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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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Durcheinander. Mit ausgestrecktem Fuß stoppte sie die rollende Farbdose und hob sie auf.
    »Mil, bitte steh auf.« Enid fasste Muriel am Arm und zog, aber körperlich konnte sie es mit ihrer deutlich größeren Schwester nicht aufnehmen.
    »Bring mir einen Sonnenstrahl«, hörten sie Muriel rufen.
    »Einen was?« Kate trat näher heran.
    »Eine Taschenlampe«, dolmetschte Enid.
    »Moment, ich habe eine.« Kate eilte zur Küchenschublade. »Aber was macht sie denn da?«
    »Sie sucht die Geheimtreppe, auf der wir als Kinder gespielt haben.« Enids himmelblaue Augen blickten traurig.
    Kate sah auf die Wanduhr. Der Zeiger in Form eines Hundeknochens hatte die Fünf schon überschritten. »Wir müssen los.«
    Enid senkte die Stimme. »Ich fürchte, wenn wir sie zum Gehen zwingen, dreht sie durch.«
    »Sie dreht durch?«
    »Sie kann sehr wütend werden.« Als sie Kates besorgte Miene bemerkte, fügte sie hastig hinzu: »Keine Angst. Sie hat mir noch nie wehgetan.«
    Kate runzelte die Stirn. Also hatte sie die Wahl, Muriel entweder weiter den Verschlag ausräumen zu lassen oder sich mit dem Wutanfall einer demenzkranken Dame herumzuschlagen. Die innere Anspannung nahm ihr fast den Atem. Womit hatte sie diesen Tag verdient? Erst Bob Duggan, dann John Lyons und jetzt Muriel. »Ist sie bald fertig?«
    Aus der Vorratskammer drang ein lautes Knarren, wie von einer Tür.
    »Es klingt ganz so«, sagte Enid ironisch.
    Kate knipste die Taschenlampe an, stellte sich hinter Muriel und ließ den Lichtkegel durch das Innere des Verschlags schweifen. Dann hielt sie erstaunt inne. Muriel hatte ein altes Standregal, das an der Rückwand festgenagelt gewesen war, an einem Ende nach vorn gezogen. Das Regal war nur etwa einen Meter hoch, alt und klapperig. Die Regalbretter bogen sich unter dem Gewicht uralter Farbdosen. Eigentlich hatte Kate es gleich nach dem Umzug leer räumen wollen. Aber wie zu vielen Dingen, die sie sich im Haus vorgenommen hatte, war sie auch dazu noch nicht gekommen. LMB fraß all ihre Zeit. Nun stapelten sich die Farbdosen rings um Muriel unordentlich auf dem Fußboden.
    Muriel zog erneut an dem Regal, dort, wo es sich schon von der Wand gelöst hatte. Ein lautes Knacken war zu hören. Eine Regalhälfte brach ab und stürzte krachend auf den Boden.
    »Hilf mir«, sagte Muriel. Kate griff an ihr vorbei und zog die Bruchstücke vorsichtig aus dem Verschlag. Dabei versuchte sie, sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen. Jetzt würde sie ein neues Regal kaufen müssen.
    »Aha.« Muriel beugte sich vor und strich über die Rückwand.
    »Hast du sie gefunden, Mil?« Enid schaute ihr über die Schulter.
    Kate leuchtete mit der Taschenlampe auf die freigelegte Stelle. Die Wand war dunkelbraun gestrichen. Bei dem schwachen Licht im Innern des Verschlags war kaum etwas zu erkennen.
    Doch allmählich gewöhnten sich Kates Augen an die Dunkelheit. »Ist das eine Tür?«
    Muriel zog mit den Fingern die Umrisse einer kleinen Tür nach, die ungefähr so hoch war wie das Regal. Jemand hatte sie übermalt, damit sie nicht auffiel.
    »Du hast sie tatsächlich gefunden!« Enid klatschte in die Hände. An Kate gerichtet sagte sie: »Die Tür führt zu einem Geheimgang.«
    Ein Schauder lief Kate über den Rücken. Das gefiel ihr nicht. Überhaupt nicht. Bis jetzt hatte sie das Ganze für eine Erfindung gehalten. Nun sah sie alle möglichen unangenehmen Überraschungen voraus. »Wohin führt er?«
    »Zu einer Treppe. Sie endet im Wäscheschrank.«
    »Im oberen Stock?«
    »Ja.« Enid lächelte verträumt. »Wir haben mit den Kindern der Hansens darin gespielt. Es hat solchen Spaß gemacht. Wir haben uns vorgestellt, der Wäscheschrank wäre ein Turm, und wir müssten eine Prinzessin daraus befreien.«
    Muriel ächzte und zerrte mit aller Kraft an der übermalten Tür. Und noch einmal. Die Tür öffnete sich ein paar Zentimeter. Kate staunte, wie stark Muriel war. Für eine Frau in ihrem Alter war es unglaublich.
    Aus dem Türspalt drang staubige, abgestandene Luft. Kate leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Muriel und Enid reckten die Hälse, um etwas zu sehen. Über der Tür hing ein riesiges Spinnennetz. Muriel wischte es ungeduldig weg.
    Enid legte die Hand auf Muriels Schulter. »Sie hat sich kaum verändert, nicht wahr?«
    Muriel schüttelte den Kopf. In ihren Augen standen Tränen. »Es war so eine schöne Zeit, Enie«, flüsterte sie.
    »Ja.« Enid zog Muriel sanft am Arm. »Aber jetzt müssen wir los. Ms Keane wartet schon auf

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