Im Club der geheimen Wünsche
würde sie einem Fremden gegenüberstehen.
„Wie war Ihr Plan?", erkundigte sie sich zögernd.
„Ich hatte vor, meine Rolle bis zum Ende zu spielen, und Sie hinterher über Dels Verschwinden zu befragen, während Sie nach Ihren zahlreichen Höhepunkten noch auf Wölken schweben."
Jane brauchte ein paar Sekunden, um wieder klar denken zu können, nachdem er das Wort „Höhepunkte"
ausgesprochen hatte. „Sie hatten vor ... mit mir zu schlafen?"
„So ist es. Nach allem, was ich weiß, sind Sie bis zu Ihrem hübschen Hals in das Verschwinden meiner Schwester verstrickt. Ich wollte Ihnen nicht verraten, dass ich Sie kenne und auch kein Gigolo bin, und tat es nur, weil Sie mich nicht in Ihr Bett einluden."
„Ich würde Del niemals etwas zuleide tun! Sie sind wirklich böse. Einfach böse." Sie hasste den kindischen Klang ihrer Worte, aber ihr fiel kein anderer Begriff ein, um Wickham zu beschreiben.
„Was nur beweist, dass Sie hier nichts zu suchen haben, Süße. Sie trauen mir nicht, und nach allem, was Sie mir über dieses Haus erzählt haben, können Sie hier auch sonst niemandem vertrauen. Ich bin sicher, Del ist am Leben.
Und ich werde sie finden. Sie aber gehen jetzt nach Hause."
„Nein. Ich ..."
„Mrs Brougham hegt sicher schon einen Verdacht, was die Gründe für Ihr Kommen betrifft. Da Ihr Mann Sie nie hierher mitgebracht hat, wird sie sich fragen, warum Sie plötzlich allein in Ihrer Witwentracht hier auftauchen."
„Sie weiß nicht, wer ich bin. Ich habe ihr einen falschen Namen genannt."
„Es spielt keine Rolle, wer Sie sind. Sie wird dennoch überlegen, was Sie hier wirklich suchen."
Jane runzelte die Stirn. Womöglich hatte er recht. Mrs Brougham hatte darauf bestanden, dass sie einen der Männer mietete, und um keinen Verdacht zu erregen, war Jane dieser Aufforderung nachgekommen. Was, wenn Mrs Brougham sie durch den Prostituierten nur hatte ablenken wollen?
Doch wie konnte Wickham denken, dass sie jetzt einfach nach Hause gehen würde? Er hatte keine Ahnung, was Menschen für jemanden taten, der ihnen wirklich etwas bedeutete.
Sie durfte nicht noch mehr Zeit mit Lord Lasterhaft vergeuden. Also spielte sie die Unterwürfige wie früher bei Sherringham. Sie senkte gehorsam den Kopf und murmelte: „Sie haben recht. Ich werde nach Hause gehen." Dann sah sie wieder hoch und schaute in Wickhams blaue Augen. Das verlieh ihren Worten die nötige Überzeugungskraft. „Aber Sie müssen mir Bescheid sagen, falls Sie eine Spur finden."
„Natürlich", versprach er. Jane wusste, dass er log. „Und jetzt begleite ich Sie zum Ausgang."
„Ja, da bin ganz sicher", flüsterte sie unhörbar. Aus Dels Erzählungen wusste sie, dass der Club eine Hintertür hatte, wie es sie in allen Bordellen für den Fall gab, dass die Konstabier erschienen.
Sie hoffte inständig, dass Del diesen Fluchtweg benutzt hatte, falls es für sie gefährlich geworden war. Leider hatte sie keine Ahnung, wovor Del davongelaufen und wohin sie geflohen sein mochte. Ihre Freundin blieb verschwunden, ganz gleich, wo Jane überall verzweifelt nach ihr gesucht hatte. Weder hatte Del Unterschlupf bei einer ihrer Freundinnen gesucht, noch befand sie sich auf einem von Treyworths Landsitzen.
Heute Nacht sollte die verborgene Hintertür für Jane nicht der Weg aus der Hölle werden, sondern ihr Weg hinein.
Im ganzen Haus roch es nach Wollust. Und zahlreiche wohlerzogene Damen liefen mit nichts als Korsetts und Strümpfen am Leib herum.
Christian Sutcliffe, Lord Wickham, ballte die Fäuste, während er sich durch die Menge schob, die sich im Salon von Mrs Broughams Club drängte. Hatte Treyworth auch Del auf diese Weise zur Schau gestellt? Seine Schwester war ein süßes, fügsames Mädchen, das rosa Schleifen und Rüschen trug. Nie hätte sie sich ihrem Ehemann widersetzt. Sie hätte alles getan, was er von ihr verlangte. Christian hätte Treyworth am liebsten in Stücke gerissen.
Während der langen Reise von Indien zurück nach Hause hatten seine Schuldgefühle ihn fast umgebracht, wie ein Messer durch sein Herz.
Ebenso wie Lady Jane Beaumont - die jetzige Lady Sherringham - glaubte er, dass Del am Leben war. Er musste daran glauben. Sie lebte und war verschwunden. Also würde er sie finden und zurück nach Hause bringen und seine Fehler wiedergutmachen.
Was Lady Sherringham betraf, saß sie glücklicherweise inzwischen in ihrer Kutsche und war auf dem Weg nach Hause. Seltsamerweise konnte Christian nicht aufhören, an
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