertraut war. Er liebte sie aus tiefster Seele. Er würde diese Liebe niemals aufgeben. Sie war die Erfüllung seines Lebens. Wenn er bislang nicht genau gewusst hatte, wohin sein Weg ihn führte, so sah er ihn jetzt überdeutlich vor sich.
    Er würde nicht davor zurückschrecken, ihrem Vater die Kehle durchzuschneiden, nur um ihn von seinem wahnwitzigen Vorhaben abzubringen. Längst hatten die Geisterwesen seine Seele genommen. Er war verloren, auch wenn Désirée es nicht wahrhaben wollte.
    Endlich hatte er die Gegenseite des Talkessels erreicht. Sein Körper fieberte. Seine einzige Angst war, zu spät zu kommen. Ein Wahnsinniger war nicht berechenbar. Hier war nicht nur Mut gefordert, hier war List vonnöten. Und Glück, viel Glück!
    Geduckt lief er nun direkt auf die Bäume zu. Sein Blick trübte sich, als brennender Schweiß in seine Augen drang. Er sah den Alten einige Äste weiter herunterklettern. Doch er hielt das Gewehr immer noch in der Hand.
    Sprich mit ihm, Désirée, sprich, und halte ihn hin, beschwor er sie in Gedanken. Er hielt den roten Ledergriff seines Schwertes mit festen Fingern umklammert, bereit, mit einem einzigen Hieb den Kopf des Alten von seinem Rumpf zu trennen. Er bedrohte Désirées Leben, das Einzige, was für Arkani von Wert war. In der Wüste besaß man nichts, nur das Leben. Nicht sein eigenes war es, sondern das von Désirée. Niemand durfte es ihr nehmen, niemand, auch nicht ihr eigener Vater.
    Ihn trennten nur noch wenige Meter von der Baumgruppe. Alle Nerven in ihm spannten sich wie Bogensehnen. Seine Augen fixierten den alten Mann wie ein Wild, das er gleich zur Strecke bringen würde. Nein, er war ein Feind, ein unberechenbarer, schrecklicher Feind, weil er sich an keine Regeln halten würde. Die Geister hatten ihn verwirrt, er war schon selbst fast zu einem Geisterwesen geworden. Fast, denn dieses wirre Knäuel aus unfassbaren Gedanken steckte noch in einem Körper, der, mehr tot als lebendig, nun auf dem untersten Ast des Baumes hockte.
    Arkani sah, wie Désirée sich den Schleier vom Kopf zog und ihr blondes Haar wehen ließ.
    »Lass dich umarmen, Vater! Du hast es überstanden. Ich bringe dich fort von hier. Es ist ein unseliger Ort.« Sie weinte und lachte, sie schluchzte und breitete die Arme aus. »Vater!«
    Doch er blieb auf dem Ast hocken. »Bleib stehen!«, rief er und fuchtelte drohend mit seiner Waffe. »Du bist ein Dämon. Jetzt erkenne ich dich. Die Fratze des Teufels. Mit der lieblichen Gestalt meiner Tochter willst du mich täuschen. Alle wollen mich täuschen. Diese Herren Gelehrten haben mich verlacht, mich verspottet. Aber ich hatte Recht. Natürlich hatte ich Recht. Es gab schon eine Zivilisation vor der unsrigen. Und sie war höher, viel höher. Alle Könige und Zauberer, Wüstenfürsten und Priester waren schon da, als wir uns noch in Bärenfelle hüllten. Da wanderten sie durch die Wüste und brachten Gold und Manna, Elfenbein und Salz. Sie waren die Ersten. Hier in Afrika. Afrika!« Er begann wieder irre zu lachen. »Diese verdammte Wüste will mich bezwingen. Kein Wild mehr da. Kein Wasser. Keine Munition.« Er äugte in den Lauf seines Gewehres. »Weißt du, Désirée, hier ist es furchtbar schwer, ein Stück Wild aufzuspüren. Hier lebt nichts, gar nichts. Was da auf den Bildern zu sehen ist, Gazellen, Rinder, Kamele, Elefanten, Ziegen, Antilopen, es ist alles nur Illusion. Einmal gab es ein Festessen. Eine Eidechse. Stell dir vor, eine Eidechse! Hast du jemals eine Eidechse gegessen?« Er schaute wieder in den Lauf seines Gewehres, und sein Blick wurde melancholisch. »Ich habe nur noch einen Schuss«, sagte er traurig. »Einen einzigen. Ich habe die ganze Munition verfeuert. Immer wieder habe ich auf die Geister geschossen. Ein paar habe ich erwischt.« Er lachte bitter auf. »Aber es sind so viele.«
    Plötzlich richtete er seinen bohrenden Blick auf Désirée. »Hunger, Durst, Hitze, Kälte, alles ist schrecklich. Aber weißt du, was das Schrecklichste ist? Die Einsamkeit! Sie ist da, überall. Sie greift nach dir mit tausend Armen. Sie

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