Im Blut vereint
im Fall
TransTissue
hinzugezogen?«
»Ja.«
»Gut.« Er wippte auf den Füßen vor und zurück. »Das ist ein sehr wichtiger Fall, Kate. Den hätte jeder Mitarbeiter der Kanzlei gern übernommen.«
»Ich weiß.« Seine Absicht war offenkundig: Er wollte sicher sein, dass sie trotz seiner Niedertracht weiter loyal zur Kanzlei stand. Also erinnerte er sie daran, dass ihre berufliche Zukunft in seiner Hand lag.
Sie sah ihm forschend in die Augen. Seinem durchdringenden Blick standzuhalten war schwer; sie fühlte sich, als würde jeder Winkel ihrer Seele gründlich unter die Lupe genommen. Zugleich meinte sie eine Spur von Reue in diesem Blick zu entdecken.
»Mit dem Fall
TransTissue
betreten wir Neuland. Es wird ein Präzedenzfall werden.«
»Ja. Es ist wirklich aufregend.« Trotzdem hatte sie das ganze Wochenende über nicht an den Fall gedacht. Dabei hätte sie genau das tun sollen. Vielleicht konnte dieser Fall sie am Ende retten.
»Das ist die Chance, um die Sie mich gebeten haben, Kate.« Der warnende Unterton entging ihr nicht. »Also tun Sie Ihr Bestes.«
Ein Signalton erklang. Sie waren auf Randalls Etage angekommen. Als die Türen sich öffneten, sagte Randall leise: »Was das Jugendamt betrifft: Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe mich darum gekümmert. Dort ist man inzwischen überzeugt, dass Sie richtig gehandelt haben.«
Er schenkte ihr ein kurzes und seltsam sanftes Lächeln, dann ging er.
Die Türen schlossen sich hinter ihm. Kate lehnte sich an die Fahrstuhlwand. Ihre Beine zitterten. Sie musste tief Luft holen.
Hatte er ihre Notizen gestohlen?
Der Ausdruck von Reue, den sie kurz in seinen Augen bemerkt hatte, sprach dafür. Aber auch dafür, dass er es ungern getan hatte. Warum
hatte
er es dann getan?
Hope Carson.
Er hatte erwähnt, dass sie ihn angerufen hatte. Hatte sie ihn gebeten, die Notizen an sich zu nehmen? Warum sollte er seinen Ruf als Anwalt aufs Spiel setzen, um ihr einen Gefallen zu tun?
Der Fahrstuhl fuhr zum Parkdeck hinunter.
Kate hatte das Gefühl, noch viel tiefer abzustürzen.
Shonda schrak zusammen, als es an der Haustür klopfte. Hoffentlich waren das nicht die Cops. Sie ging schnell zum Fenster, hielt sich dicht an der Wand und reckte den Hals, um auf die Straße zu sehen.
Erleichtert entspannte sie sich. Sie lief die Treppen hinab und öffnete die Tür.
Vor ihr stand eine Frau. Sie suchte Shondas Blick. »Shonda?«
Shonda trat einen Schritt zurück. »Wer sind Sie?«
»Ich bin Kate Lange.« Die Frau hatte eine weiche, leise Stimme. »Marian MacAdam hat mir gesagt, dass ich hier jemanden namens Shonda finde.«
Marian MacAdam? Wie bitte? Shonda atmete tief ein. »Warum hat sie Sie hergeschickt?«
Die Frau lächelte. Es war ein warmes, freundliches Lächeln. Heutzutage schauten sie nicht mehr viele Leute so an.
»Ich bin Anwältin.« Sie reichte ihr eine Visitenkarte. Die Karte sah ziemlich schick aus. Shonda betrachtete sie genauer. Die großen blauen Lettern waren für sie ein einziges Durcheinander, aber sie vermutete, dass unten Kate Langes Name stand, denn die Worte begannen mit K und L. »Marian MacAdam glaubt, ich könnte Ihnen helfen«, fuhr Kate Lange fort.
Shonda musterte sie. Die Frau bot ihr
Hilfe
an. Seit ihrer Lehrerin im ersten Schuljahr hatte das niemand mehr getan.
Und jetzt? Darrell würde ausrasten, wenn sie eine Anwältin reinließ. Aber er hatte es einfach vom Tisch gewischt, als sie ihm das mit ihren Freundinnen erzählt hatte. Er dachte, die Pillen hätten ihr das Hirn zerfressen. Die Polizei hörte ihr auch nicht zu. Nur diese alte Schachtel in dem schwarzen Kostüm. Lisas Oma. Sie war die Einzige, über die Lisa je etwas Nettes gesagt hatte. Alle anderen waren für sie nur »die da« gewesen.
Shonda empfand plötzlich Trauer. Zum ersten Mal seit jener Nacht, als sie dafür gesorgt hatte, dass Vangie in dieses Auto stieg.
»Kommen Sie rein«, sagte sie.
Die Anwältin lächelte ihr aufmunternd zu und betrat den dunklen Flur. Shonda schloss hinter ihr die Tür, legte die Sicherheitskette wieder vor und führte die Frau nach oben. Seitdem sie mit dem Dealen angefangen hatte, verdiente sie genug, um sich ein eigenes kleines Apartment über Darrells Wohnung leisten zu können. Sie wollte nicht mehr mit den anderen Mädchen zusammenwohnen. Da gab es nur Streit und Zickerei, und von ihrem Stoff konnten sie auch nicht die Finger lassen.
Als sie sich nun umblickte, nahm sie auf einmal wahr, wie zerwühlt das Bettzeug auf der Matratze in
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