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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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noch weiter für ihre Träume zu kämpfen. Wieso auch? Sie hatten ja alles erreicht, was sie wollten. Und dass ganz Deutschland ihnen den Arsch küsste und die gesamte Branche sich bei den Aggro-Chefs einschleimte, war auch nicht gerade gut für den Charakter. Die coolen, loyalen Mitarbeiter wurden einfach rausgeekelt. So zum Beispiel Kaete, die Frau, die immer dafür gesorgt hatte, dass wir fett in den Medien vertreten waren. Erst waren die Aggro-Bosse dick mit ihr befreundet gewesen, dann ließen sie sie einfach fallen. Sie kackten einfach auf alles und jeden.
    Mit dieser Einstellung ging es natürlich ziemlich schnell bergab. Die drei Chefs waren nicht mehr in der Lage, mit der Außenwelt zu kommunizieren – genauso wenig wie mit uns Künstlern. Halil war ständig in der Türkei, um irgendwelche Sachen zu regeln, die nichts mit Aggro Berlin zu tun hatten. Specter war sowieso nie zu erreichen, und Spaiche ließ den Oberboss raushängen, ohne dabei noch erkennbar zu arbeiten. So verscherzten es sich die Eierköpfe langsam, aber sicher mit allen. Und wir Künstler hatten darunter zu leiden: Die BRAVOschrieb nichts mehr über uns. MTVhatte keinen Bock mehr auf unsere Videos.
    Das Schlimmste von allem war, dass die Bosse sich allmählich auf die großen Plattenfirmen einließen – obwohl der Erfolg von Aggro Berlin doch eigentlich darauf gründete, dass wir ein Indie-Label waren. Es ging einfach nur noch um die Kohle. Die Aggro-Leute unterzeichneten dann bei Universal, wonach die Aufgabe des Labels nur noch darin bestehen sollte, brav Künstler und Alben zu liefern. Um den Rest kümmerte sich das Major-Label. Alles wurde immer unpersönlicher. Die Aggro-Bosse kassierten einen Haufen Geld und fühlten sich immer geiler – dass dadurch ihre Glaubwürdigkeit futsch war, interessierte sie einfach nicht.
    Mich schon. Ich hatte das Gefühl, dass sich keiner mehr so richtig verantwortlich für meine Karriere fühlte. Ich war verzweifelt. Sido war der Einzige, der mich in dieser Zeit verstand. Er saß ja schließlich im selben Boot. Wir trafen uns oft in seiner Wohnung, chillten auf seiner Couch und unterhielten uns. Wenn er mir Tipps gab, nahm ich mir die immer zu Herzen. Schließlich hatte ich echten Respekt vor ihm und feierte jedes seiner Alben. Er merkte schnell, dass mich die Aggro-Situation sehr belastete.
    »Glaubst du, die Chefs lassen uns hängen?«, fragte ich ihn. Er schaute mich durch seine kleine, rahmenlose Brille an und antwortete.
    »Tja, Fler, du musst selber gucken, wo du bleibst. Du solltest lieber anfangen, deinen Arsch zu retten. Kümmer dich um dich selbst, wenn es die anderen nicht tun.« Sido wurde ernst und ergänzte: »Ich glaube, Aggro Berlin gibt’s nicht mehr lange.« Ich war ziemlich geschockt. Ein Ende dieses Labels hatte ich mir nie vorstellen können. Aber jetzt, wo Sido die Sache aussprach, sah ich mich tatsächlich bald auf der Straße stehen. Ich hatte Schiss, dass mein cooles, neues Rap-Leben mit einem Schlag vorbei sein könnte und ich dann wieder Arbeitslosengeld beantragen musste.
    »Das dürfen die Idioten uns echt nicht antun«, sagte ich und blickte auf das fette »Aggro Berlin«-Tattoo auf meinem Arm. Ich war derjenige, der die Fahne des Labels immer mit großem Stolz hochgehalten hatte. Für diese Plattenfirma hatte ich sogar meinen besten Freund Bushido aufgegeben. Und jetzt sollte alles den Bach runtergehen?

8. Absturz
Messerattacke bei MTV
    Die Sendung »Total Request Live«, kurz »TRL«, hatte meinen Clip »Deutscha Bad Boy« ins Programm aufgenommen, und die Zuschauer gingen anscheinend so sehr drauf ab, dass er sofort auf Platz 1 der Voting-Charts landete. Deshalb bekam ich Post von MTV: eine Einladung als Stargast in die Sendung. Endlich mal wieder eine gute Nachricht! Schon wenige Tage später war ich in den Fernsehstudios in der Stralauer Allee. Live auf Sendung. Der Moderator Patrice versuchte eine coole Show zu machen, hatte aber die Vorgabe der Redaktion, ein wenig anzuecken. Deshalb spielte er in meiner Anwesenheit ein Bushido-Video.
    »Alles Gute kommt von unten« hieß der Song. Darin rappte auch Bushidos Homie Kay One – und beleidigte mich mit der Zeile »Ich zeig den Aggro-Missgeburten, wie man reimt«. Perfekter Zündstoff. Kaum war der Einspieler zu Ende, drehte ich durch. Ich beleidigte Bushido und riss wütend sein Tourplakat, das eigentlich als Studio-Deko diente, von der Wand. Dann guckte ich mit einem breiten Grinsen in die laufende Kamera. Der wahre

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