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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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Wann möchten Sie kommen?«
    »Na ja … sagen wir, ich werde morgen ganz früh da sein.«
    »Ausgezeichnet.«
    »Wo soll ich hinkommen?«
    »Direkt in die Malatestiana, wir wohnen dort. Sie waren schon einmal bei uns, glaube ich.«
    »Ja! Natürlich, wo hatte ich nur meinen Kopf?«, log Nathan.
    »Wenn Sie ankommen, nehmen Sie die Hintertür, denn im Augenblick ist die Bibliothek geschlossen, weil sie restauriert wird. Sie brauchen nur rechts um das Gebäude herumzugehen. Sie werden sehen, es gibt da ein kleines, steinernes Portal, Sie brauchen nur hindurchzugehen und sind schon da. Machen Sie sich nicht die Mühe, ein Hotelzimmer zu reservieren, Sie können bei uns wohnen.«
    »Wunderbar. Danke, Lello. Bis später.«
    Sie legten auf.
    Nathan dachte einen Augenblick nach. Der Mann kannte ihn nicht, Woods dagegen schon. Endlich hatte er etwas in der Hand! Er rief die Auskunft an und ließ sich mit dem Flughafen Roissy verbinden. Ein Anrufbeantworter schaltete sich ein und
leitete ihn zum Schalter der Alitalia weiter, wo sich eine weibliche Stimme meldete.
    »Guten Tag, ich möchte noch heute nach Cesena. Welche Flüge können Sie mir anbieten?«
    »Cesena, Cesena… Da müssen Sie über Bologna. Es gibt noch einen Flug, der um siebzehn Uhr von Roissy abgeht, warten Sie… ich sehe nach… tut mir leid, er ist ausgebucht. Der nächste geht erst morgen um zwölf Uhr dreißig, da hätte ich noch Plätze … Hallo … hallo?«
    Nathan hatte bereits aufgelegt.
    6
    Aufs Äußerste angespannt, den Blick unverwandt auf die Straße geheftet, brauste Nathan durch die Nacht. Seit Paris, wo er ein schnelles Fahrzeug gemietet hatte, hatte er nur ein einziges Mal angehalten, um voll zu tanken und ein Sandwich zu verschlingen. Dijon, Lyon, Chamonix, bis zum Montblanc-Tunnel, dann Italien, Mailand, Modena, Bologna. Er war fast am Ziel. Vielleicht hätte er doch direkt nach Antwerpen fahren sollen … Durch sein persönliches Erscheinen hätte er bei der Direktionsassistentin gewiss mehr erreichen können. Nein… es war vernünftiger, Roubauds Rückkehr abzuwarten. Und für den Augenblick war dieser Woods die einzige Person, die imstande war, ihm zu helfen.
    Draußen zogen die langen Gestalten der Pappeln vorbei, die sich vor einem dunklen Himmel abhoben, der sich kaum vom Asphalt unter den Rädern seines Wagens unterschied. Er warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Drei Uhr morgens. Im selben Augenblick zeigte ihm ein spiegelndes Schild die Ausfahrt Cesena Nord an. Nathan fuhr noch einen Kilometer, schaltete den Blinker ein und bog auf eine kurvige Straße ab,
auf der dichter Nebel herrschte, der ihn zwang, langsamer zu fahren. Die Scheinwerfer seines Wagens durchschnitten die Dunstschleier, die längliche Streifen bildeten, bevor sie sich über ihm schlossen. Auf was steuerte er da zu? Was würde ihn in Cesena erwarten?
    Wie die Nebelschleier, durch die er fuhr, schien sein Leben sich mit jedem Atemzug mehr aufzulösen. Seine einzige Verbindung mit der Wirklichkeit war das Steuer, das er fest mit den Händen umklammerte. In der Ferne tauchten die spitzen Umrisse der Paläste der mittelalterlichen Festung aus der Nacht auf. Er war am Ziel.
    Der Ort war ein wahres Labyrinth steiler Gässchen und ineinander geschachtelter alter Häuser in grauen, ockergelben und rotbraunen Farbtönen. Er fuhr geradewegs ins Zentrum der schlafenden Stadt, auf der Suche nach der Piazza del Popolo. Endlich fühlte er sich wirklich in Italien. Sein Instinkt sagte ihm, dass er schon einmal hier gewesen war, dass er dieses Land, die Farben, die Gerüche geliebt hatte …
    Ein paar Augenblicke später glitt er die Via Zeffirino Re entlang, die von sanften Arkaden gesäumt wurde. Er nutzte die gerade Strecke, um Gas zu geben, und kam zum Palazzo del Ridotto, um den er herumfuhr, bevor er auf einen großen quadratischen Platz kam, die Piazza Buffalini. In ihrer Mitte erhoben sich im Schatten der Straßenlaternen die gebrochenen Linien eines gewaltigen Gebäudes mit dunklen Dachziegeln und rötlichen Mauern, umgeben von riesigen Zypressen. Nathan verriegelte seinen Wagen und ging die letzten Meter, die ihn von der Bibliothek trennten, zu Fuß. Alles war ruhig, nur das Echo seiner Schritte auf dem Pflaster hallte in der Stille wider.
     
    Rechts von der dicken Tür aus geschnitztem Holz stand auf einer in den Stein eingelassenen Kupferplatte: Istituzione Biblioteca Malatestiana. Er erkannte auch die geschwungenen Linien des in das Metall

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