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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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saßen sie auf ihren Meharis. Arkani ritt voran, Touhami bildete den Schluss. Aber sie ahnte, dass auch sie angespannt waren.
    Das Felstal weitete sich, und Arkani verlangsamte den Schritt seines Meharis, bis Désirée aufgeschlossen hatte.
    »Was tun die Dämonen, dass sich deine Männer so vor ihnen fürchten?«, wollte sie von ihm wissen.
    »Wenn man in die Berge hineinreitet, hört man die Stimmen der Geister. Sie schreien und klagen. Und dann holen sie sich die Seelen der Eindringlinge.«
    Désirée schwieg. Allah war hier nicht der einzige Gott. Wahrscheinlich hielten die Tuareg überhaupt nicht viel von Allah, dafür umso mehr von diesen seltsamen, unsichtbaren Geistern. Ganz sicher gab es für dieses Phänomen auch eine ganz natürliche Erklärung, aber es hätte wenig Zweck gehabt, diese den Männern nahe bringen zu wollen.
    Sie glaubte nicht an solche Märchen. Sie war eine aufgeklärte junge Frau. In jeder antiken Kultur gab es Götter, Geister, Fabelwesen, an die die Menschen damals glaubten. Mit dem Untergang dieser Kulturen verschwanden auch ihre Götter und Dämonen. Doch die Tuareg lebten! Ihr wurde unbehaglich zumute.
    Die Hitze des Tages heizte das Gestein auf. Mit einem lauten Knall zerplatzte vor ihnen ein Felsen, Gesteinstrümmer rieselten herab. Selbst die Meharis schienen sich nicht wohl zu fühlen. Unruhig schnaubten und brummten sie und reagierten nervös bei jedem Geräusch. In den trostlosen Schluchten heulte der Wind, und unter Ächzen dehnte sich das erhitzte Gestein aus.
    »Die Stimmen der Geister«, sagte Désirée und erschrak über den fremden Klang ihrer Stimme. »Es ist das Gestein, das sich in der Hitze ausdehnt und nachts wieder zusammenzieht. Dieser Temperaturunterschied sprengt die Felsen. Daher diese Töne.«
    »Vielleicht«, erwiderte Arkani. »Vielleicht sind es auch die Geister. Sie fühlen sich gestört durch die Anwesenheit der Menschen.«
    Sein Mehari sprang erschrocken beiseite, als unversehens ein Felsbrocken aus der Wand brach und vor ihnen zerplatzte. Ein Gesteinssplitter traf Désirée schmerzhaft am Bein. Sie bemerkte einen roten Fleck in ihrem Gewand, sagte Arkani jedoch nichts. Ihr besorgter Blick wanderte in die Felswand hinauf, bereit, gleich einen schrecklichen Anblick zu erleben. Aber die Felsen ragten dumpf, drohend und leblos über ihnen auf, so wie sie seit Jahrmillionen schon standen. Es war ein unwirtlicher Ort, und unheimlich dazu.
    »Und hier soll es Höhlen mit Felsmalereien geben?«, fragte sie. »Welche Menschen haben sich denn hierher gewagt, um diese Malereien anzufertigen?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Arkani. »Es gab sie schon, bevor die Ihaggaren hier lebten. Vielleicht waren es die Geister selbst, die sie gemalt haben.«
    Désirée lachte auf, doch es klang nicht echt. »Geister können malen? Ich glaube, das waren ganz irdische Künstler. Allerdings müsste ich die Bilder erst einmal sehen. Wo sind sie?«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Du weißt es nicht?« Langsam kam Panik in ihr auf. Dieses Gebirgsmassiv war riesig. Hilflos blickte sie sich um. Wo sollten sie zu suchen beginnen?
    »Wir reiten den Stimmen der Geister nach«, sagte Arkani schließlich. Er ließ sich nicht anmerken, wie unbehaglich er sich fühlte.
    Die Schluchten wurden enger, das Gelände unwegsamer. Sie kamen nur langsam vorwärts. Die Orientierung wurde schwerer, bis Arkani die Hand hob.
    »Wir müssen zu Fuß weitergehen«, sagte er.
    Sie ließen die Meharis zurück, die Touhami bewachte. Die Tiere waren so nervös geworden, dass Arkani es nicht verantworten wollte, weiterzureiten. Er warf einen besorgten Blick auf Touhami, dem es offenbar überhaupt nicht gleichgültig war, allein zurückzubleiben. Doch er zeigte seine Angst nicht und hob tapfer zum Abschied seine Hand.
    Zu Fuß gingen sie weiter. Arkanis Hand hielt sein Schwert fest umklammert. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er so etwas wie Furcht. Keine Schlacht, kein Kampf hatte ihm je dieses Grauen eingeflößt, das er zwischen diesen Felsen empfand. Eigentlich war es ein gewaltiges Felsplateau, durchschnitten und zerfurcht von Flüssen, die es nicht mehr gab, von Wind und Zeit, Hitze und Kälte. Er verstand Désirées Leichtsinn nicht, die plan- und ziellos mal hierhin, mal dorthin lief.
    »Ich glaube, bis hierher ist überhaupt noch kein Mensch vorgedrungen«, meinte er schließlich mit gedämpfter Stimme.
    Désirée stand mit hochrotem Kopf und

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