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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Arkani zu Désirée.
    Sie hob erschrocken die Hände. »Das wollte ich damit überhaupt nicht sagen. Ich möchte es lernen.«
    Beide Männer schüttelten verwundert den Kopf, aber dann zuckte Arkani mit den Schultern. »Wenn es dir Freude macht.«
    Touhami knetete den Hirseteig sorgfältig. Dann nahm er etwas vom Teig heraus und begann ihn in der Hand hin und her zu schlagen. Er deutete Désirée an, es ihm gleichzutun. Doch sosehr sie sich bemühte, der Fladen gelang ihr nicht so wie Touhami.
    »Tut mir Leid«, murmelte sie schließlich »Ich bin wahrscheinlich zu gar nichts nützlich.« Sie setzte sich wieder neben Arkani, der den Tee zubereitete. »Ich fühle mich manchmal so überflüssig. Wie eben auch. Es macht mich traurig.«
    Arkani antwortete nicht. Désirée glaubte, dass sein Schweigen Zustimmung bedeutete, und ihr Herz wurde noch schwerer. Sie spürte eine unerträgliche Last auf ihren Schultern, die sie in den Sand zu drücken drohte. Wäre sie nicht gewesen, hätte sich nicht auf diese irrwitzige Suche nach ihrem Vater begeben, dann würden sie alle nicht in Gefahr sein. Für sich selbst fand sie die Strafe angemessen, aber Arkani und sein Sklave hatten doch nichts damit zu tun! Sie schämte sich.
    »Die Frau ist das Herz der Wüste«, begann er plötzlich, als spräche er zu sich selbst. »Ohne Herz kann niemand leben. Deshalb verehren und achten wir die Frauen. Immer spielen Frauen in unserem Leben eine wichtige Rolle. Die wichtigste ist zunächst immer die Mutter.«
    Désirée starrte in eine unbestimmte Ferne. »An meine Mutter habe ich überhaupt keine richtige Erinnerung. Sie hat sich von meinem Vater scheiden lassen. Meine Bezugsperson war immer mein Vater. Von ihm habe ich alles gelernt.«
    Er legte einen trockenen Zweig ins Feuer. Schnell fraßen sich die Flammen hinein. Es knackte, und kleine Funken stoben wie Sterne auf.
    »Meiner Mutter verdanke ich fast alles, was ich weiß. Sie lehrte mich als Kind ein Zelt auf- und abzubauen, mit Wasser sorgsam umzugehen, die Schrift des tifinagh .«
    »Ihr habt tatsächlich eine Schrift?«, staunte Désirée. »Aber ich habe überhaupt noch kein Buch gesehen, weder im Zelt deiner Mutter noch sonst wo.«
    »Wir haben keine Bücher«, erwiderte Arkani. »Wir schreiben die Zeichen in den Sand.« Er glättete den Sand vor sich mit der Hand und ritzte dann mit dem Finger seltsame Zeichen in zwei senkrechten Reihen.
    »Dann habt ihr auch keine Geschichte, keine Geschichtsbücher, in denen nachfolgende Generationen etwas über euer Leben nachlesen können«, stellte Désirée enttäuscht fest.
    »Wir haben unsere Geschichte in den Sand geschrieben, und der Wind hat sie mitgenommen. Die Geschichte lebt im Volk weiter, wird von Generation zu Generation erzählt. Die Mütter geben sie an die Kinder weiter und diese wieder an ihre Kinder. Meine Mutter lehrte mich die Schrift. Sie lehrte mich die Lieder, die von Freude oder Sehnsucht künden. Sie lehrte mich die Sitten und Gebräuche, die Kraft und die Ruhe in mir selbst zu entdecken. Sie lehrte mich das tekerakit , das Schamgefühl mit den moralischen Wertvorstellungen. Sie lehrte mich die Ideale unseres Volkes und unseres Standes wie Mut und Ausdauer, Gleichmut und Bescheidenheit, Großzügigkeit und Redegewandtheit, Schönheit und Eleganz, Intelligenz und Wissen, Höflichkeit und Gastfreundschaft. Aber auch Hunger und Durst zu ertragen, ohne zu klagen. Es ist unsere Würde, die über all dem steht.«
    Nachdenklich senkte sie den Kopf. Ihr war jämmerlich zumute. Aber sich darüber zu beklagen, wäre eine Schande, zumindest in den Augen von Arkani.
    »Sie zeigte mir auch die Sterne, sie erzählte mir Märchen und Legenden. Die Mutter ist immer das Herz und die Seele. Ihr gehört das Zelt, sie holt das Wasser vom Brunnen. Sie versorgt die Tiere und stampft die Hirse, sie erzieht die Kinder, spielt die imzad oder die tindi -Trommel, sie tanzt und verbreitet Fröhlichkeit, sie steht im Mittelpunkt der Verehrung. Meine Schwester lehrte sie die Nutzung von Heilpflanzen, das Mysterium des weiblichen Körpers und das Wunder der Geburt. Uns beiden schenkte sie den unbändigen Drang nach Freiheit.«
    Er reichte Désirée den ersten Becher Tee. Er schmeckte bitter. Jeder erste Becher Tee schmeckte bitter wie die Wahrheit. Ja, die Wahrheit war bitter, und Désirée musste es eingestehen. Aber es war zu spät. Sie hatte die Menschen, die sie mochte, die sie liebte, in höchste Gefahr gebracht. Und nichts ließ es ungeschehen

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