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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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Nathan überfallen hatte, war eine Angst gewesen, die ihn fast ersticken ließ. Er hatte das Bedürfnis verspürt, die stählerne Kabine des Flugzeugs zu verlassen, das ihn nach Belgien brachte.
    Das Blut, die toten Körper, das Grauen …
    Warum hatte ein drei Jahrhunderte altes Verbrechen eine solche Wirkung auf ihn? Er hatte beschlossen, sich in den Zweifel zurückzuziehen. Auch wenn er im Grunde spürte, dass diese Ereignisse durchaus real waren, weigerte er sich doch, sie als solche anzusehen. Leichendiebe, ein Sklave … zu Tode verstümmelt,
warum? 1694… Die Zeit… Er würde es der Zeit überlassen, ihn vor dem Wahnsinn zu bewahren, in dem er zu versinken glaubte, als er die Zeilen des Manuskripts überflog. Er hatte alles gewissenhaft notiert, in einer eigenen Datei, den Tatsachen Fragen an die Seite gestellt. Später, viel später würde er versuchen, ihnen einen Sinn zu geben, sie zu einem vollständigen Bild zusammenzufügen. Für den Augenblick begnügte er sich damit, die bruchstückhaften Hinweise zu sammeln, die auf dem Weg dieses Wachalbtraums verstreut waren.
     
    Seit knapp einer Stunde war er jetzt in einem gemieteten Wagen unterwegs, als er die Amerikalei, den letzten Abschnitt der Straße, die von Brüssel nach Antwerpen führte, verließ. Bald darauf kam er in die flämische Stadt mit ihren gepflasterten Verkehrsadern und ihren alten Häusern voller Giebel, Mauervorsprüngen und Voluten. Zu sehr damit beschäftigt, seinen Weg in dem Gewirr der engen Straßen zu finden, achtete Nathan kaum auf die Architektur um ihn herum. Unmittelbar bevor er von Mailand abgeflogen war, hatte er bei Hydra angerufen und sich mit Hilfe einer List vergewissert, dass Roubaud auch wirklich in seinem Büro war, das nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt lag. Ein paar Minuten Suche im Internet hatten ihm überdies erlaubt, ein weiteres Problem zu lösen: das der Identifizierung des Mannes, an den er nicht die geringste Erinnerung hatte. Ein Foto von Roubaud auf der Website der Gesellschaft für Unterwasserarbeiten hatte einen etwa sechzigjährigen massigen, grau melierten Mann mit strengem Gesicht und Bürstenhaarschnitt gezeigt. Ein feiner Regen peitschte die Windschutzscheibe seines Wagens, er bremste scharf, um eine junge Frau auf ihrem Fahrrad vorbeizulassen, und fuhr dann hinter ihr her. Nach den zitternden Konturen ihres dunklen Plastikcapes hätte man sie für eine Reiterin halten können, die ihr störrisches Pferd zwingt, einen Schotterweg entlangzugehen. Er folgte der zierlichen Gestalt bis in die unmittelbare
Nähe des Bahnhofs und ließ sie geradeaus weiterfahren, bevor er nach links abbog, wie sein Plan es ihm angab. Ein paar Minuten später bog er in eine elegante Straße fern des städtischen Chaos. Die Offerandestraat. Er war am Ziel.
     
    Das Gebäude, ein moderner Block mit gebrochenen Linien, zeichnete sich im fiebrigen Licht ab, das die Schwärze des Himmels durchdrang. Vor der Fassade erhob sich eine Tafel mit Fotos von Männern in Taucheranzügen, unter Wasser, an Bord von Schiffen, von U-Booten oder auf Bohrinseln, Ikonen des Ruhms von Hydra.
    Nathan fuhr zunächst vorbei, ohne anzuhalten, um sich erst einmal genauer umzusehen. Der Firmensitz schien über keinen eigenen Parkplatz zu verfügen. Das würde es einfacher für ihn machen. Er fuhr um den Block herum, um sich zu vergewissern, dass es keinen Nebeneingang gab, und parkte dann etwas abseits vom Eingang des Gebäudes. Der Platz war ideal. Von dort aus würde er das Kommen und Gehen des Personals kontrollieren können.
    Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, als wolle er die Maske der Müdigkeit abstreifen, die es bedeckte, und richtete sich auf längeres Warten ein. Das war die einzige Lösung, um Antworten auf die Fragen zu erhalten, die er sich stellte.
     
    Um Punkt neunzehn Uhr öffnete sich die automatische Tür, und zwei Gestalten kamen heraus. Eine Frau in dunklem Kostüm, in einen weißen Wollschal gehüllt, und ein untersetzter Mann, der einen marineblauen Kaschmirmantel über einem Rollkragenpullover gleicher Farbe trug und der Nathans Aufmerksamkeit weckte. Nathan vergegenwärtigte sich das Foto, das er im Internet entdeckt hatte. Der Mann trug jetzt einen leichten grauen Bart, aber es war dennoch Roubaud.
    Der Mann und die Frau wechselten ein paar Worte, dann ging jeder seiner Wege.

    Nathan stieg unauffällig aus dem Wagen und folgte dem Präsidenten von Hydra. Er ging sehr schnell in Richtung eines großen

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