Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
welche Seite sie die größere Katastrophe darstellte. Wir verloren Mondbeißer, den Gesichtslosen und Nachtkriecher. Davon fiel nur Nachtkriecher dem Feind zum Opfer. Die anderen wurden von der Fehde zwischen den Unterworfenen verschlungen. Nicht einmal eine Stunde nach Sonnenuntergang traf ein Bote ein. Nach dem Essenfassen machte ich meine Gruppe gerade zum Heruntersteigen fertig. Wieder gab Elmo die Nachricht an mich weiter. »Zum Turm, Croaker. Deine Freundin will dich sehen. Bring deinen Bogen mit.«
Man kann ein Wesen nur bis zu einem bestimmten Punkt fürchten, selbst ein Wesen wie die Lady. Resigniert fragte ich: »Warum einen Bogen?« Er zuckte die Achseln.
»Pfeile auch?«
»Davon weiß ich nichts. Klingt aber nicht so schlau.« »Wahrscheinlich hast du recht. Einauge, du hast das Sagen; viel Spaß.« Sehen wir es doch mal positiv. Wenigstens würde ich nicht die Nacht damit verbringen, Glieder zu amputieren, Schnitte zusammenzunähen und halben Kindern, die die Woche nicht überleben würden, fromme Lügen erzählen. Der Dienst mit den Unterworfenen gibt einem Soldaten zwar eine bessere Hoffnung auf das Überleben, aber Gangräne und Bauchfell- entzündungen fordern dennoch ihren Blutzoll. Die lange Rampe hinunter zum dunklen Tor. Der Turm, gebadet in das silbrige Licht des Kometen, ragte wie ein Mythengebäude vor mir auf. Hatte der Kreis etwas verpatzt? Viel- leicht zu lange gewartet? War der Komet kein günstiges Vorzeichen mehr, sobald seine Leuchtkraft abnahm?
Wie nahe waren die Ostarmeen schon vorgerückt? Nicht nahe genug. Aber unsere Strategie schien sich nicht auf das schiere Aufhalten zu beschränken. Wenn das der Plan gewesen wäre, dann wären wir alle in den Turm marschiert und hätten hinter uns die Tür zugemacht. Oder? Ich trödelte. Natürlicher Widerwillen. Ich berührte das Amulett, das Goblin mir damals ge- geben hatte, und das neue Amulett, das Einauge mir vor kurzem geschenk hatte. Keine star- ken Quellen der Beruhigung. Ich sah zur Pyramide zurück und glaubte, ganz oben eine unter- setzte Silhouette zu sehen. Der Hauptmann? Ich hob eine Hand. Die Silhouette tat desglei- chen. Aufgemuntert setzte ich meinen Weg fort. Das Tor klaffte wie das Maul der Nacht vor mir auf, aber ein weiterer Schritt führte mich in einen breiten, hell erleuchteten Durchgang. Er roch stark nach den Pferden und Rindern, die vor langer Zeit hier hineingetrieben worden waren. Ein Soldat wartete auf mich. »Bist du Croaker?« Ich nickte. »Folge mir.« Er gehörte nicht zur Garde, sondern war ein junger Infanterist aus dem Heer des Heulers. Er machte einen verwirrten Eindruck. Hier und da sah ich noch andere von seiner Sorte. Ein Geistesblitz traf mich. Der Heuler hatte seine Nächte damit verbracht, Truppen hierherzubringen, während die restlichen Unterworfenen sich Schlachten mit dem Kreis und untereinander lieferten. Keiner dieser Männer war auf dem Schlachtfeld gewesen.
    Wie viele von ihnen gab es hier? Welche Überraschungen hielt der Turm noch für uns be-
reit?
Ich betrat den inneren Turm durch denselben Eingang, den ich schon einmal durchschritten hatte. Der Soldat blieb an derselben Stelle stehen, an der auch der Gardehauptmann mich ver- abschiedet hatte. Mit ausdrucksloser, zitternder Stimme wünschte er mir Glück. Mit quieken- der Stimme dankte ich ihm dafür.
Sie spielte keine Spielchen. Wenigstens keine offensichtlichen. Und ich schlüpfte auch nicht in meine Rolle als geiler Jüngling. Hier und heute ging es voll und ganz ums Geschäft. Sie hieß mich an einem dunklen Holztisch niedersitzen, und mein Bogen lag vor mir auf der Platte. Sie sagte: »Ich habe ein Problem.« Ich sah sie nur an.
»Da draußen gehen wilde Gerüchte um, nicht wahr? Über das, was bei den Unterworfenen vor sich geht?«
Ich nickte. »Es ist nicht so wie damals, als der Hinker sich gegen Euch wandte. Jetzt bringen sie sich gegenseitig um. Die Männer wollen nicht in das Kreuzfeuer geraten.« »Mein Gatte ist nicht tot. Das weißt du. Er steckt hinter allem. Allmählich erwacht er wie- der. Er erwacht sehr langsam, aber genügend, um einige vom Kreis erreichen zu können. Ge- nügend, um die Frauen unter den Unterworfenen berührt zu haben. Sie würden alles für ihn tun. Die Schlampen. Ich behalte sie im Auge, so gut ich es vermag, aber ich bin nicht unfehl- bar. Mit einigen Dingen kommen sie durch. Diese Schlacht… Sie ist nicht das, was sie zu sein scheint. Das Rebellenheer wurde von Angehörigen des Kreises hierher

Weitere Kostenlose Bücher