Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Erinnerung daran.
Barrons lachte trocken. »Sehr komisch, Miss Lane. Jetzt erzählen Sie, was wirklich passiert ist.«
»Das habe ich gerade getan. Es hat mich berührt.«
»Unmöglich«, behauptete er. »Wenn das wahr wäre, wären Sie jetzt nicht hier.«
»Ich sage die Wahrheit, Barrons. Welchen Grund sollte ich haben, Sie zu belügen? Das Ding hat nach mir gegrabscht.« Und ich verspürte den schier unbezähmbaren Drang, mich gründlich zu schrubben, besonders meine Hände, denn ich hatte das Wesen auch angefasst, um es abzuwehren. Die Haut war schleimig gewesen wie die eines nassen Reptils und ich hatte diese vielen krampfhaft saugenden, ekelerregenden Münder aus nächster Nähe gesehen.
»Und was geschah dann? Sagte es: ›Oh, Entschuldigung, Miss Lane, ich wollte Ihre hübsche Bluse nicht verknittern. Darf ich sie für Sie bügeln?‹ Oder vielleicht haben Sie es mit Ihren hübschen pink lackierten Fingernägeln gekratzt?«
Ich wunderte mich ehrlich, was für ein Problem er mit Pink hatte, aber den sarkastischen Unterton in seiner Stimme verübelte ich ihm nicht. Ich konnte mir ja auch keinen Reim auf das machen, was da auf der Straße vorgefallen war, und grübelte seither darüber nach. Mit einem solchen Erlebnis hätte ich am allerwenigsten gerechnet. »Offen gesagt, es kam mir auch seltsam vor. Es griff nach mir und dann stand es einfach nur da und sah … nun, ja, wenn es ein Mensch gewesen wäre, würde ich sagen, es machte einen verwirrten Eindruck.«
»Verwirrt?«, wiederholte Barrons. »Ein Unseelie stand nur da und sah verwirrt aus? Verwirrt wie perplex, baff, konfus, konsterniert?«
Ich nickte.
Fiona hinter mir sagte: »Jericho, das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
»Ich weiß, Fio.« Barrons’ Ton änderte sich. Wenn er mit Fiona sprach, wurde er erheblich milder. Sobald er das Verhör mit mir wiederaufnahm, war seine Stimme scharf wie ein Messer. »Also, es sah verwirrt aus. Und was dann, Miss Lane?«
Ich zuckte mit den Schultern. Während das Ding ratlos dastand, war endlich, endlich mein Überlebenswille erwacht. »Ich hab es in den Bauch geboxt und bin weggelaufen. Es hat mich verfolgt, aber nicht sofort. Ich glaube, es blieb noch etwa eine Minute stehen – lange genug, dass ich ein Taxi anhalten und entkommen konnte. Ich bat den Chauffeur, eine Weile kreuz und quer durch die Stadt zu fahren, um sicherzugehen, dass ich es abgeschüttelt habe.«Und um Zeit zu haben, über das, was mir widerfahren war, nachzudenken. Der Tod hatte die Hände nach mir ausgestreckt, mir jedoch einen Aufschub gewährt und ich hatte keinen blassen Schimmer, warum. Mir fiel nur eine einzige Person ein, die mir das vielleicht erklären konnte. »Dann bin ich zu Ihnen gekommen.«
»Eines haben Sie wenigstens richtig gemacht – Sie haben Ihre Spur hierher verwischt«, brummte Barrons. Er trat näher und musterte mich wie eine seltene Spezies, die er nie zuvor gesehen hatte. »Was, zum Teufel, sind Sie, Miss Lane?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Du weißt nicht einmal, was du bist, hatte Alina auf der Mailbox gesagt. Wenn du den Kopf nicht gesenkt halten und deiner Blutlinie keine Ehre machen kannst, dann … troll dich und stirb woanders – diese Worte hatte mir die alte Frau in der Bar zugezischt. Und jetzt wollte Barrons wissen, was ich war. »Ich bediene in einer Bar. Ich liebe Musik. Meine Schwester wurde kürzlich ermordet. Seither scheine ich den Verstand nach und nach zu verlieren«, fügte ich beinahe im Plauderton hinzu.
Barrons sah an mir vorbei zu Fiona. »Sieh nach, ob du eine Aufzeichnung, sei sie auch noch so vage, über derlei Vorkommnisse findest.«
»Das ist gar nicht nötig, Jericho«, erwiderte sie. »Du weißt, dass es so was gibt.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie kann unmöglich eine Lun sein, Fio. Sie sind reine Legende.«
Fionas Lachen war perlend und melodisch. »Ja, das hast du gesagt. Und viele andere Dinge werden auch für Legenden gehalten. Hab ich nicht recht, Jericho?«
»Was ist eine Lun?«, verlangte ich zu erfahren.
Barrons ignorierte meine Frage. »Beschreiben Sie Fiona diesen Unseelie noch einmal so genau wie möglich, MissLane. Vielleicht kann sie ihn identifizieren.« Zu Fiona gewandt sagte er: »Wenn ihr beide hier fertig seid, bringst du Miss Lane in eines der Zimmer. Morgen besorgst du eine Schere und ein Sortiment an Haarfärbemitteln, damit sie sich eins aussuchen kann.«
»Ein Zimmer?«, rief Fiona.
»Schere? Haarfärbemittel?«, rief ich.
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