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Im Café der moeglichen Traeume

Im Café der moeglichen Traeume

Titel: Im Café der moeglichen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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Menschen, die Pakete unter den Arm geklemmt haben, als wäre es ihr gesamtes Hab und Gut, das Haus der Perücke, wo die abgehackten Köpfe Schlange zu stehen scheinen, als warteten sie auf ein Vorsprechen mit Tim Burton. Ich könnte schnell hinüberspringen, vielleicht ließe sich ein originelles und preisgünstiges Geschenk dort finden.
    Alle sind unterwegs, um Geld auszugeben. Nur ich nicht. Außer einem Geschenk für Sarahs Sohn bräuchte ich auch noch eines für Mama und Papa, und die Vorstellung, Papa mit einer Louis- XVI -Perücke vor Alma der Dämlichen stehen zu sehen, lässt meine Laune fast ein wenig steigen.
    In der Bar Tabacchi verbreitet sich der Duft von frisch aus dem Ofen gezogenen Keksen, die ideale Zwischenmahlzeit, Frucht echter Arbeit. Man muss nicht um den heißen Brei herumreden: Mein ehemaliger Job ist sinnlos. Und auch sonst bin ich mit Leuten zusammen, die sinnlose Arbeiten verrichten, was keine große Hilfe ist. Werbeleute, PR -Strategen, Schriftsteller, Dichter, Fotografen, Maler, angehende Designer, Künstler, die keinen Pfennig verdienen, die aber bei der Entscheidung zwischen dem faszinierenden Chaos künstlerischer Unwägbarkeiten und einem Büro nie zweimal nachdenken mussten. Arme Hungerleider, aber kreativ. Alles Leute, die das Wort »kreativ« missbrauchen. Es sind nämlich nicht die Kreativen, die sich durchsetzen, sondern die Tüchtigen, und Kreativität fällt, zumindest was mich betrifft, nie mit Tüchtigkeit zusammen.
    Der Konditor ist natürlich tüchtig. Er schafft etwas mit seinen eigenen Händen, während wir Floskeln erfinden müssen, um Menschen, die gar kein Geld mehr haben, noch etwas anzudrehen. Was will die hübsche Kleine denn mal werden, wenn sie groß ist?, ist wirklich eine hübsche Frage. Würde man mich jetzt fragen, würde ich sagen: Gärtnerin, Köchin, Bäckerin, Feuerwehrfrau, Eisverkäuferin. Solche Dinge halt. Ich könnte Manuel fragen, was er davon hält – er, der die Wahrheit in den Zahlen sucht und die Barriere der Worte überwunden hat.
    Während ich auf ihn warte, bringe ich meine Aussichten auf den neuesten Stand.
    MÖGLICHKEITEN, DIE ZEIT TOT-
ZUSCHLAGEN, WÄHREND ICH EINE
NEUE ARBEIT SUCHE
    9. EINEN BLOG STARTEN
    Das machen alle, die einen Job wie ich haben und dann arbeitslos werden. Aber was soll ich überhaupt schreiben? Ein Blog ist ja so etwas wie ein Tagebuch, in dem man von sich und seinen Erlebnissen erzählt und denkt, andere könnte das auch interessieren, und die anderen antworten dann und nehmen an deinen Erlebnissen teil und fragen sich schon morgens beim Aufwachen: Was wird wohl Olivia heute in ihrem Blog geschrieben haben?
    10. MICH BEI LINKEDIN REGISTRIEREN UND MEINEN LEBENSLAUF ONLINE STELLEN
    Im Netz wimmelt es von Besserwissern, und ich schiebe die Sache seit Monaten vor mir her. Ich verspreche mir nichts davon, mein erbärmliches Wissen auf den Markt zu werfen und darauf zu hoffen, bei irgendeinem Personaldirektor online Eindruck zu schinden, zumal man mir angesichts der Überbevölkerung mit Jobanwärtern sogar schon mal empfohlen hat, meinen Universitätsabschluss aus dem Lebenslauf zu streichen. Angeblich erhöht das die Chancen für Jobangebote. Wenn sich für dieselbe Stelle allerdings irgendjemand mit einem Abschluss im CV anbietet, ist es aber wohl doch wahrscheinlich, dass man ihn mir vorzieht. Im Grunde bevorzuge ich sowieso persönliche Gespräche, selbst mit eiskalten Personalchefs, und bevor ich mich auf virtuelle Kontakte einlasse, stürze ich mich lieber in den Dschungel menschlicher Beziehungen. Was geht schon über einen wohlformulierten Satz oder über einen gezielten Blick, der natürlich weder arrogant noch unterwürfig sein darf?
    Das Problem ist nur, überhaupt an den Schreibtisch der Personalchefs vorzudringen.
    Meine erste Begegnung mit der Witch war surreal, zumindest in den Ohren von jemandem, der wie ein Wünschelrutengänger nach Worten sucht. Es war Antipathie auf den ersten Blick, und mich haben nur die Eile (von Seiten der Firma) und ein Quäntchen Glück (von meiner Seite) gerettet. Es materialisierte sich vor dem damals schon wuchtigen Schreibtisch der Witch, die in ihrem blauen Leinenanzug dort saß und meinen Lebenslauf wie ein Fähnchen zwischen den Fingern hielt. Ihre Adjektive waren abgedroschen und ihre Sätze phrasenhaft: »Wir suchen

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