Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)

Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Walser
Vom Netzwerk:
angemerkt haben, daß Sie Vorgesetzter sind.
    Der Chef:  Mich reut manchmal, nur zu artig und aufrichtig sein zu müssen. Indem ich aufhöre zu beteuern, daß ich Schauspieler bin, läßt mich die fröhliche Einbildung, ich sei Bürochef, mich folgendermaßen äußern: Welcher von meinen Untergebenen mag es sein, der mit so viel Ungezwungenheit ausradiert, was er mit der Feder fehlerhafterweise hinsetzte? Ich fühle mich zu einem Spaziergang veranlaßt. (Er begibt sich auf die Suche nach dem Ursache zur Vermutung Gebenden.)
    Ein jugendlicher Commis:  O, was für eine melancholisch-schöne Vormittagsheiterkeit das ist. Meiner Überzeugung nach ist es Montag, ich fühle so recht, wie das wahr ist, was ich da sage. Sie ist süß, in deren Gesellschaft ich den gestrigen Tag verbracht habe.
    Der Chef (zum Ausmerzer der Mißstimmigkeiten): Leicht und gern schleichen sich Unliebsamkeiten ein, die man mit gewissermaßen absichtlicher Lautheit, weil man kein sonderlich freudiger Arbeiter ist, durch ein Gekratz ungeschehen machen will, das auf die Nerven fällt.
    Der Ertappte:  Ich finde es nicht fein, einen immer ertappen zu wollen. Aus Rache gegenüber Ihrer Art und Weise, auf möglichst unappetitliche Art den Vorgesetzten zu spielen …
    Der Chef:  Unappetitlich bin ich?
    Der Radierkünstler:  … reiße ich jetzt das Fenster brutal auf, um frische Luft, Gottesodem, in den Kerker hineinströmen zu lassen.
    Der Chef:  Wollen Sie mich etwa zum Kerkermeister machen?
    Der Rebell mit dem Federhalter am Ohr (fährt fort zu radieren).
    Der Chef:  Gab es je einen spitzigeren, grimmigeren Protestanten? Inwiefern Vorgesetzte etwas wie Katholiken sind, die allem, was wohlerzogen ist, hold und allem, was unhöflich ist, abhold sind, entferne ich mich wie die Duldung selber vom Schauplatz der Auflehnung gegen das Prinzip guten Übereinkommens und hülle mich angesichts eines Sträubens gegenüber der Erwünschtheit, passendes Betragen an den Tag zu legen, in die mißbilligendste Billigung, die je empfunden wurde, solange es Verantwortlichkeittragende auf der Welt gibt.
    Meier von der Stadt:  Mit welchem Erfolg ich gestern in einem Landgasthaus Karten spielte. Meine Körperkräfte wehren sich gegen die Idee, mein Werkzeug bestände bloß in der geringfügigen Vorrichtung, die ich bald zwischen den Lippen einklemme, bald mit der größten Leichtigkeit in die Hand lege. Aus lauter Freude an den Triumphen, die ich am Wirtshaustisch erntete, zerschlug ich einen nicht unwertvollen Spiegel.
    Meier vom Land:  Wie mir scheint, beneide ich die Degenerierten, diejenigen, die auf den verfeinerten Genüssen wie Musikliebende auf einer Zither spielen. Wenn ich mich nicht nach Zersplitterung sehne, kann ich unmöglich der sein, als der ich hier dastehe. Mehr fällt mir einstweilen zu meiner Charakterisierung nicht ein.
    Ein Korrespondent:  Unwillkürlich lausche ich mittels meines zum Glück vorhandenen Aufnahmevermögens auf die Sängerinnenstimme, die sich in diesem, wie ich zugeben muß, schönen Augenblick, über die Gasse schallend, die eigentlich eher eine Straße ist, vernehmen läßt.
    Der Chef (zu Laiblin): Obschon Sie ein Mensch sind, der mir Sympathie einflößt, weil Sie Manieren haben, möchte ich Sie an die Unstatthaftigkeit mahnen, die mir darin zu liegen scheint, daß Sie Ihre geschätzte Aufmerksamkeit halbstundenlang dem Umstand entgegenzubringen geneigt sind, daß in der Nachbarschaft ein Diener mit Teppichklopfen beschäftigt ist, der den Glauben erwecken könnte, er wäre auf einer Bank tätig gewesen und sei infolge eines Dranges, das Leben von möglichst zahlreichen Gesichtspunkten aus kennenzulernen, nicht ohne verbindlichen Dank für erzielte Bemühungen entlassen worden.
    Laiblin:  Der Gedanke könnte mich träumerisch machen, der mir empfiehlt, ihn für fähig zu halten, er habe vielleicht heimlich gedichtet. Die Möglichkeit, daß er dies während der Bürozeit, so zwischen der Erfüllung seiner Obliegenheiten könnte getan haben, wird nicht kurzerhand abgelehnt werden können.
    Ein Unterchef (zu einem Arbeiter): Ihre Tüchtigkeit, die keine Zweifel zuläßt, berechtigt Sie nicht zu Taktlosigkeiten. Sie schlagen mir gegenüber mitunter einen Ton an, den zu ertragen nachteilig auf meinen Gesamtgesundheitszustand wirkt.
    Der anerkannt Brauchbare:  Die Tatsache, die Ihnen aus dem Gesicht leuchtet, daß Sie in ungewöhnlich hohem Maß mit mir zufrieden sind, hat für mich etwas Aufreizendes. Mich

Weitere Kostenlose Bücher