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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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darum packte ich schnell ein paar Sachen und fuhr dann mit meinem Bodyguard in den Ruhrpott – nach Hamm. Er wohnte dort. Seine Bude schien mir das perfekte Versteck zu sein. Wer immer hinter mir her war, Bushido oder der Kaiser von China, hier würde er mich jedenfalls nicht suchen. Ich verschanzte mich tagelang in Moussas Wohnung, ohne auch nur einmal das Haus zu verlassen.
    Von dem Überfall wussten natürlich alle. Sämtliche Zeitungen hatten darüber berichtet, es waren sogar Bilder von der MTV- Überwachungskamera im Umlauf. Die Polizei ermittelte. Ich gab ein paar Telefoninterviews zu dem Thema. Dabei tat ich so, als würde ich das Ganze auf die leichte Schulter nehmen. Keiner sollte mir anmerken, wie beschissen es mir wirklich ging. Nach einer Woche brachte Moussa mich zurück nach Berlin. Ich hatte schließlich einige Termine, um mein neues Album Fremd im eigenen Land zu promoten. Als ich zu Aggro ins Büro kam, dachte ich, ich höre nicht richtig: »Du bist doch selbst schuld an der Messerattacke«, hieß es da.
    »Du hättest halt nicht so durchdrehen sollen in der Livesendung!« Wie bitte? Meine eigenen Leute standen in so einer Situation nicht hinter mir? Ich war sprachlos und tief enttäuscht. Von diesem Tag an stellte Aggro zwei Sicherheitsmänner vor ihrem Büro ab, die ich auch noch bezahlen sollte. Sie hatten Angst, der Kaiser von China könnte auch hierherkommen, um nach mir zu suchen und ihren schönen Laden zu demolieren.
    Mein Kopf brauchte eine Pause. Ich hatte die Schnauze voll von dem ganzen Business. Von Rap, Ruhm und Reichtum. Ich wollte nur noch allein sein, legte mich in meinem Wohnzimmer auf die Couch und starrte an die Decke. Es war komplett still im Raum, und ich schloss die Augen.
Psycho-Comeback
    Es sollte nicht lange dauern, und ich war wieder kurz davor durchzudrehen. Ich hatte inzwischen wohl schon 50-mal das Telefon in die Hand genommen, um mich selbst wieder in die Psychoklinik einzuweisen. Aber irgendetwas hielt mich jedes Mal im letzten Moment davon ab – wahrscheinlich meine Erinnerung an den letzten Aufenthalt. Ich entschloss mich, meine Mutter anzurufen, vielleicht wusste die ja Rat. Da wir aber kaum noch etwas miteinander zu tun hatten, reagierte sie natürlich eher kühl: »Ach, geh doch zum Arzt, und hol dir wieder Tabletten.
    So schlimm wird’s schon nicht sein.« Ich war enttäuscht, dass sie mich nicht zu trösten versuchte, schüttelte aber gleichzeitig den Kopf über mich selbst. Du lernst es auch nie, Patrick, dachte ich und legte auf.
    Tatsächlich hatte ich keinen Bock, mich wieder mit Medikamenten vollpumpen zu lassen. Wie gesagt: Meine Erinnerungen waren nicht die besten. Aber hatte ich überhaupt eine andere Wahl?
    Ich ließ mich auf mein Sofa fallen, machte den Fernseher an, um mich abzulenken, und dann überrollte mich die Panik. Sie schnürte mir die Kehle zu, ich bekam keine Luft mehr, ich dachte, ich würde ohnmächtig, und krallte mich an der Seitenlehne meines Sofas fest. Das Zimmer drehte sich im Kreis. In meinen Ohren piepte ein gleichmäßiger schriller Ton. Ich konnte fühlen, wie mein Gehirn pulsierte. Ich hatte Angst.
    Todesangst. Und das Schlimmste daran: Diesmal fürchtete ich mich nicht vor dem Teufel oder sonst einem lächerlichen Gedankenkonstrukt.
    Diesmal hatte ich ganz konkrete Angst: Angst, auf der Straße zu sterben. Jedes Mal, wenn ich rausging, musste ich jetzt damit rechnen, abgestochen zu werden. Der Schock des MTV-Attentats saß mir tief in den Knochen.
    Übel war auch, dass der Überfall in den Medien als billige Promo-Aktion meinerseits interpretiert wurde. Ich hatte gar keine Lust, einen Blick ins Internet oder in die Zeitung zu werfen, ich fühlte mich von der ganzen Welt verarscht. Niemand da draußen hatte auch nur einen blassen Schimmer, was in mir vorging. Ich saß zu Hause und heulte wie eine Tussi. Ich war nicht mehr ich selbst.
    Das Problem war allerdings, dass ich gar nicht die Zeit hatte, um hauptberuflich auf dem Sofa zu sitzen und Panik zu schieben. Ich hatte ja nach wie vor ein Album zu promoten. Termine, Termine, Termine. Aber wie zum Teufel sollte ich Interviews und Konzerte geben, wenn ich mich nicht einmal traute, die Wohnung zu verlassen? Ich schloss mich ein, sagte so viele Termine ab wie nur möglich, lag die ganze Zeit im Bett. Wirklich geschlafen hatte ich aber seit drei Wochen nicht. Manchmal nickte ich vielleicht für fünf Minuten ein, doch dann erwischte mich die nächste Psychoattacke, und ich

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