Im Blutkreis - Roman
»Kommen Sie…«
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Die beiden Männer gingen zum Kirchenschiff und stiegen eine schmale Steintreppe hinab, die zwischen den Säulenjochs unter die Kathedrale führte.
Die Krypta war kühl und sehr klein. Auf dem Boden erkannte Nathan zwischen den Schatten der Kerzen breite Platten, die mit der Zeit Patina angesetzt hatten und unter denen die weißen Gebeine berühmter Geistlicher ruhten.
»Entschuldigen Sie, wenn ich einen Fehler gemacht habe…«
»Die Magie ist ein Thema, über das man in unserer Gemeinschaft nicht offen spricht. Auch wenn meine Tätigkeit als Forscher
mir erlaubt, diese Fragen zu profanieren, gilt das noch lange nicht für meine Diakone. Kommen wir zu dem, was Sie interessiert.«
Der alte Priester schloss die Augen, und seine Stimme schien wie eine Saite zu vibrieren.
»Vor sehr langer Zeit kam eine Delegation aus Alexandria zu Makarius dem Alexandriner in die Wüste, um ihn anzuflehen, in die Stadt zu kommen, wo es schon seit langem nicht mehr geregnet hatte und wo die Würmer und Insekten die Felder heimgesucht hatten. ›Komm‹, sagten sie zu ihm, ›und bitte Gott, dass er Regen schickt und die Würmer und Insekten tötet.‹ Makarius begab sich also in die Stadt Alexandria, betete zu Gott, und es begann zu regnen. Als es genug geregnet hatte, betete er erneut, und der Regen hörte auf. Daraufhin riefen die Griechen: ›Ein Zauberer ist durch das Sonnentor in die Stadt gekommen, und der Richter weiß es nicht.‹«
Die Stimme des Priesters hallte im Halbdunkel der Krypta.
»Ich glaube«, fuhr er fort. »dass dieses Gleichnis, in dem einer unserer berühmtesten Heiligen auftritt, sehr schön zeigt, in welchem Maße das Wunderbare und das Übernatürliche im Alltag unseres Volkes gegenwärtig ist. Den Geistern und Dämonen, den Engeln und selbst Gott zu befehlen ist uns, den Nachkommen der Pharaonen, angeboren.«
»Auf welchem Glauben beruht diese Magie?«
»Er steht dem unserer fernen Vorfahren nahe, die Thot, den Gott mit dem Ibiskopf, anriefen. Um die Gebote zu befolgen, die die Ausübung dieser Praktiken verboten, griff man zu einfachen Mitteln: Die Namen der alten Götter wurden durch diejenigen von Christus, der Jungfrau Maria und der Heiligen ersetzt. Die Bibel und ihre Personen traten an die Stelle der Mythen des alten Ägypten.«
»Sind diese Praktiken noch immer lebendig?«
»Das sind sie.«
»Wie und wozu werden sie benutzt?«
»Um Kranke zu heilen, den bösen Blick zu bannen, die Besessenen zu exorzieren, gegen eine Person zu kämpfen, die einem Böses will…«
»Und Sie, bedienen Sie sich ihrer?«
»Wie viele andere Priester leite auch ich gelegentlich Zeremonien …«
Eine Frage brannte Nathan auf den Lippen; er wusste nicht, ob sie ihn zur Wahrheit führen würde. Leise sagte er: »Der Blutkreis…« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Rufen diese Worte irgendetwas in Ihnen wach?«
Aber Darwisch hatte die Augen bereits zusammengekniffen, als hätte Nathan soeben eine alte Wunde in ihm geöffnet.
»Wo haben Sie diese Worte gehört?«
Nathan nahm ein gewisses Widerstreben in der Stimme des Priesters wahr. Er beschloss zu schweigen.
»Fragen privater Art, ja …«
Nathan bejahte mit einem Lidschlag.
»Wie auch immer, ich spreche nicht gern darüber. Das ist ein ganz besonderer Glaube, der sich für unser Volk als sehr verhängnisvoll erweisen kann.«
»Pater, fassen Sie mein Schweigen nicht als Provokation auf. Es ist für mich sehr wichtig zu erfahren, worum es sich dabei handelt.«
Darwisch sah Nathan streng an. »Sie scheinen nicht zu verstehen. Niemand darf diese Worte aussprechen, ohne… Nein, wirklich, ich kann nicht …«
»Ich bitte Sie… Diese Informationen sind von unschätzbarem Wert für mich. Was wollten Sie sagen?«
»Dass es verboten ist, das Schweigen zu brechen. Jeder, der es tut, wird bestraft.«
»Von wem?«
»Von den Rûhani-Geistern, den Dienern der Psalmen …«
»Wer …?«
»Ich meine die Engel, wir nennen sie so.«
Der alte Gelehrte schien einen Augenblick zu zögern. Er strich mit der Hand über seinen Bart; schließlich sagte er leise: »Die Informationen, die ich Ihnen jetzt geben werde, müssen unter uns bleiben, sollten Sie jemals davon Gebrauch machen, dann bitte ich Sie, niemals meinen Namen und auch nicht den dieser Kathdrale zu nennen …«
»Ich schwöre es Ihnen.«
»Also gut … Diese Geschichte nimmt ihren Anfang in längst vergangenen Zeiten, ganz zu Beginn unserer Ära, zur Zeit der
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