Im Blut vereint
die Zeugin ihr Drogen verkauft.«
»Aber das kann nicht sein … Sie hatte kein Geld. Überhaupt keins! Dafür habe ich gesorgt!« Richterin Carson fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Es sei denn …«
»Es sei denn?«
Ihre Miene verhärtete sich. »Vielleicht hat sich ihre Großmutter erweichen lassen und ihr Taschengeld gegeben.«
Ethan begann sich Notizen zu machen.
»Das soll nicht in die Akte, habe ich gesagt!« Richterin Carson streckte die Hand nach dem Notizblock aus.
Ethan legte die Hand aufs Papier. »Euer Ehren, zwingen Sie mich bitte nicht, Sie wegen Behinderung einer Ermittlung zu belangen.«
Richterin Carson atmete scharf ein und zuckte zurück. Irgendwo tief in ihren Augen verborgen meinte Ethan Schmerz zu erkennen. Aber er war sich nicht sicher.
Er stand auf. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Richterin Carson erhob sich ebenfalls und durchbohrte ihn förmlich mit ihrem Blick. »Wenn diese Information zur Presse durchsickert, wird das Folgen haben. Und zwar für Sie persönlich, Detective. Dafür werde ich sorgen.« Ihr Blick war kalt. »Und das können Sie sich kaum leisten, oder?«
Er ging nicht darauf ein. Richterin Carson versuchte nur, ihre Schuldgefühle auf ihn abzuwälzen. Was das besagte, war offensichtlich. Sie machte sich mehr Gedanken um ihre Karriere als um ihre tote Tochter.
Im Gegensatz zu ihm.
12
Dienstag, 1. Mai, 16:00 Uhr
Wann immer Ethan durch die langen, verwinkelten Korridore im Keller des Greater Halifax General Hospital schritt, kam ihm das Wort
Eingeweide
in den Sinn. Vermutlich wollte ihn sein Unterbewusstsein dadurch auf das Kommende einstimmen.
Er blickte Lamond an. »Bereit?«
Ethan war überrascht gewesen, als Lamond gefragt hatte, ob er bei der Autopsie dabei sein könne. Er hatte Ja gesagt. Nichts würde Lamond gründlicher abhärten.
Der Detective Constable nickte. Seine entschlossene Miene hätte Ethan amüsiert, wenn ihm der Fall nicht solche Sorgen gemacht hätte.
»Ist es Ihre erste Autopsie?«
Lamond nickte wieder. »Aber ich habe früher Fische ausgenommen.«
Ethan erinnerte sich, dass er vor seiner ersten Autopsie genauso gedacht hatte. Er hatte damals auch keine Ratschläge von erfahrenen Kollegen hören wollen, und Lamond ging es vermutlich ähnlich. Dennoch musste er ihm wenigstens die grundlegenden Tipps geben. »Gehen Sie nah genug heran, dass Sie etwas sehen, aber nicht zu nah. Von dem Geruch wird einem leicht übel. Und sehen Sie zu, dass Sie neben einem Mülleimer stehen.«
Sie kamen zum Ende des Korridors. Auf einem Schild an einer breiten Flügeltür stand
Leichenhalle
. Weiter den Gang entlang war eine einzelne Tür mit einem kleineren Schild:
Autopsieräume
. Auf dem Weg dorthin warf Ethan seinen Kaffeebecher in einen Mülleimer. Er betrat den Raum und griff nach einem der OP -Kittel, die ordentlich zusammengefaltet in einem Metallregal neben der Tür lagen. Lamond blieb zögernd an der Tür stehen.
Ethan warf ihm einen ungeduldigen Blick zu und streifte die Ärmel des Kittels über. »Denken Sie dran, DNA -Kontamination. Wir wollen keine Spuren auf ihr hinterlassen. Außerdem spritzt manchmal Blut herum. Sie haben hoffentlich nicht Ihr bestes Paar Schuhe an.« Ethan nahm seine Aktentasche wieder auf. »In diesem Fall bezweifle ich allerdings, dass sie noch viel Blut in sich hat.«
Lamond fuhr hastig mit den Armen in einen Kittel. Als er Ethan folgte, flatterte der Kittel an seinem Rücken lose hinter ihm her.
Um den Autopsietisch stand bereits eine kleine Gruppe. Die Assistentin des Gerichtsmediziners hatte den Leichensack gerade von der Transportliege auf die Metallplatte gelegt. Ein Mann von der Spurensicherung stand daneben und bereitete seine Kamera vor.
Der Gerichtsmediziner blickte Ethan über den Stahlrand seiner Brille hinweg an. »Pünktlich auf die Minute.« Er hatte sich den singenden Tonfall der Menschen in der Karibik bewahrt; seine Stimme wärmte den Raum ein wenig. Seine Miene war jedoch ernst. »Das ist ein übler Fall, Detective Drake.«
Ethan nickte. »Wem sagen Sie das.«
»Haben Sie sie identifiziert?«, fragte Dr. Guthro.
»Ja.« Auch wenn er froh darüber war: Bei einer Leiche, deren Namen sie wussten, fühlte sich alles persönlicher an. »Ihr Name ist Lisa MacAdam. Fünfzehn Jahre alt, Schülerin an einer Privatschule. Ihre Mutter ist Richterin Hope Carson.«
»Großer Gott.« Sogar Dr. Guthro, der als Gerichtsmediziner schon viel erlebt hatte, wirkte schockiert. »Wie konnte das
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