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Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)

Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Walser
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Chef:  Ich bin bei allem Befürworten dessen, was Ordnung und deren stramme Verkörperung betrifft, zur Annahme geneigt, es sei zu billigen, wenn man der Anschauung huldige, daß in einem Büro unter anderem Elemente wie das Ihrige geduldet werden dürften. Ich verdanke Ihnen immerhin dadurch, daß Sie mich zu zeitweiligem Gespräch mit Ihnen veranlassen, indem Ihre Aufführung mich dann und wann in Fühlung zu Ihnen zu treten nötigt, einige Möglichkeit zu allgemeinen Einsichten, gleichsam zu Bildungsbetätigungen zu gelangen. Ihnen gegenüber habe ich mir zur Gewohnheit gemacht, den Vorgesetzten abzustreifen, um sozusagen jeweilen mit Ihnen ein bißchen im Gärtchen des Menschlichen umherzustreifen, wobei ich Sie nicht unermahnt lassen möchte, sich Mühe zu geben, den Beamten, der in mir lebt, zufriedenzustellen. Schon der bloße Versuch hiezu muß Sie ja, falls nicht jede schönere Ader in Ihren Gesamtzusammenhängen erloschen oder falls eine solche bessere Seite überhaupt je in Ihnen vorhanden gewesen sein sollte, mit einem Vergnügen erfüllen, das mit einem Freudenfeuer auf einem Schweizerberg Ähnlichkeit hätte. Gestatten Sie, Ihnen die Bemerkung nicht vorzuenthalten, daß mir scheint, Sie zögen je nach Gelauntheit etwas wie Belletristik aus dem Pult hervor, um sich dergestalt die Zeit zu verkürzen.
    Der junge Commis:  Zutreffend scheint mir bei dieser Art von Unstatthaftigkeit zu sein, daß Lesen bildend wirkt.
    Der Chef:  Haben Sie es sich in den Kopf gesetzt, zu denjenigen zu gehören, mit denen man nie fertig wird?
    Der junge Commis:  Eines Abends in einem übrigens ganz unansehnlichen Korridor …
    Der Chef: … den wahrscheinlich ein überaus bescheidenes Lämpchen spärlich beleuchtete …
    Der junge Commis: … bat mich ein jäher weiblicher Charakter, verzichten zu wollen, das Leben gemeinsam mit ihr zu riskieren, da sie die Überzeugtheit nicht zu verleugnen vermöge, die sie versichere, sie mache mich unglücklich. Nur dann, wenn ich dächte, daß ich mit keiner andern so glücklich werden könnte wie mit ihr, würde sie mein vollkommenes Ungemach zu werden sich entschließen, wobei sie mich die in der Tat schöne alabasterne Hand vorläufig küssen ließ.
    Der Chef:  Für mich klingt so etwas entschieden zu romanhaft.
    Der junge Commis:  Die Unterhaltung, die Sie mir gestattet haben, mit Ihnen zu führen, hat die Unverkennbarkeit zur Tatsache werden lassen, daß der Vormittag bald überstanden ist.
     
    Diesbezügliche Anzeichen machen sich im Raum geltend.
     
    Meier vom Land:  Ein Landherr ist durch Heirat Herr eines der größten Vermögen der Stadt geworden.
    Meier von der Stadt:  Man möchte meinen, die Städter zeichneten sich durch Energielosigkeit aus.
    Meier vom Land:  Bei den Städtern wird das Landschaftliche hochgeschätzt, wobei gewisse Seiten naturgemäß außer Acht gelassen werden.
    Meier von der Stadt:  Nach Wohnungen mit Aussicht auf See und Gebirge herrscht eine sehr gefühlvolle Nachfrage vor.
    Meier vom Land:  Die Bewohner der Städte haben lediglich das Glücklichsein im Sinn. Sie genießen die Sonnenauf- und -untergänge, als wenn's Butterschnitten wären. Ein Wölklein am Himmel, ein Sternlein, das aus den Wölkchen herablächelt, versetzt sie in eine langanhaltende Begeisterung.
    Meier von der Stadt:  Man umarmt sich gegenwärtig aus keiner sonstigen Ursache, als weil man kein Geld hat.
    Meier vom Land:  Diese Lebenskunst, diese Kultur. Menschen gibt es, die ganz nur noch aus Beseeltheit bestehen und die auf Grund solcher Beschaffenheit in Mondscheinnächten tief im Wald oder wenigstens hübsch einsam am Waldrand liegen und Lieder zum Liederlichsten, was es gibt, oder zum Lieblichsten, was innerhalb des […] vorhanden ist, singen.
    Meier von der Stadt:  Warum nicht zur Gitarre?
    Der Chef:  Es wird wohl kaum unbedingt nötig sein, die Anwesenden darauf aufmerksam zu machen, daß es zwölf Uhr ist.
     
    Ein Angestellter nach dem andern verläßt das Büro, der Chef entfernt sich als der letzte.

Herren und Angestellte
    I ch will nur wenig über das Herren- und Angestelltenthema sagen. Tief schneidet das Problem in die Gegenwartszustände, worin es vor Existenzen förmlich zu wimmeln scheint, die Angestellte sind und die diesen besonderen Umstand manchmal außer acht lassen. Träumen wir denn nicht mitunter mit offenen Augen, sind sehend blind, fühlend fühllos, horchend ohne Gehör, und stehen wir nicht gehend oft still? Was für eine

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