Im Bett mit einem Highlander
unheilvoller als in der Dunkelheit. Denn das Licht offenbarte, wie hochgewachsen er war. Er gab ein einschüchterndes Bild ab, gerahmt von der Türzarge, in der er kaum Platz fand.
„Verzeiht mein Eindringen“, sagte Ewan schroff. „Ich habe meinen Sohn gesucht.“
Erst als sie seinem Blick zu dem Bündel neben ihr folgte, bemerkte sie, dass Crispen in der Nacht zu ihr ins Bett gekrabbelt war. Da lag er, die Decken bis zum Kinn hochgezogen. „Tut mir leid, ich wusste nicht ...“
„Woher hättet Ihr es auch wissen sollen“, erwiderte Ewan McCabe trocken. „Schließlich habe ich den Burschen gestern Abend in mein eigenes Bett gesteckt. Er muss heute Nacht umgezogen sein.“
Mairin wollte sich aufrichten, doch Ewan hob die Hand. „Nay, lasst ihn schlafen. Ich bin sicher, er braucht ebenso Ruhe wie Ihr. Ich werde Gertie sagen, dass sie Euch das Frühmahl warm halten soll.“
„D... danke.“
Unbehaglich sah sie ihn an. Sie wusste nicht recht, wie sie seiner unerwarteten Freundlichkeit begegnen sollte. Gestern noch war er aufbrausend gewesen - allein sein sengender Blick hätte genügt, einen Mann zu Tode zu erschrecken. Nun nickte er ihr knapp zu, zog sich zurück und schloss die Tür hinter sich.
Mairin runzelte die Stirn. Sie traute dieser Kehrtwende nicht. Als sie auf den schlummernden Jungen neben sich hinabblickte, glättete sich ihre Stirn jedoch wieder. Sanft strich sie Crispen übers Haar und betrachtete entzückt, wie die weichen Locken sein Gesicht umspielten. Mit der Zeit würden sie so lang werden wie die seines Vaters.
Vielleicht hatte die sichere Rückkehr seines Sohnes den Laird beschwichtigt. Womöglich verspürte er gar Dankbarkeit und bereute seine Grobheit. Hoffnung keimte in ihr auf. Möglicherweise war er heute eher bereit, ihr ein Pferd und Proviant zu geben. Sie wusste nicht genau, wohin sie fliehen sollte, aber angesichts des Umstands, dass Duncan Cameron offenbar Ewan McCabes Erzfeind war, hielt sie es für keine gute Idee zu bleiben.
Traurigkeit überkam sie und machte ihr das Herz schwer. Sie zog Crispen fester an sich. Für immer versagt waren ihr das Klöster, das ihr so lange ein Zuhause gewesen war, und die tröstliche Gegenwart der Schwestern. Sie war ohne Heim und sicheren Hafen.
Als Mairin das nächste Mal erwachte, war Crispen verschwunden. Sie reckte und streckte sich und bewegte die Zehen, nur um sogleich zusammenzuzucken, als ihr der Schmerz durch sämtliche Glieder schoss. Nicht einmal das heiße Bad und das bequeme Lager hatten die Pein verschwinden lassen. Allerdings konnte sie sich schon sehr viel besser bewegen als tags zuvor - bestimmt gut genug, um ohne fremde Hilfe zu reiten.
Sie schlug die Felldecken zurück, schwang die Beine über die Bettkante und zuckte abermals zusammen, als ihre Füße den kalten Steinboden berührten. Vorsichtig stand sie auf und trat ans Fenster, wo sie die Bespannung weit zurückschlug und das Sonnenlicht hereinströmen ließ.
Die Strahlen umspülten sie wie flüssiger Bernstein. Mairin schloss die Augen, wandte das Gesicht der Sonne zu und sog gierig deren Wärme auf.
Es war ein herrlicher Tag, so wunderschön, wie nur ein Frühlingstag in den Highlands es sein konnte. Sie ließ den Blick über die Hügel schweifen und schwelgte in der Freude, ihr Heimatland erstmals seit vielen Jahren wiederzusehen. Um die Wahrheit zu sagen, hatte sie sich so manches Mal verzweifelt gefragt, ob sie den Himmel überhaupt noch einmal sehen werde. Neamh Álainn - schöner Himmel. Doch eines Tages würde sie ihr Erbe sehen - das Erbe ihres Kindes. Alles, was ihr von ihrem Vater geblieben war.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. „Ich werde nicht scheitern“, flüsterte sie.
Da sie keine Zeit in ihrer Kammer vertrödeln wollte, zog sie das schlichte Gewand an, das die Mägde für sie bereitgelegt hatten. Der Ausschnitt war mit einem hübschen Blumenmuster bestickt, in dessen Mitte in Grün und Gold ein Wappen eingewirkt war. Vermutlich das der McCabes. Froh darüber, nicht länger Camerons Farben tragen zu müssen, hastete sie zur Tür.
Als sie den unteren Treppenabsatz fast erreicht hatte, wurde ihr Schritt zögerlich. Mit einem Mal fühlte sie sich unsicher. Dennoch setzte sie den Weg fort. Ein peinlicher Auftritt in der Halle blieb ihr zum Glück erspart, weil eine der McCabe-Frauen sie erspähte und lächelnd zu ihr eilte, um sie zu begrüßen.
„Guten Tag“, sagte die Frau. „Fühlt Ihr Euch heute Nachmittag besser?“
Mairin fuhr
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