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Im Café der moeglichen Traeume

Im Café der moeglichen Traeume

Titel: Im Café der moeglichen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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Träume kennen gelernt und er mich in sein Loft eingeladen hätte, wo er mit einem Labrador und einer Katze in schönster Harmonie zusammenlebte?
    Ein paar Stichworte hätten schon gereicht, würde sie sagen, da braucht es doch nicht viel.
    Bin »ihm« begegnet, wegen Schnee. Nett. Höflich. Single.
    Schwerer zu verdauen ist:
    Voll getroffen. Muss nachdenken.
    Stattdessen:
    Entschuldige, tausend Probleme. Erklär ich dir später. LG Olli
14:25
    Ich werde übermütig und schicke meiner Mutter auch noch eine SMS :
    Hallo, alles in Ordnung. Ruf dich heute Abend an.
14:26
    Das hat die Technik also aus mir gemacht: Ich lüge mit eindrucksvoller Nonchalance. Wenn man bedenkt, dass ich mir mein erstes Handy noch mit Bonuspunkten vom Supermarkt verdient habe, erstes Anzeichen dafür, was Monate später passieren sollte.
    Tim ist die Treppe hinuntergetollt, und Glatzkopf ist genervt. Man sieht es daran, wie er sein mächtiges Haupt schüttelt.
    Die ersten Wochen bei Red Door waren eine harte Lehrzeit, weniger wegen der Arbeit als wegen der überaus komplexen menschlichen Beziehungen. Obwohl ich nur Praktikantin war, konnte ich es mir nicht verkneifen, meine Meinung zu sagen. »Bleib du mal schön auf dem Teppich«, sagten die Blicke der Mädels, wenn ich es wagte, einen eigenen Gedanken zu formulieren, obwohl ich einfach den Mund halten und mitschreiben sollte. Vor allem mit dem Argwohn der Älteren, diesen damals höchst angriffslustigen Dreißigjährigen, die mir allerdings schon wie gestandene Frauen vorkamen, musste ich mich herumschlagen, aber später lief es dann prächtig. Anne war die Chefin. Sie kam aus Dublin und war ihrem zukünftigen Ehemann begegnet, als sie auf dem Rasen vor dem Trinity College gelegen hatte. Nachdem sie ihm gefolgt war und mit ihrem Diplom in angewandter Psychologie keine Arbeit gefunden hatte, gründete sie eine PR-Agentur, in der nur Frauen arbeiteten. Sie hatten vor allem kleine Kunden, bis Red Door einen Wettbewerb gewann und Aufträge vom neuen Besitzer einer Supermarktkette bekamen, der über »Initiativen zur Belebung der Ladengeschäfte« nachdachte. Die entscheidende Idee, mit der die Agentur den Zuschlag bekam, hatte mit dem eingeschränkten Budget und meiner treuen Polaroid zu tun. Ihr verdankte ich es, dass ich mein Noviziat über die vereinbarten sechs Monate hinaus verlängern konnte, Essensmarken zugeteilt bekam und einen kleinen Vorrat an Polaroidfilmen zurückbehielt.
    Bei der Vorbereitung des Projekts war ich wie eine Anthropologin immer wieder in einen der Supermärkte unseres Kunden gegangen. Ich stellte mich in die Nähe der Kasse, schritt durch die Gänge, blieb an strategisch wichtigen Stellen stehen – Gemüse, Putzmittel, Alkohol und Tiefkühlkost waren die Kardinalpunkte meines Programms –, schrieb minutiös auf, was für Gesichter ich sah und was für Mienen sie zogen, notierte Verweildauern und spähte in die Einkaufswagen, diese Absichtserklärungen und emotionalen Röntgenbilder der Käufer.
    Während ich auf die zündende Idee wartete, stellte ich Beobachtungen an.
    Vor einigen Jahren noch hatte man, um jemanden kennen zu lernen, einfach einen Abend mit Freunden verbracht oder an der Uni Ausschau gehalten. Es gab das Wechselspiel der Blicke im Zug und das Hundegespräch im Park. Seit einiger Zeit ging man in den Supermarkt. Auch dort konnte man Anschluss suchen, und am Ende standen alle in der Schlange an der Kasse. So weit wie in den Vereinigten Staaten waren wir noch nicht, wo das marketdating mit Hilfe von verschiedenfarbigen Einkaufswagen erleichtert wurde – wenn ich Single bin und jemanden kennen lernen möchte, nehme ich einen roten; bin ich hingegen liiert oder möchte kein Signal aussenden, nehme ich einen blauen –, aber das Bedürfnis nach Begegnung waberte wie eine unsichtbare Strömung durch die Gänge.
    Die Spitzenzeit lag zwischen 19:30 Uhr und 20:30 Uhr, wenn man nach der Arbeit zwischen der Fleischtheke und der Obst- und Gemüseabteilung Verabredungen anbahnen konnte. Mit eigenen Ohren durfte ich die einschlägigen Sprüche bezeugen:
    Â»Wie geht’s?«
    Â»Danke, nicht schlecht.«
    Â»Kannst du mir das mal rüberreichen?«
    Â»Ist das hier deiner Meinung nach besser als das andere da?«
    Â»Hast du das mal probiert?«
    Freitag und Samstag waren die bevorzugten Tage der Singles, die unter

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