Im Blutkreis - Roman

Meter vor sich eine Falltür, die sich auf eine Wendeltreppe öffnete. Er nahm seine Taschenlampe und stieg in den schwarzen Schacht hinab.
    Die Innenwände der Frachträume durchquerten vertikal alle drei Decks. Er durfte sich nicht verraten … Er würde bis zum letzten Augenblick warten, um seine Taschenlampe zu benutzen. Er spürte, wie seine Pupillen sich weiteten, je tiefer er kam, um die Dunkelheit besser durchdringen zu können. Das dumpfe Rauschen des Windes war allmählich verstummt und hatte dem metallischen Stöhnen der Stufen unter seinen Füßen Platz gemacht. Schon bald konnte er den Boden des Laderaums erkennen. Eine riesige Zementplatte. Er hatte Ebene null erreicht.
    Nathan durchschnitt die Dunkelheit mit seinem Lichtkegel. Der Bauch der Pole Explorer war heruntergekommen, die Farbe blätterte von den Wänden, zerfressen vom Rost und von der Feuchtigkeit. Der Boden war übersät mit Paletten, Kanistern,
zusammengerollten Seilen. Er stieg über einen Haufen elektrische Leitungen, die vom Salz zerfressen waren, und entdeckte etwa zehn Meter vor sich eine Leiter. Sie führte zu einer Öffnung ein paar Meter weiter oben. Er klemmte die Taschenlampe zwischen die Zähne und stieg die Sprossen hinauf.
    Ein Gang.
    Links öffnete sich eine Tür mit einer elektrischen Fassung ohne Birne darüber auf einen Lagerraum. An den Wänden, die in einem besseren Zustand waren, hingen Ablagebehälter und Haken mit allerlei Bergsteigerbedarf: Rollen von rosa, blauen und orangefarbenen Nylonseilen, Sturmriemen, Kletterhaken, Gletscherhaken. Nathan öffnete einen Wandschrank aus Metall, in dem auf einem Regalbrett rote Helme mit Acetylenlampen lagen. Arbeitsanzüge hingen an einer Kleiderstange, darunter große gelbe Druckluftflaschen … Nichts Aufregendes.
    Das Brummen eines Gebläses weckte seine Aufmerksamkeit.
    Es gab einen Verbindungsgang zwischen den Frachträumen, über den er mit Sicherheit ins Heck gelangen konnte. Nathan verließ das Lager und ging in den Gang hinein, der in einem anderen, kleineren Laderaum endete. Die Wände waren mit knisternden Stromkästen bedeckt. Er ließ den Lichtkegel seiner Taschenlampe durch die Dunkelheit wandern und entdeckte eine dicke Platte aus verchromtem Metall mit einem Rad zum Öffnen. Er blickte nach oben: eine Reihe lumineszierender Dioden zeigte eine Temperatur an: – 72 °C. Ein Kühlraum. Er legte seine Lampe auf den Boden und zog mit seinem ganzen Gewicht an dem verklemmten Rad, das sich erst bewegte, als er ihm Fußtritte versetzte. Die Tür öffnete sich mit dem Geräusch von krachendem Eis.
    Eine dicke Eisschicht umgab ihn. Er blockierte die Tür, so dass sie sich nicht schließen konnte, und ging in den Kubus hinein. Die von weißem, pulvrigem Reif überzogenen Stahlwände schimmerten perlmuttfarben. Schwaden milchigen Dampfs kamen von der Decke herab und wickelten sich
um seine Beine. Nathan fröstelte und ging tiefer in den Raum hinein. Er inspizierte sorgfältig jeden Winkel. Der Raum war leer. Die erstickende Kälte brannte in seinen Lungen, und seine Haut überzog sich bereits mit Eiskristallen, die wie feiner, alabasterfarbener Staub aussahen. Er machte kehrt und stolperte über ein Stück durchsichtiges Plastik, das aus den Dampfschwaden ragte. Als er seine Taschenlampe darauf richtete, um seinen Fuß daraus zu befreien, erregte ein Detail seine Aufmerksamkeit … Da war etwas, ein kleiner, bräunlicher Gegenstand, der am Boden festklebte. Nathan hockte sich hin. Sein erster Gedanke war, dass es ein Stück Gummi war. Er streckte die Hand aus, um es aufzuheben…
    In diesem Augenblick hörte er Gemurmel.
    Er schaltete seine Taschenlampe aus, drehte sich um sich selbst und bewegte sich, noch immer in der Hocke, auf die Türöffnung zu. Jetzt war es kein Gemurmel mehr, sondern die Stimmen zweier Männer, die näher kamen, er konnte sogar Wortfetzen verstehen…
    Man war ihm gefolgt. Das Geflüster kam noch näher, dann verstummte es. Die Männer waren unsichtbar, aber da, verborgen in der Dunkelheit. Er konnte ihre Gegenwart mit Händen greifen.
    Nathan dachte sofort an Roubauds Telefongespräch … die Mechaniker. Sie hatten ihn entdeckt.
    In der Falle in diesem verdammten Kühlraum würde er sich sofort verraten, wenn er irgendetwas versuchte, und die Typen würden sich auf ihn stürzen, ohne dass er sie kommen sehen würde. Er schwankte und wollte sich mit der Hand an der Wand abstützen, um nicht umzufallen, aber er besann sich gerade noch rechtzeitig,