Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
geschlüpft. Nein, ich war nicht dumm und wünschte mir auch nicht den Tod. Aber ich hatte eine Mission und konnte mir nicht leisten, mich von meiner Angst behindern zu lassen, sonst könnte ich gleich den erstbesten Flug nach Georgia nehmen – den Schwanz einziehen und nach Hause zu Mom und Dad laufen.
Ja, ich wusste, dass da draußen das vielmündige Monster nach einer blonderen, flippigeren Version von mir suchte. Und bestimmt hatte Mallucé seine Männer losgeschickt, um Dublin nach der diebischen Miss Regenbogen zu durchforsten, während er selbst in einem überladen romantischen Sarg die hellen Tagesstunden verschlief.
Aber niemand hielt nach dieser jungen Frau Ausschau. Ich war inkognito. Ich hatte meine dunklen Haare am Hinterkopf zusammengezwirbelt und es unter eine Baseballkappe gestopft, die ich tief ins Gesicht gezogen hatte, trug meine liebste ausgewaschene Jeans, ein übergroßeseinst schwarzes, nach mehreren hundert Wäschen jedoch ziemlich ausgeblichenes T-Shirt, das ich Dad vor meiner Abreise entwendet hatte, und abgenutzte Tennisschuhe. Kein einziges Accessoire zierte mein unscheinbares Outfit und als Handtasche diente mir eine braune Papiertüte. Ich hatte kein Make-up aufgelegt – nichts, null, nada –, nicht einmal Lippenstift, obwohl sich meine Lippen ohne schon seltsam anfühlten. Ich bin ziemlich abhängig von Feuchtigkeit spendenden Kosmetikprodukten. Vermutlich liegt das daran, dass ich in der Hitze des Südens lebe. Selbst die beste Haut braucht da unten ein bisschen Extrapflege. Die Krönung meiner Tarnung war eine richtig hässliche Vergrößerungsbrille, die ich in einem Drugstore auf dem Weg hierher erstanden hatte und die momentan an meinem Ausschnitt hing.
Sie denken vielleicht, dass das keine echte Verkleidung ist, aber ich kenne die Menschen ganz gut. Die Welt nimmt Notiz von hübschen, gut gekleideten jungen Frauen und übersieht die unattraktiven und schlampigen. Wenn man sich nachlässig genug präsentierte, schauten alle durch einen hindurch und es bestand kein Zweifel, dass ich schlimmer denn je aussah. Darauf war ich keineswegs stolz, andererseits empfand ich doch eine gewisse Zufriedenheit. Mir mochte es vielleicht nie gelingen, richtig hässlich zu sein, aber zumindest konnte ich nahezu unsichtbar bleiben.
Ich schaute auf meine Uhr und raffte mich auf. Die Suche in Alinas Wohnung hatte Stunden gedauert – mittlerweile war es kurz vor sieben. Barrons schien die Gewohnheit zu haben, immer kurz nach acht im Buchladen zu erscheinen, und ich wollte dort sein, ehe er kam. Zwar wusste ich, dass mich Fiona ohnehin verpetzen würde, glaubte aber, dass er sich weniger aufregte, wenn sein persönlicher Feenobjekt-Detektor bereits heil und unversehrt zurück war und ernicht warten und sich Sorgen machen musste, ihn womöglich ein für alle Mal verloren zu haben.
Ich nahm meine Papiertüte, setzte die scheußliche Brille auf, zog die Kappe so tief wie möglich ins Gesicht, löschte die Lichter und verschloss die Wohnung.
Die Luft war lau; der prachtvolle Sonnenuntergang malte orangefarbene und rote Streifen an den Himmel und versprach einen wunderschönen Sommerabend in Dublin. Alinas Apartment und Barrons’ Laden befanden sich an entgegengesetzten Enden des Temple-Bar-Bezirks, aber mir machte es nichts aus, dass ich mich durch die vielen ausgelassenen Pub-Gänger auf den Bürgersteigen schlängeln musste, um zum Buchladen zurückzukommen. Ich selbst war nicht besonders vergnügt, aber es war irgendwie nett, Menschen zu sehen, die sich amüsierten. Es machte mich optimistischer, was meine Chancen anging.
Während ich durch die mit Kopfsteinen gepflasterten Straßen lief, gönnte mir kein Mensch auch nur einen flüchtigen Blick. Ich war sehr zufrieden mit meiner Unsichtbarkeit und blendete entschlossen meine zunehmend fremde und deprimierende Welt aus, indem ich meinen iPod einschaltete. Ich hörte gerade einen meiner liebsten Songs, »Laid« von James – this bed is on fire with passionate love, the neighbors complain about the noises above, but only she comes when she’s on top –, als es mir ins Auge sprang.
Ich wollte in dem Moment vögeln, in dem ich es sah.
Ich erwähnte bereits, dass mir derbe Ausdrücke nur schwer über die Lippen kommen, insbesondere dieses spezielle. Daran, dass mir als Allererstes dieses Wort in den Sinn kam und das Ruder an sich riss, erkennt man das Ausmaß der Wirkung, die das Feenwesen auf mich ausübte. Ich und Überich wurden mit
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