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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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Zwek so an meinem Krankenbett stehen sah, stellte ich freudig fest: Juhu, ich bin doch nicht blind! Die Welt war zwar noch etwas verschwommen, aber ich war trotzdem happy. Und das Erste, was ich sah, waren Zaidas wunderschöne dunkle Augen. Darin konnte ich lesen, dass ihr unendlich leidtat, was sie mir angetan hatte. Anscheinend hatte sie richtig Angst um mich gehabt.
    »Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Ich möchte mich von ganzem Herzen bei dir entschuldigen. Das war wirklich keine Absicht. Ich weiß nicht, wie das überhaupt passieren konnte«, sagte sie mit aufgeregter Stimme und nahm meine Hand. Triumphierend grinste ich zu Zwek rüber. Er tat, als ob er meinen Blick gar nicht bemerkte. Aber besser wurde unsere Freundschaft durch diesen Vorfall nicht – ganz im Gegenteil. Nachdem ich wieder aus dem Krankenhaus raus war, hatten wir immer weniger Kontakt. Er meldete sich nicht mehr bei mir und ich mich nicht mehr bei ihm.
Mama ist nicht stolz auf mich
    Meine Mutter wollte ihrem abgeschobenen Heimkind anscheinend beweisen, dass sie doch keine Rabenmutter war, und so lud sie mich ab und an in ihren neuen Laden ein. Sie hatte sich selbstständig gemacht und ein kleines Kosmetikstudio eröffnet. Mein Stiefvater Erich hatte ihr beim Aufbau geholfen, und gemeinsam hatten sie den Laden wirklich schön eingerichtet.
    »Guck mal, ist das nicht toll?«, strahlte meine Mutter mich an, als ich sie das erste Mal besuchen kam.
    »Davon habe ich doch immer geträumt.« Ich war echt glücklich, als ich sah, wie ihre Augen leuchteten. Ich gratulierte ihr ohne jeden Groll und freute mich darauf, ab jetzt öfter vorbeikommen zu können. Wer weiß, vielleicht bedeutete ihr neues Leben auch einen Neuanfang für uns?
    Doch schon bald stellte sich heraus, dass ich nicht immer willkommen war in ihrer kleinen, heilen Kosmetikwelt. Wenn ich unangemeldet auftauchte, wimmelte sie mich gleich an der Tür ab: »Patrick, jetzt nicht. Du siehst doch, wie viel ich zu tun habe.« Und das hatte sie wirklich.
    Der Laden lief bombig. In ihre Kasse kam richtig viel Geld. Trotzdem: Andere Mütter hätten sich gefreut, wenn ihr Kind ab und zu mal überraschend vorbeigekommen wäre. Meine Mutter dagegen gab mir immer nur das Gefühl, dass ich eine schreckliche Last für sie war. Die Ablehnung tat weh – ganz offensichtlich hatte ich noch immer die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir wieder eine Familie werden würden.
    Aus Trotz beschloss ich, mich beim nächsten Mal nicht mehr abwimmeln zu lassen und ihr einen Denkzettel zu verpassen. Wieder kam ich unangemeldet, und als meine Mutter kurz in den Keller verschwand, um Kaffee zu holen, schlich ich mich an ihren Schreibtisch. Ich öffnete die Kasse, griff nach einem 100-Mark-Schein, knüllte ihn schnell zusammen und steckte ihn in meine Hosentasche.
    »Ich geh dann mal wieder«, sagte ich und war weg. Ein schlechtes Gewissen hatte ich nicht. Wieso auch? Erst mal hätte sie eines haben müssen – für alles, was sie mir schon angetan hatte.
    Ich beschloss, mir ab jetzt wöchentlich ein bisschen Taschengeld von ihr zu »holen« und mir davon Stifte oder Dosen zum Sprühen zu kaufen.
    Gewissermaßen als Investition in meine Zukunft. Eine Zeit lang merkte meine Mutter nichts. Es war so viel Kohle in der Kasse, dass die kleinen Verluste kaum auffielen. Aber irgendwann klingelte dann mein Handy: »Kommst du mal bitte in den Laden?!« Die Stimme meiner Mutter klang ziemlich sauer. Als ich in das Geschäft kam, saß sie zusammen mit Erich hinter ihrem Schreibtisch. Beide starrten mich mit einem bösen Blick an.
    »Wieso beklaust du deine Mutter?«, fragte Erich.
    »Wir sind total enttäuscht von dir. Oder besser gesagt: Wir sind es ohnehin nicht anders von dir gewohnt. Deine Mutter hat noch nie richtig stolz auf dich sein können.« Das saß natürlich! Die Sache mit der Enttäuschung war ja von jeher mein wunder Punkt gewesen. Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr mich ihre Worte trafen, und stritt alles ab: »Ich war’s nicht.
    Keine Ahnung, wovon ihr redet. Labert mich nicht voll …« Sie konnten mir nichts beweisen, und deshalb ließen sie mich schließlich gehen.
    Ich versuchte, den Anschiss der beiden nicht zu sehr an mich heranzulassen. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, dass mein Geldhahn von einem Tag auf den anderen wieder zugedreht war und ich nun ein ernst zu nehmendes Finanzproblem hatte. Ich war viel zu nervös, um die Klauaktion noch einmal zu wiederholen, und somit fehlte mir die

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